FAZ-Chef Thomas Lindner
Mit dem
Verkauf der Mediengruppe Frankfurt an die Zeitungsholding Hessen, hinter der die Ippen-Gruppe und die Gießener Verleger Rempel stehen, sorgte die Fazit-Stiftung vergangene Woche im hessischen Zeitungsmarkt für ein mittelschweres Erdbeben. Die FAZ sucht jetzt ihren eigenen Weg in die Zukunft - ohne die Frankfurter Neue Presse und ohne die erst
2013 übernommene Frankfurter Rundschau. HORIZONT hat mit FAZ-Chef Thomas Lindner über die Auswirkungen des Deals und die aktuelle Geschäftsentwicklung bei der FAZ gesprochen.
Herr Lindner, die FAZ agiert künftig allein – ohne Frankfurter Rundschau und Frankfurter Neue Presse. Sind Sie eine Last los? Oder hat das Haus sein Tafelsilber verkauft? Die Fazit-Stiftung hat sich entschieden, ihren Fokus auf die nationale Marke FAZ zu richten und die Regionalzeitungen an eine Mediengruppe abzugeben, deren Kerngeschäft das Regionale ist. Ziel ist die Zukunftssicherung der beiden Zeitungen, auch des Anzeigenblatts. Das ist keine Entscheidung der FAZ gewesen und sie betrifft die FAZ auch kaum.
Der Regionalvermarkter Rhein-Main-Media gehört künftig zu Ippen. Er vermarktet auch den Rhein-Main-Teil der FAZ. Die Societäts-Druckerei gehört künftig zu Ippen. Sie druckt die FAZ. Ja, aber für uns ändert sich dadurch nicht viel. Käufer ist übrigens nicht Herr Ippen allein, sondern die Zeitungsholding Hessen, ein Gemeinschaftsunternehmen der Verlage Ippen und Rempel. Mit der Zeitungsholding Hessen arbeiten wir künftig eng zusammen. An der Rhein-Main-Media werden wir eine Beteiligung von 25,1 Prozent behalten, das sichert die Mitspracherechte, die wir benötigen. FAZ und Societäts-Druckerei bleiben durch einen langfristigen Druckauftrag verbunden, daran ändert sich überhaupt nichts. Unser Unternehmen Medienservice wiederum organisiert die morgendliche Zustellung von FNP und FR im Rhein-Main-Gebiet.
Wenn Sie Vermarktung mit anderen zusammen organisieren, haben Sie noch keinen zusätzlichen Umsatz, aber auf jeden Fall sofort höhere Rabatte.
Thomas Lindner
Die FAZ hat künftig einen Verlag, eine Redaktion, einen Titel. Das gilt als überholtes Geschäftsmodell. Das stimmt so nicht. Der Kampf zwischen den Strategien Diversifikation und Fokussierung ist ähnlich alt und wechselhaft wie der zwischen Gut und Böse, Licht und Dunkelheit oder Zentralisierung und Dezentralisierung. Vielleicht sind wir der Zeit einfach voraus? Außerdem sind wir ein Verlag, eine Redaktion, eine Marke – nicht ein Titel. Es wird gerade darum gehen, die Marke Frankfurter Allgemeine konsequent zu entwickeln, vor allem im digitalen Bereich, aber nicht nur dort. Wir sind ja schon Schritte auf diesem Weg gegangen, denken Sie an die FAZ Woche, FAZ Quarterly, FAZ Plus, FAZ Einspruch. Unter der Marke FAZ werden wir weitere neue Produkte entwickeln.
FR, FNP & Societäts-Druckerei
Ippen und MDV übernehmen Mediengruppe Frankfurt
Die Frankfurter Rundschau bekommt wieder einmal einen neuen Eigentümer: Die Zeitungsholding Hessen von Verleger Dirk Ippen und die MDV-Mediengruppe übernehmen die Mediengruppe Frankfurt von der Fazit-Stiftung als Mehrheitseigner der Frankfurter Societät GmbH. ...
Umfassende Kooperationen mit anderen Medienhäusern, etwa in der Vermarktung, sind also kein Thema für Sie? Andere Häuser wie Gruner + Jahr, Burda, Bauer und Funke reden ja darüber. Wir kooperieren ja schon, etwa in der Digitalvermarktung der Quality Alliance mit der Süddeutschen, Zeit und Handelsblatt. Da haben wir schon einiges gelernt. Deshalb bin ich skeptisch: Wenn Sie Vermarktung mit anderen zusammen organisieren, haben Sie noch keinen zusätzlichen Umsatz, aber auf jeden Fall sofort höhere Rabatte. Und eine Menge technischer und organisatorischer Probleme. Sie geben Umsatz mit hohem Deckungsbeitrag in eine Organisation, die Sie nicht steuern können und über deren Prioritäten Sie sich mit Konkurrenten verständigen müssen – und am Ende fließt das Geld in unterschiedliche Töpfe. Ein großer Spaß. Es ist gerade très chic, das zu fordern – aber messen wir die Advokaten doch an ihren Taten.
Wie läuft das Geschäft aktuell bei der FAZ? Die Rahmenbedingungen sind und bleiben schwierig, Printmedien verlieren Auflagen und Werbeumsätze. Trotzdem haben wir gerade das Jahr 2017 sehr vernünftig abgeschlossen, das vierte Jahr in Folge. Die FAZ lief bei Kosten und Erlösen jeweils etwas besser als geplant. Und 2018 hat sehr ordentlich begonnen.
Die Fazit-Stiftung verkauft also FNP und FR nicht, weil sie Geld braucht? Das können Sie komplett ausschließen. Das ist eine strategische Entscheidung, die die Fazit-Stiftung für die Regionalzeitungen getroffen hat, da gibt es keinerlei finanziellen Druck.
Wir hatten kurz überlegt, nach Berlin oder Hamburg zu ziehen, aber den Ausschlag zum Hierbleiben hat dann ein kurzer Blick auf die Bundesligatabelle gegeben.
Thomas Lindner
Sie wollen den traditionellen FAZ-Standort in der Mainzer Landstraße aufgeben und das Haus verkaufen. Es gibt Beobachter, die auch dahinter finanzielle Engpässe vermuten. Quatsch. Wir arbeiten hier in der Mainzer Landstraße auf 50.000 Quadratmetern, brauchen aber nur 25.000. Unser Haus ist alt, hat viel zu hohe Verbrauchs- und vor allem Energiekosten, hat einen hohen Renovierungsbedarf in der Größenordnung von 60 bis 80 Millionen Euro. Für uns ist es sinnvoll, den Standort zu wechseln, um moderne, attraktive Arbeitsbedingungen für Verlag und Redaktion zu haben.
Eine Entscheidung über den neuen Standort gibt es noch nicht? Nein, aber im Sommer sollte es so weit sein.
Die FAZ bleibt in Frankfurt? Wir hatten kurz überlegt, nach Berlin oder Hamburg zu ziehen, aber den Ausschlag zum Hierbleiben hat dann ein kurzer Blick auf die Bundesligatabelle gegeben. Im Ernst: Die FAZ bleibt in Frankfurt.
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