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Ernährung bei Übergewicht Frühstücken wird überbewertet

Das Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit, heißt es im Volksmund - und in Diät-Ratgebern. Denn: Wer morgens isst, nimmt angeblich ab. Britische Forscher haben den Ernährungs-Mythos nun widerlegt.
Von Mirja Hammer

Iss wenigstens einen Apfel". Schon unsere Mütter und Großmütter glaubten fest an die Allmacht des Frühstücks. Schließlich versprach die morgendliche Nährstoffzufuhr Gesundheit, Fitness und Konzentration. Seit jeher messen wir dem Frühstück eine große Bedeutung zu. So groß, dass der Volksmund uns gebietet, es zu zelebrieren, als seien wir Kaiser und nicht etwa Arbeiter, die noch bevor der Bäcker öffnet zur Schicht fahren, oder berufstätige Mütter, die froh sind, wenn sie vor Arbeitsbeginn die Kinder fertig angezogen haben.

Einen regelrechten Push erlebte der Frühstücks-Hype dann nochmals in den letzten Jahren, eifrig befeuert von Frauenzeitschriften: Denn, so der vielgelesene Diät-Glaube, wer frühstückt, nimmt ab. Eine der schlichteren Erklärungen für diese These lautet etwa: Wer morgens nichts esse, greife später aus Heißhunger eher zu Süßigkeiten und werde dick. Wer dagegen schon morgens den Verbrennungsmotor anwerfe, verdaue über den Tag mehr. Ein fettes Versprechen - auf ziemlich dünner Forschungsgrundlage, wie verschiedene Studien nun zeigen.

Wissenschaftler von der Universität von Alabama in Birmingham wollten wissen, ob es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen Gewicht und morgendlicher Essgewohnheit gibt. Dafür setzten sie 300 übergewichtige Probanden im Alter von 20 bis 65 Jahren einem Experiment aus: Per Zufallsprinzip wurden sie in drei Gruppen unterteilt, von denen eine frühstücken, eine darauf verzichten und die dritte mit ihrer Gewohnheit - zu frühstücken oder nicht zu frühstücken - fortfahren sollten. Einige mussten also ihre Gewohnheiten umstellen, andere nicht. 16 Wochen später wurden alle gewogen: Nicht einer der Teilnehmer hatte mehr als ein Pfund verloren. "In Sachen Übergewicht und Diäten halten sich viele nicht belegte Volksglauben sehr hartnäckig. Nun haben wir bewiesen, dass zumindest einer dieser Irrglauben rigorosen Untersuchungen nicht standhält", sagt David Allison, Leiter der Studie, in einer Mitteilung der Universität.

Wer frühstückt, ist aktiver

Die These vom schlankmachenden Frühstück haben Forscher an der Universität von Bath ebenfalls in Frage gestellt. Sie maßen bei 33 schlanken Personen zunächst den Grundumsatz und den Cholesterin- sowie den Zuckergehalt im Blut. Danach wurden sie ebenfalls in eine Frühstücker- und eine Nichtfrühstücker-Gruppe unterteilt und über sechs Wochen auf ihre Aktivität hin beobachtet. Bei keinem der Teilnehmer zeigte sich eine merkliche Veränderung - die Frühstücker wiesen nach sechs Wochen einen über den Tag gemessen etwas stabileren Blutzuckerspiegel auf. Der markanteste Unterschied war, dass sich die Frühstücker am Morgen mehr bewegten - sie verbrannten durch leichte Bewegungen wie etwa Brotschneiden mehr Kalorien, was durch das Frühstück dann jedoch wieder ausgewogen wurde. Entgegen dem Volksglauben schlugen sich diejenigen, die morgens nichts aßen, nachmittags vor lauter Hunger nicht etwa doppelt und dreifach den Bauch voll - sie waren morgens aber etwas träger als die Frühesser und verbrauchten daher im Schnitt gleich viel Kalorien.

Studien liefern keine gültigen Empfehlungen

Beide Studien sind recht allgemein und über einen relativ kurzen Zeitraum angelegt, sodass sich noch keine gültigen Frühstücksempfehlungen ableiten lassen. Weitere, spezifischere Studien seien notwendig, um die genauen Auswirkungen des Frühstücks zu erklären, räumen sowohl Emily Dhurandhar, Autorin der Studie an Übergewichtigen in Birmingham, als auch James Betts, Leiter der Untersuchung an schlanken Personen in Bath ein. "Zum Beispiel können wir daraus noch nicht ablesen, ob dicke Menschen anders auf morgendliches Essen reagieren als schlanke oder welche Rolle die Uhrzeit und die Zusammensetzung des Frühstücks spielen", sagt Betts. Er selbst frühstücke nie, sagte er der New York Times . "Ich bin dafür oft gerügt worden. Leute sagten, ich müsste es doch eigentlich besser wissen." Jetzt weiß er es besser - und werde nichts an seinen Frühstücksgewohnheiten ändern, sagt er.

Mirja Hammer

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