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Batterietechnik BMW-Eigner Quandt überholt Tesla-Chef Musk

Von Arvid Kaiser und Nils-Viktor Sorge
Rivalen der neuen Autowelt: BMW-Großaktionär Stefan Quandt (l.), Tesla-Chef Elon Musk

Rivalen der neuen Autowelt: BMW-Großaktionär Stefan Quandt (l.), Tesla-Chef Elon Musk

Foto: DPA; AFP

Was den großen Auftritt angeht, kommt Stefan Quandt etwas zu spät. Doch obwohl US-Hersteller Tesla mit seiner Batterie-Show etwas schneller war, spricht einiges dafür, dass der BMW-Großaktionär bald ein offenes Rennen um die Führung in einem wichtigen Teil der automobilen Zukunft eröffnet.

Der Gegner heißt Elon Musk. Der Chef des kalifornischen Elektroautobauers Tesla  hat am Donnerstag in der ihm eigenen großvisionären Show abermals eine Revolution verkündet: Tesla will künftig in der eigenen Akku-Megafabrik gefertigte Lithium-Ionen-Akkus als Hausbatterien an Eigenheimbesitzer und Unternehmen vertreiben. So lässt sich beispielsweise mit Solarenergie erzeugter Strom beliebig speichern, nach Wunsch für den Eigenbedarf nutzen oder ins Netz einspeisen.

Auf denselben heiligen Gral der Energiewende zielt auch Quandt - mit einem Angebot für Selbstversorger, die von Stromkonzernen unabhängig werden wollen. Nach Informationen von manager magazin will der Multimilliardär ein ähnliches Produkt wie Tesla auf den Markt bringen - nur besser und schneller.

Der Dresdener Solarpionier Solarwatt, den Quandt 2012 aus der Pleite rettete und den er seitdem zu 90 Prozent besitzt, will im Juni den "MyReserve" genannten Heimspeicher vorstellen und dann auch gleich mit dem Vertrieb beginnen. Damit überholt er Tesla, dessen Fans bis zur Auslieferung noch warten müssen.

Schneller am Markt als Musk

"Ich darf noch nicht zu viel verraten", erklärt Solarwatt-Geschäftsführer Detlef Neuhaus; "nur so viel: Wir werden im Bereich der Energiespeicher für Privathaushalte und das Kleingewerbe neue Maßstäbe setzen." Wenn der Chef einer Quandt-Firma derart große Worte in den Mund nimmt, muss er auch liefern.

Auf der Fachmesse Intersolar in München soll das Produkt offiziell vorgestellt werden. Dort steht auch eine Preisverleihung an, für die MyReserve mit einem "überragenden Gesamtwirkungsgrad von 93 Prozent und seiner überlegenen DC (Gleichstrom)-Technologie" nominiert ist.

"Mehr als einfach nur besser"

Dem Vernehmen nach soll auch Stefan Quandt dort persönlich für die Hausbatterie werben. Er könnte sich in den verbalen Marktkampf zwischen deutschen Veteranen des Stromspeichergeschäfts, die sich für technisch überlegen halten, und den rüde dagegen haltenden US-Lautsprecher Musk ("They suck") einschalten.

Solarwatt selbst nennt sein Produkt "mehr als einfach nur besser". Das Unternehmen arbeitet mit dem bayerischen Batteriespezialisten Sonnenbatterie zusammen, der bereits erfolgreich auf der Musk-Welle gesurft hat. Partner Solarwatt will sich jedoch mit Blick auf den bevorstehenden Marktstart zunächst mit weiteren Äußerungen zurückhalten.

Einzig der niederländische Vertriebschef Erik de Leeuw gibt dortigen Medien bereits Details preis. Via RTL  stellt er das Projekt als persönliches Anliegen von Stefan Quandt dar - und freut sich über den Tesla-Rummel: "Sie gingen damit zuerst nach draußen, wir kommen früher auf den Markt." So könne Solarwatt das öffentliche Interesse nutzen, um seine Vorzüge zu demonstrieren.

Im Unterschied zu Teslas Akku sei die MyReserve kompatibel mit allen gängigen Wechselrichtern und Solarsystemen, während Tesla exklusiv auf Musks Firma Solarcity setzt. Für deutsche Besitzer von Solardächern, behauptet de Leeuw, "zahlt es sich allemal aus". Sie müssten ihren Akku nur zu Hause anschließen und sonst nichts verändern.

