ZEIT ONLINE: Gerade ist der Jazzmusiker Roger Cicero an einem Schlaganfall gestorben – mit nur 45 Jahren. Viele Menschen hat das erschreckt. Herr Sobesky, wie selten ist es, dass junge Menschen einen Schlaganfall erleiden?

Jan Sobesky: Es ist schon eher ungewöhnlich. Normalerweise ist der Schlaganfall eine Erkrankung des höheren Lebensalters. Nur etwa jeder zehnte ereignet sich bei Menschen unter 50 Jahren. Das sind etwa zehn bis fünfzehntausend Schlaganfälle pro Jahr in Deutschland. Gemessen an allen Fällen ist das also eher eine Minderheit.

ZEIT ONLINE: Auch Roger Ciceros Vater starb an einem Schlaganfall. Mit Ende 50. Viele fragen sich, ob die Erkrankung auch vererbbar ist. Wie kommt es, dass manche Menschen einen Schlaganfall erleiden und andere nicht?

Sobesky: Das ist nicht so leicht zu beantworten. Eine Mehrzahl der Schlaganfälle ist nicht erblich, sondern erworben. Es gibt kein Gen, welches als alleinige Ursache bestimmt werden kann. Allerdings sind die Ursachen eines Schlaganfalls häufig Erkrankungen, die auch erblich bedingt sein können: Etwa Bluthochdruck, Diabetes oder erhöhte Blutfette. Auch seltenere Erkrankungen des Herzens, des Bindegewebes oder der Blutgerinnung können Auslöser sein.

Jan Sobesky ist geschäftsführender Oberarzt der Klinik für Neurologie der Berliner Charité und Leiter einer Forschungsgruppe am Centrum für Schlaganfallforschung Berlin (CSB). © privat

ZEIT ONLINE: Was sind die größten Risikofaktoren?

Sobesky: Grundsätzlich gilt: Je älter man ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für einen Schlaganfall. Daran kann man leider nichts ändern. Andere Risikofaktoren lassen sich allerdings durchaus beeinflussen. Gefäßschäden wie Arteriosklerosen werden zum Beispiel im Wesentlichen durch Rauchen, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen verursacht. Auch mangelnde Bewegung, Übergewicht und schlechte Ernährung sind Risikofaktoren, die sich ändern lassen.

Unter jüngeren Patienten werden zusätzlich andere und seltenere Schlaganfallursachen gesucht, beispielsweise Herzerkrankungen oder Gefäßverletzungen, Gerinnungsstörungen und Thrombosen. Ein wichtiger Risikofaktor bei jungen Frauen: Die Kombination von Pille, Rauchen und Bewegungsmangel. Das kann das Risiko erhöhen. Auch Menschen, die Drogen nehmen, sind gefährdet. Besonders kokainhaltige Substanzen können starke Gefäßschädigungen verursachen, die einen Schlaganfall auslösen können.

ZEIT ONLINE: Kann man einem Schlaganfall vorbeugen?

Sobesky: Zumindest lässt sich das Risiko senken. Hier gelten allgemeine Dinge, die auch Herz- und Kreislauferkrankungen vorbeugen: Eine gesunde Lebensweise mit ausreichend Bewegung und ausgewogener Ernährung und der regelmäßige Check beim Hausarzt. Es kann wichtig sein, seinen Blutdruck und das eigene Cholesterinprofil zu kennen. Wer von einer Herzerkrankung weiß, für den können genauere Untersuchungen in diesem Bereich sinnvoll sein. Gibt es in der Familie bereits eine Vorgeschichte von Angehörigen mit einer Blutgerinnungsstörung, sind auch das wichtige Anhaltspunkte. Eine absolute Prävention gegen den Schlaganfall gibt es aber leider nicht.