Die Behörde genehmigte 17.000 Plätze für Rede des türkischen Premiers in Wien. Erdoğans Widersacher kündigten eine Gegendemo an.
Wien. Die Nachfrage ist groß: Wenn am Donnerstag der türkische Ministerpräsident, Recep Tayyip Erdoğan, nach Wien kommt und in der Donaustädter Albert-Schultz-Eishalle ab 14 Uhr eine Rede hält, werden ihm knapp 7170 Personen live zujubeln – diese Teilnehmerzahl hat die Stadt Wien genehmigt. Für ein Ticket mussten sich die Interessierten online anmelden, am gestrigen Montag wurden dann jene, die eine Eintrittskarte bekommen haben, von den Organisatoren per Mail verständigt.
Für alle anderen wird vor der Halle eine große Leinwand errichtet: Genehmigt ist der Platz für weitere 10.000 Personen. Werden alle verfügbaren Plätze ausgeschöpft, hat Erdoğan am Donnerstag über 17.000 Fans vor Ort als Zuhörer.
Unterdessen haben sich auch die Gegner des Ministerpräsidenten zusammengeschlossen. Die insgesamt 40 Mitglieder des „Demokratischen Bündnisses gegen Erdoğan“ sind ein Potpourri an (türkischen) linken Organisationen und NGOs. Neben der roten Gewerkschaftsjugend gehören auch die Offensive gegen rechts, VSStÖ, Feykom (Dachverband der kurdischen Vereine in Österreich) sowie die Kommunisten dem Bündnis an.
Mobilisierung im Ausland
Bei einer Pressekonferenz am Montag holte das Bündnis dann zu einem verbalen Rundumschlag gegen die Regierung Erdoğans aus – und rief zur Teilnahme an der Gegendemonstration auf. Die Kundgebung findet nach derzeitigem Stand am Donnerstag um 13 Uhr am Praterstern statt; anschließend wollen die Teilnehmer so nahe wie möglich zur Albert-Schultz-Eishalle marschieren.
Der Protestzug richte sich gegen die autoritäre, antidemokratische, arbeits- und gewerkschaftsfeindliche Politik Erdoğans, so die Veranstalter. „Es gehört zu seinen Bestrebungen, die undemokratische Politik des AKP-Regimes nach Österreich zu importieren“, sagt Derya Aybay von der alevitischen Gemeinde. Die Veranstalter der Gegendemo haben auch in Deutschland und der Schweiz mobilisiert, sie rechnen mit bis zu 10.000 Teilnehmern. Und: Der Protest soll auch stattfinden, wenn Erdoğan den Besuch aufgrund der fragilen politischen Lage in den türkischen Grenzgebieten absagen sollte.
Für das Bündnis stehe jedenfalls fest, dass sein Auftritt in Wien Wahlkampfzwecken dient – die Veranstalter des Erdoğan-Besuchs, die Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), haben das stets verneint. Offiziell kommt der Premier zur Zehnjahrfeier der UETD.
Kandidat der Opposition fixiert
Erdoğan werden Ambitionen für das Präsidentenamt nachgesagt, am 10.August finden in der Türkei Wahlen statt. Während der Premier sein Interesse noch nicht bestätigt hat, steht der Kandidat der zwei größten Oppositionsparteien seit gestern fest: Die sozialdemokratische CHP sowie die nationalistische MHP schicken den Professor und ehemaligen Generalsekretär der Organisation für Islamische Zusammenarbeit, Ekmeleddin Ihsanoğlu – überraschend – ins Rennen. Noch im vergangenen Jahr sagte Ihsanoğlu: „Aus mir wird nie ein Politiker.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2014)