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Technologie-Konzern Nokia prüft Zusammenschluss mit Juniper Networks

Nokia ist bald sein Handy-Geschäft an Microsoft los - eine neue Strategie hat die gefallene finnische Unternehmens-Ikone aber bisher nicht vorgestellt. Nun prüft der Konzern, seine künftig größte Sparte, Nokia Solutions Networks, mit dem US-Unternehmen Juniper Networks zu vereinen. Die Taktik-Wende eilt, denn Nokia ist zur leichten Beute für findige Investoren geworden.
Von Astrid Maier und Angela Maier
Nokia: Das IT-Urgestein steht vor einer Strategiewende

Nokia: Das IT-Urgestein steht vor einer Strategiewende

Foto: Sanjeev Gupta/ dpa

Hamburg - Der finnische Technologie-Konzern Nokia sondiert für seine Netzwerksparte Nokia Solutions Networks (NSN) ein Zusammengehen mit dem US-Unternehmen Juniper Networks . Das erfuhr manager magazin von mit der Situation Vertrauten. Sowohl der Nokia-Vorstand als auch die NSN-Führung um CEO Rajeev Suri erwägen demnach, die bereits bestehende Vertriebs-Kooperation mit Juniper Networks zu vertiefen und sie gegebenenfalls in einen Zusammenschluss münden zu lassen.

Hintergrund ist, dass NSN nach den vorerst gescheiterten Gesprächen mit dem französischen Rivalen Alcatel-Lucent  nun andere Optionen sondiert, um sich in der angeschlagenen Industrie breiter aufstellen zu können.

Der Nokia-Konzern, der gerade seine Handy-Sparte für 5,4 Milliarden Euro an Microsoft veräußert, steht unter Druck, mit dem Erlös neue Betätigungsfelder aufzutun. Nach dem Abschluss des Verkaufs, der noch unter Vorbehalt der Zustimmung chinesischer Aufsichtsbehörden steht, wird NSN rund 90 Prozent der Nokia-Erlöse ausmachen.

Es wird erwartet, dass Nokia  schon in wenigen Tagen auf dem Branchentreff Mobile World Congress in Barcelona seine neue Strategie ohne das Handy-Geschäft vorstellen wird. Der finnische Konzern dürfte in Spanien zudem einen neuen CEO benennen. Suri, der NSN seit 2009 führt, und Nokia-Finanzvorstand Timo Ihamuotila werden in Unternehmenskreisen als Favoriten für die Rolle gehandelt.

Fusion mit Juniper könnte schwaches US-Geschäft stärken

NSN hatte 2013 Gespräche mit Alcatel-Lucent über ein Zusammengehen geführt. Die Gespräche scheiterten unter anderem daran, dass sich die beiden Unternehmen nicht über die Führung des künftigen Verbunds einigen konnten. Ähnlich wie Alcatel-Lucent, die Nummer vier im Markt, gilt auch der Branchendritte NSN als zu klein, um gegen Branchengewichte wie Ericsson oder aggressive Angreifer aus China wie Huawei nachhaltig bestehen zu können.

Um vor allem das schwache US-Geschäft von NSN zu stärken, erwägt CEO Suri nun einen Zusammenschluss mit dem kalifornischen Unternehmen Juniper. Ende vergangenen Jahres reiste Suri mit Kollegen in die USA, um mit dem Juniper-Management die Optionen auszuloten. Das Thema wird seit Jahresbeginn auch im Nokia-Vorstand intensiv diskutiert.

Nokia wird attraktiv für renitente Investoren

Dabei wird auch eine Übernahme Junipers durchgespielt. Zwar wäre der Kauf des US-Konzerns für Nokia eine finanzielle Herausforderung: Über den aktuellen Börsenwert Junipers von knapp 14 Milliarden Dollar (10 Milliarden Euro) hinaus müsste Nokia den Juniper-Aktionären eine Übernahmeprämie anbieten. Doch könnte auch Junipers eigener Kassenbestand von 3,1 Milliarden Dollar (Ende 2013) zur Finanzierung des Kaufs herangezogen werden. Nokia teilte mit, das Unternehmen äußere sich nicht zu Marktspekulationen. Ein NSN-Sprecher lehnte jeden Kommentar ab.

Gelingt Suri der Aufstieg an die Nokia-Spitze, wäre dies intern indes durchaus umstritten. Vor einigen Wochen erst war in der Nokia-Zentrale eine ungewöhnliche Beförderung bei NSN aufgestoßen: Die NSN-Managerin Kathrin Buvac stieg Anfang 2013 von Suris Assistentin in die NSN-Geschäftsführung auf und verantwortet dort seither Strategie sowie Suris Vorstandsbüro - ohne vorher jemals größere Führungserfahrung gesammelt zu haben. Daraufhin sei eine interne Untersuchung eingeleitet worden, heißt es in NSN-Kreisen. Verfehlungen Suris seien darin jedoch nicht nachgewiesen worden. Der NSN-Sprecher sagte dazu nur, Buvac, die 2003 ihr Wirtschaftsinformatik-Diplom an der Dualen Hochschule in Stuttgart abgeschlossen hat, sei eine "extrem talentierte und versierte Führungskraft" mit "extensiver Strategie- und Managementerfahrung".

Verkauf des Handy-Geschäfts spült frisches Geld in Nokias Kasse

Der künftige Nokia-Chef wird schnell und beherzt anpacken müssen. Ein Zusammenschluss mit Juniper Networks wäre für Nokia noch kein strategischer Durchbruch. Juniper ist selbst ein Restrukturierungs-Fall und steht derzeit unter Beschuss seines neuen Großaktionärs Elliott Management. Der Vorstoß gäbe dem Nokia-Management aber Munition, um sich gegen allzu große Begehrlichkeiten von außen wehren zu können.

Denn das finnische Unternehmen wird nach dem Verkauf seines Handy-Geschäftes rund 7,5 Milliarden Euro in bar in der Kasse haben - und drei Geschäftsbereiche ohne jegliche Synergien. Neben NSN unterhält Nokia noch ein Geschäft mit digitalen Landkarten, Here, sowie eines mit Patenten. Das macht Nokia attraktiv für renitente Investoren, die Nokia zerschlagen und üppige Dividenden fordern könnten.

Neben dem bereits bei Nokia eingestiegenen Yahoo-Aufwiegler Daniel Loeb haben bereits weitere Hedge-Fonds Nokia-Anteile angehäuft, heißt es aus dem Umfeld des Unternehmens. Darunter soll sich auch der US-Investor Perry Capital befinden. Perry Capital Management war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Auch strategische Investoren spielen den Kauf der angeschlagenen finnischen Unternehmens-Ikone - und seine Zerschlagung - derzeit durch. Nokias Zukunft hat damit gerade erst begonnen.

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