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US-Abhörskandal Bundesregierung lehnt Asyl für Snowden ab

Trotz der vehementen Forderungen von Politikern und Prominenten bleibt die Bundesregierung hart: Sie sperrt sich gegen Asyl für Edward Snowden in Deutschland und warnt vor einem Zerwürfnis mit den USA. Eine Befragung des Whistleblowers durch einen Untersuchungsausschuss sei auch in Moskau möglich.
Snowden: "Wer die Wahrheit ausspricht, begeht kein Verbrechen"

Snowden: "Wer die Wahrheit ausspricht, begeht kein Verbrechen"

Foto: DPA/ Wikileaks

Berlin - Die Bundesregierung bleibt dabei: Edward Snowden bekommt in Deutschland nach wie vor kein Asyl. Die Voraussetzungen für eine Aufnahme des Whistleblowers lägen nicht vor, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Dies sei bereits im Juli geprüft worden.

Einzelheiten über die derzeit laufenden Gespräche mit den USA über ein Geheimdienstabkommen nannte Seibert nicht. Er warnte vor einem Zerwürfnis mit den USA: "Das transatlantische Bündnis bleibt für uns Deutsche von überragender Bedeutung."

Die Kanzlerin sehe sich dem Schutz der Daten und der Privatsphäre der Bürger vor unerlaubten Zugriffen verpflichtet. "Bei alledem geht es aber auch immer um unsere Sicherheits- und unsere Bündnisinteressen." Kaum ein Land habe wie Deutschland von der Freundschaft zu den USA profitiert. Dies sei von großer Bedeutung bei allen Entscheidungen der Bundesregierung.

Seibert warnte damit indirekt vor möglichen Konsequenzen, die eine Befragung Snowdens in Deutschland mit sich bringen könnte. Die Entscheidung, ob der 30-Jährige vor einem Ausschuss des Parlaments aussagen solle, treffen letztlich aber der Bundestag und dessen Gremien.

"Er ist alles andere als ein Verbrecher"

Nach Auffassung des Innenministeriums ist eine Befragung Snowdens in Moskau möglich. "Sollte ein Untersuchungsausschuss kommen, gibt es natürlich die Möglichkeit, Snowden in Russland zu befragen", sagte der Sprecher des Innenministeriums, Jens Teschke.

Snowden hält sich derzeit in Russland auf, wo er für ein Jahr Asyl bekommen hat. Der IT-Spezialist hatte die Spähaffäre um den US-Geheimdienst NSA mit zahlreichen Dokumenten enthüllt. Er hatte in der vergangenen Woche über den Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele ausrichten lassen, dass er zu weiterer Hilfe bei der Aufklärung bereit sei. Ströbele fordert, dass Deutschland Snowden aufnehmen solle. "Es geht nicht nur um Aufklärung, es geht auch um den humanitären Fall des Edward Snowden", betonte er am Montag noch einmal.

Auch etliche andere verlangen Asyl für den US-Bürger: Im SPIEGEL hatten sich 51 Politiker und Prominente geäußert. "Edward Snowden hat mit seinen Enthüllungen einen ungeheuren Abhörskandal aufgedeckt. Er ist alles andere als ein Verbrecher und hat einen gesicherten Aufenthalt in Deutschland verdient", sagte der Grünen-Spitzenpolitiker Jürgen Trittin SPIEGEL ONLINE. Von den USA wird Snowden wegen Landesverrats gesucht, ihm droht in seiner Heimat eine langjährige Haftstrafe.

Ströbele soll PKG am Mittwoch berichten

Ströbele soll am Mittwoch dem Geheimdienste-Gremium des Bundestags über sein Treffen mit Snowden berichten. Die Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) solle nach bisheriger Planung am Mittwochmorgen um acht Uhr beginnen, verlautete am Montag in Berlin aus Parlamentskreisen. Erwartet wird demnach in der Sitzung auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU).

Auch der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, forderte am Montag Asyl für den Ex-Mitarbeiter der NSA. Er will die Bundesregierung unter Druck setzen: Per Bundestagsbeschluss will er sie zwingen, mit Snowden zu sprechen und ihm Asyl zu gewähren.

"Es gibt einen gangbaren juristischen Weg, um Snowden sicher nach Deutschland zu holen und ihn vor einer Auslieferung an die Amerikaner zu schützen", sagte Riexinger der "Mitteldeutschen Zeitung". "Dieser Bundesregierung fehlt aber offenkundig der politische Wille."

Das Parlament müsse "der Bundesregierung auf die Sprünge helfen und sie per Beschluss dazu zwingen, dem Whistleblower Asyl und Gelegenheit zu einer Zeugenaussage zu geben". Im Bundestag stehe es 320 zu 311 für eine Aufnahme Snowdens, sagte Riexinger der Zeitung. "Drei von vier Parteien sind dafür", so seine Einschätzung. "Im Bundestag ist der politische Wille klar."

als/heb/dpa/AFP