Freihandelsabkommen: Gabriel bremst Merkel bei TTIP

Die Bundeskanzlerin will das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP trotz Greenpeace-Leaks zügig abschließen. Vize Sigmar Gabriel hält einen Abschluss in diesem Jahr nicht mehr für realistisch.

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TTIP

Unter anderem die internationalen Konzerne setzen große Hoffnungen auf TTIP.

(Bild: Sascha Steinhoff)

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Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat sich gegen einen festen Zeitplan für die weiteren Verhandlungen über das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP ausgesprochen und damit gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestellt. "Mir fehlt die Fantasie zu sehen, wie das in diesem Jahr geschafft werden soll", erklärte der Vizekanzler am Mittwoch bei einer Aktuellen Stunde im Bundestag zu den TTIP-Leaks.

Transatlantisches Freihandelsabkommen TTIP

Seit Juli 2013 verhandeln EU und die USA über den Abbau von Handelshemmnissen im Rahmen eines Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP). Heftige Kritik kommt wegen mangelnder demokratischer Kontrolle sowie wegen Befürchtungen, Umwelt- und Gesundheitsstandards könnten abgesenkt oder untergraben werden.

Einen Abbruch der Gespräche lehnte Gabriel trotz der Großdemonstrationen gegen den geplanten Vertrag zwischen der EU und den USA ab. Es bringe nichts, "sofort den Stecker zu ziehen". Es müsse aber das Motto gelten: "Gut vor schnell." Merkel hatte zuvor auf einen "zügigen Abschluss eines ehrgeizigen Abkommens" gedrängt.

Gabriel unterstrich, dass die Bundesregierung keinesfalls jene US-Forderungen mittragen werde, die Greenpeace öffentlich bekannt gemacht hatte: "TTIP so, wie es sich die Amerikaner vorstellen, darf und wird es nicht geben." Deutschland sei aber angewiesen auf offene Märkte, für die es "gute Regeln" brauche. Gabriel übte auch Selbstkritik: "Wir beschäftigen uns nur mit dem, was wir nicht wollen." Dies sei dem "größten Handelsraum der Welt nicht angemessen".

Die bereits weitgehend feststehende Handelsübereinkunft Ceta zwischen der EU und Kanada bezeichnete der Sozialdemokrat als "Schutzschild gegen ein schlechtes TTIP". Darin seien die besonders umstrittenen Investoren-Schiedsgerichte so eingegrenzt worden, sie sich das der Bundestag immer gewünscht habe.

Die erwartbare Kritik der Opposition an einem schlecht übertünchten "Zombie" der Paralleljustiz versuchte Gabriel von vornherein zu entkräften: "Es gilt, was drinsteht, nicht, was Sie der Öffentlichkeit weiß machen wollen." Man werde Ceta nutzen, "um den Amerikanern zu sagen: darunter geht nix". Dumping-Wettbewerb etwa werde in dem Vertrag explizit abgelehnt.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sieht mit den Leaks dagegen den Beweis erbracht, dass die Sorgen der Bürger berechtigt seien. "Nichts, was verhandelt wird, nützt den Verbrauchern in Europa", ergänzte die Grüne Katharina Dröge. Deutsche und europäische Standards würden abgesenkt. Sahra Wagenkecht von der Links-Fraktion sprach von einem "Ermächtigungsgesetz", mit dem die Demokratie abgeschafft werde.

Der CSU-Politiker Karl Holmeier warf die Frage auf, "wie viel der Kritik vom Ausland gesteuert wird". Man dürfe nicht vergessen, "dass die USA unser wichtigster Bündnispartner sind". Kommunikationsfehler seien gemacht worden, die nun aufgearbeitet werden müssten, "um die Menschen mitzunehmen". Der Sozialdemokrat Dirk Wiese begrüßte die Greenpeace-Aktion mit dem inzwischen wieder geschlossenen Leseraum, dort solle aber auch Koalitionsvertrag von Grün-Schwarz aus Baden-Württemberg ausgelegt werden. Dann würde klar, dass die Grünen "in den Ländern für TTIP und Ceta sind". (vbr)