Neue Vinyl-Platten: Der Preis ist zu heiß!

rif_18.5.2013 021 (2) - KopieTut mir leid, Leute, I don’t want to spoil the party – also Eure ganze verzückte „Das Comeback des Vinyl“- und „Record Store Day“-Sause. Aber: Bei aller Vorliebe für alte und neue Vinyl-Scheiben und trotz aller Sympathie für kleine unabhängige Plattenläden, das Preis-Leistungsverhältnis beim Erwerb neuer Musik auf Vinyl geht sich meiner bescheidenen Meinung nach nicht mehr wirklich aus und damit meine ich nicht mal die superraren, mich nicht sonderlich interessierenden limitierten Record-Store-Day-Sonder-Artefakte.

Punkt eins: Der Preis für neue oder alte, neu nachgepresste Vinylscheiben ist mir mit ca. 19 bis 35 Euros (und darüber hinaus) zu hoch – egal, ob in kleinen Plattengeschäften oder in den sterilen Dependancen der Elektrosupermarktriesen. Selbst wenn es die Idealkombination aus Vinyl-LP samt MP3-Download oder mit beigepackter CD ist – alles viel zu teuer. Schließlich interessieren mich nicht nur drei, vier neue Alben pro Jahr. Und da ich die Musik auch nicht irgendwo im Internet klauen will, bleibt nur der Canossa-Surf in einen der auch nicht sonderlich charmanten Online-Download-Stores, wo ich für den Preis einer schönen Vinyl-LP halt zwei, drei, vier neue Alben bekomme. Brandneu gleich am Erscheinungstag und wenn das Heim-W-Lan funktioniert, innerhalb weniger Minuten gekauft und runtergeladen – ohne aufreibende, oft ja eh erfolglose Expedition in eine der hiesigen Elektrosupermarktfilialen oder den einzigen kleinen Plattenladen vor Ort. Weshalb ich neue Alben zunehmend digital in meiner Plattensammlung begrüße, von Belle and Sebastian, 5/8erl in Ehr’n, Wanda und Bilderbuch über Brian Wilson, Mark Knopfler, Jovanotti und Van Morrison bis Calexico, The Lilac Time und neu Alabama Shakes und bald wohl auch Blur und Paul Weller. Ausnahmen: Angus & Julia Stones nicht nur musikalisch bildschönes drittes Album, und Bob Dylans wunderbare neue LP „Shadows In The Night“, aber letzteres ist eine andere und soll hier auch noch eine eigene Geschichte werden. Und: die neue online erworbene Musik klingt über die hauseigene HiFi-Anlage gespielt schön emotional und gut und macht daher auch viel Freud.

Obwohl ich mir ja auch einbilde, dass Vinyl-Platten ganz besonders schön klingen. Doch dann zweifle ich wieder, weil beim Vinyl-Hören ja auch das ganze Zeremoniell drum herum eine übergroße Rolle spielt. Außerdem denke ich in dem Zusammenhang immer an Berry Gordy, den Gründer und Chef der Sixties-Soul-Hitfabrik Motown Records, wie er damals in Detroit in den wöchentlichen Qualitätskontrolle-Sitzungen stets darauf pochte, dass die Produktionen der Hits der Supremes, Temptations, Four Tops oder von Marvin Gaye und Stevie Wonder auch auf dem billigsten Transistorradio großartig klingen müssten und das tun gute und richtig produzierte Songs ja auch bis heute. Und ich lese, wie die wundervolle englische Sängerin Tracey Thorn (Everything But The Girl) auf die Musikliebhaber-Gretchenfrage „Vinyl, CD oder MP3?“ im englischen Musikmagazin „Mojo“ herzerfrischend antwortet: „Honestly, I don’t give a fuck.“ Weil letzten Endes ginge es ja um die Musik.

vinyl_preis_zu_heiß_01 (2)Lassen wir das mal so stehen. Bleibt Punkt zwei: Die kleinen unabhängigen Plattenläden und ihr Record Store Day. Ja, da bin ich dafür. Gebe aber zu bedenken, dass Nick Hornby in seinem 1995er Kultroman „High Fidelity“ den coolen kleinen Plattengeschäften mit dem „Championship Vinyl“-Laden zwar quasi ein Denkmal gesetzt hat. Dass er den Laden hinter dem Verkaufstresen neben so liebenswerten wie fachkundigen Typen wie Rob oder Richard aufgrund eigener leidvoller Erfahrungen jedoch auch mit Barry bevölkert hat (in der Verfilmung von Jack Black verkörpert), einem „unheimlich versnobten“ (N. Hornby) Plattenverkäufer, einen gefährlich alles besser wissenden Oberauskenner, der seine Kundschaft liebend gerne spüren lässt, dass er ihren gewöhnlichen Musikgeschmack eigentlich verachtet und lieber gar kein Geschäft macht, als irgendwelche Charts- oder Mainstream-Musik zu verkaufen. Das kommt mir irgendwie, wenn auch inzwischen mehr in der Erinnerung liegend, bekannt vor. Meine letzten, nicht allzu lang zurückdatierenden Kleiner-Plattenladen-Erfahrungen hätten allerdings auch besser sein können: Einmal versuchte ich, das neue Album von Marianne Faithfull auf Vinyl für einen guten Freund zum Geburtstag zu kaufen. Die LP hätte ein vertrauenswürdiger Stammkunde zum Testhören mitgenommen, nur keine Panik, Mitte nächster Woche würde sie vielleicht wieder da sein, so die lakonische Auskunft. Ein anderes Mal ließ ich mich hinreißen, den neuen Longplayer der Black Keys im selben Laden um schlappe 36 Euros, inkl. beigepackter CD, zu erstehen. Den Kratzer auf der B-Seite bemerkte ich erst daheim. Ich habe da so eine Vermutung, wie er dort hingekommen sein könnte.

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