"Die ganze Kette von Solarpaneelen über Akkus bis zu Elektroautos in einer Hand"

Laut dem Niederländer ist auch der BMW-Konzern selbst mit seiner Elektromarke BMW i an Bord - "die ganze Kette von Solarpaneelen über Akkus bis zu Elektroautos ist in einer Hand". Klingt ganz nach der Logik von Tesla.

BMW i war für eine Stellungnahme bislang nicht verfügbar. Doch das Unternehmen hat bereits gemeinsame Angebote mit Solarwatt, zum Beispiel für Carports mit Solardach und Schnellladesteckdose für den BMW i3, gemacht.

Auch die im i3 verwendete Akkutechnik verspricht einen großen Vorteil. Im Prinzip handelt es sich ebenso wie bei Teslas Fahrzeugen und den meisten Elektromobilen um Lithium-Ionen-Batterien. Doch während Tesla gemeinsam mit dem japanischen Partner Panasonic  auf die Kostenvorteile der Massenfertigung gängiger Laptopbatterien setzt, hat BMWs südkoreanischer Lieferant Samsung  Milliarden in neuartige Autoakkus investiert.

Nickel-Mangan-Kobald: BMWs neuartige Akkus gelten als langlebiger

Das verwendete Kathodenmaterial Nickel-Mangan-Kobalt - um das auch Chemieriese BASF  als großes Zukunftsgeschäft kämpft - gilt als technisch ausgereifter: Sicherer und vor allem langlebiger. Bei Hausbatterien zählen diese Qualitäten noch mehr als im Auto. Neuerdings will auch Musk Nickel-Mangan-Kobalt verwenden, hat aber nicht die Erfahrung von BMW und Samsung.

Technische Überlegenheit allein ist allerdings kein Garant für die Durchsetzung am Markt. Teslas Marketing-Vorteil wird auch von mehreren Kommentatoren auf Facebook zu einem mm-Post  über die deutschen Batteriespezialisten hervorgehoben. Mit der Marke BMW i könnte Quandt immerhin die stärkste Strahlkraft, die deutsche Hersteller für eine eigenständige Elektroautomarke erschaffen haben, nutzen.

Falls er mit MyReserve Erfolg hat, könnte Stefan Quandt unternehmerischen Weitblick beweisen. Die Beteiligung an Solarwatt erschien zunächst eher als weiteres zusammenhangloses Stück des Quandt-Reichs, fast wie ein Hobby. Doch ähnlich dem von Quandts Schwester Susanne Klatten kontrollierten Carbonspezialisten SGL Group, der auch das Material für die Karosserien der i-Modelle liefert, könnte sich Solarwatt in ein stimmiges Bild einfügen.

Die reichsten Deutschen: Stefan Quandt lädt neu auf

Dank des sensationellen Erfolgs von BMW haben es die Quandts zwischenzeitlich an die Spitze der reichsten Deutschen gebracht. Die eigene unternehmerische Leistung war aber eher durchwachsen.

Mit dem Fokus auf die Batterietechnik der Zukunft würde Stefan Quandt die größte Scharte auswetzen: Den Grundstock des Familienvermögens bildete jahrzehntelang der Batteriekonzern Varta (dessen Vorläuferunternehmen mutmaßlich auch den Akku für das Flocken-Wagen genannte erste Elektroauto der Geschichte 1888 lieferte).

"Varta war das Mutterschiff", gab Stefan Quandts Halbbruder Sven einmal dem manager magazin zu Protokoll. Mit Varta im Rücken konnte ihr Vater Herbert im Jahr 1960 BMW vor dem Ausverkauf an Daimler bewahren. Doch um im Bild zu bleiben, zerlegten Sven und seine Schwestern das Mutterschiff, das in den 90er Jahren Schlagseite bekommen hatte. Die Halbgeschwister Stefan und Susanne konnten mit ihrer Mutter Johanna immerhin mit dem schnellen Beiboot BMW davonbrausen.

Jetzt schickt Stefan Quandt sich an, den Akku neu zu laden.