Wirtschaft

Ein Loch zu, ein neues Loch auf Griechenland will ESM anzapfen

Yanis Varoufakis bleibt bei seiner "kreativen" Finanzpolitik. Der Finanzminister muss im Sommer für griechische Staatsanleihen aufkommen, die im Besitz der EZB sind. Das Geld dazu soll aus dem Euro-Rettungsfonds ESM kommen.

Griechenland will den Euro-Rettungsfonds zur Überbrückung von Finanzengpässen nutzen. Der ESM könne für die griechischen Staatsanleihen im Besitz der Europäischen Zentralbank (EZB) aufkommen, die von Juli und August an fällig würden, sagte Finanzminister Yanis Varoufakis in Athen. Sein Land würde dann das Geld nach einem Abkommen mit den internationalen Gläubigern über einen längerfristigen Zeitraum wieder an den ESM zurückzahlen.

Yanis Varoufakis mit einem Rucksack voller Probleme auf dem Weg zur Kabinettssitzung (Archivbild).

Yanis Varoufakis mit einem Rucksack voller Probleme auf dem Weg zur Kabinettssitzung (Archivbild).

(Foto: dpa)

Dies könne Griechenland Luft verschaffen, um die Schuldenkrise zu bewältigen. Varoufakis hatte wiederholt eine Umschuldung gefordert, um mehr Zeit für die Rückzahlung der Bonds in EZB-Hand zu bekommen. Allein im Juli und August werden zusammen rund 6,7 Milliarden Euro fällig.

Die Bundesbank schlägt wegen der drohenden Staatspleite Griechenlands Alarm. "Die Zahlungsfähigkeit ist akut bedroht", betonte die deutsche Zentralbank in ihrem Monatsbericht. In ungewöhnlich deutlichen Worten forderte sie Athen auf, in den Gesprächen mit den Gläubigern einzulenken.

In Brüssel wies die Europäische Kommission einen griechischen Zeitungsbericht über ein angebliches Entgegenkommen von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zurück. Von einem neuen Kompromissvorschlag Junckers zur Lösung des Streits über die Freigabe ausstehender Hilfszahlungen wisse sie nichts, erklärte eine Kommissionssprecherin.

Wegen zusehends klammer Kassen kommen Zweifel auf, ob Athen dem Internationalen Währungsfonds (IWF) Anfang Juni eine fällige Zahlung von knapp 300 Millionen Euro überweisen kann. Die Links-Rechts-Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras räumte ein, eine rasche Einigung mit den Geldgebern sei dringlich. "Es sollte eine Lösung im Mai geben, damit wir die Liquiditätsfrage lösen können", sagte Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis.

Griechenland wolle seinen Verpflichtungen nachkommen. Es werde sich aber nicht auf die von den Geldgebern verlangten Rentenkürzungen einlassen. Dies ist neben Reformen am Arbeitsmarkt einer der ungelösten Streitpunkte, wie EU-Kommissar Pierre Moscovici in Berlin bestätigte. Es gebe Fortschritte in den Gesprächen, aber das Tempo müsse erhöht werden.

Bewegung könnte ein Treffen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Tsipras bringen. Eventuell würden beide Ende der Woche in Riga zu einem Gespräch zusammenkommen, sagte ein deutscher Regierungssprecher.

Griechenland wohl auch Thema im EZB-Rat

Auch der IWF ist wegen der prekären Finanzlage offenbar alarmiert: In einem internen Vermerk hegt der Fonds laut Medienberichten Zweifel, dass Athen am 5. Juni fällige 298 Millionen Euro überweisen kann. Dabei ist dies erst der Auftakt einer Folge von Zahlungsverpflichtungen von insgesamt 1,5 Milliarden Euro gegenüber dem IWF im Juni.

Die griechische Wochenzeitung "To Vima" berichtete, Juncker habe vorgeschlagen, dass ausstehende Hilfsmittel - es geht um insgesamt 7,2 Milliarden Euro - gegen abgeschwächte Bedingungen freigegeben werden sollen. Griechenland solle demnach weniger Reformen als bislang gefordert leisten und einen geringeren Haushaltsüberschuss vor Zinszahlungen vorweisen müssen. Allerdings widersprach die Kommission umgehend diesem Bericht.

Griechenland wird seit 2010 von den Euro-Partnern und dem IWF mit 240 Milliarden Euro vor der Pleite bewahrt. Laut Bundesbank bleiben die Finanzinstitute und damit letztlich auch der griechische Staat nur deshalb zahlungsfähig, weil die EZB Nothilfen der Athener Notenbank durchwinkt. Eine Perspektive habe dieses Vorgehen aber nur, falls weiteres Geld der Gläubiger fließe. Zudem müsse die Regierung selbst mit Reformen für tragfähige Staatsfinanzen sorgen.

Der EZB-Rat kommt am Mittwoch zusammen, wobei die Ausweitung der Nothilfen zur Sprache kommen dürfte. Die Bundesbank ist wegen des Rotationsverfahrens im Rat dieses Mal nicht stimmberechtigt. Bundesbankchef Jens Weidmann sieht die jüngst auf 80 Milliarden Euro aufgestockten EZB-Nothilfen kritisch: Banken ohne Marktzugang würden Kredite gewährt, die damit Staatsanleihen finanzierten. Dies sei mit Blick auf das Verbot der Staatsfinanzierung durch die Notenbank nicht in Ordnung.

Quelle: ntv.de, wne/rts

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