Hype

Coaching-Boom in Österreich

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Die Beratungsbranche genießt eine große Nachfrage. Wir verraten, wie man das beste Angebot für sich selbst findet.

Coaching liegt im Trend. Doch wer hier lediglich an sportliche Beratung denkt, muss seinen Horizont etwas weiter ausdehnen. Klar, gibt es auch sportliche Coaches, aber beraten lassen kann man sich auch in puncto Liebe, Arbeit oder Finanzen. Coaches sind de facto Personen, die ihren Kunden in unterschiedlichsten Bereichen helfen wollen, ihre Ziele zu erreichen. Und während laut der deutschen Psychotherapeutin Astrid Schreyögg anfangs Psychologen die Szene dominierten, findet man heute neben diesen auch Betriebswirte, Pädagogen, Soziologen, Juristen oder Philosophen in der Branche. In ihrem Einführungswerk in die Thematik (Campus Verlag, 2012) schreibt sie über die Entwicklung der Coaching-Szene: „Zwar bleiben bestimmte Wissensbestände, besonders im methodischen Bereich, deutlich an psychologisches bzw. psychotherapeutisches Fachwissen gekoppelt. Durch Spezialisierungen von Coaching etwa im Sinne von Business-, Gesundheits- oder Life­coaching lieferten aber nun andere Disziplinen ergänzende Beiträge in Richtung Managementlehre, Medizin oder Philosophie.“ 
 
Nicht geregelt
Life Coaches erheben den Anspruch, die eigenen Ideen, das Selbstvertrauen und die Persönlichkeit ihrer Klienten zu stärken. Sie agieren sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext, da u.a. gerade Unternehmen gerne die Kompetenzen ihrer High Potentials durch ebensolche Kurse und Trainings schärfen. Da der Begriff jedoch nicht gesetzlich geschützt ist, kann der genaue Tätigkeitsbereich variieren und sich eigentlich jeder „Coach“ nennen. Dadurch ist auch die Ausbildung der jeweiligen Anbieter höchst unterschiedlich – einen Studiengang oder eine klassische staatlich anerkannte Ausbildung gibt es in Österreich, wie auch in Deutschland oder der Schweiz nicht. Das bedeutet wiederum, dass Interessierte sich das Coaching-Training privat finanzieren müssen, um am Ende ein Zertifikat zu erlangen. Doch der ACC (Österreichischer Dachverband für Coaching) ist seit Jahren bestrebt, durch die Definition der Dienstleistung und eine Festlegung der Qualitätskriterien für Ausbildungseinrichtungen, sowie ein Gebot von Richtlinien für die berufliche Qualifikation, die Branche zu professionalisieren. In diesem Zuge entstand die ISO-17024-Kompetenzzertifizierung Coach, die eine internationale Norm und Vergleichsbasis in der Hülle des Angebotes darstellen soll. 

Zahlen und Fakten
Laut der letzten Studie der International Coach Federation (ICF), des größten internationalen Verbandes für Coaches und Berater aus 2016 gab es zum Zeitpunkt der Erhebung weltweit ca. 53.000 praktizierende Coaches. Der global erzielte Umsatz 2015 belief sich auf rund 2,7 Milliarden US-Dollar, was eine Steigerung von 19 Prozent gegenüber 2011 bedeutete. Der durchschnittliche Jahresumsatz eines Coaches beträgt, laut dieser Studie etwa 48.000 Euro. Auch nicht uninteressant: Coaching scheint ein weibliches Geschäft zu sein. Mehr als 67 Prozent der praktizierenden Coaches sind der Studie zufolge Frauen. Auch in Österreich überwiegen die weiblichen Beraterinnen, die mit mehr als 60 Prozent in der Heimat die Nase vorn haben. Der ACC schätzt, dass rund 19.000 Unternehmensberater und 5.000 Personenberater in Österreich ihre Leistungen anbieten. Aufgrund der vagen Gewerbeordnung, die kaum jemanden am Coaching hindert, ist es jedoch schwer, die ganze Bandbreite zu fassen, geschweige denn – für Kunden – den richtigen Berater, die richtige Beraterin für die eigenen Belange zu finden. Die Vermittlung zwischen Coach und Klient erfolgt in erster Linie über Vermittlungen, wie es im Branchenmagazin „Training“ heißt. Auch Date-Coach Eva Kinauer-Bechter behauptet im MADONNA-Interview, schon immer eine „aktive Netzwerkerin mit hoher sozialer Kompetenz“ gewesen zu sein – ein Attribut, das in ihrer Berufssparte sicherlich erfolgsfördernd ist. Des Weiteren werden die meisten Coaches von einem ständigen Weiterentwicklungsdrang getrieben. 
 
Defizite eingestehen
Doch woher kommt der Hype um die Lebensberater – ob nun auf Dienstleister-, aber auch Dienstnehmer-Ebene? Nachhaltigkeits-Beraterin Domenica Tscherne erklärt: „Die Herausforderungen für Menschen werden immer größer, und auch die Ansprüche, die viele an sich stellen – z. B. bei Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Coaching kann in jeder Lebenslage hilfreich sein. Viele, die ich kenne und die Coaching ausprobiert haben, wollen nicht mehr darauf verzichten. Es hilft oft, die Perspektive zu wechseln.“ Der Bedarf sei „schon immer vorhanden gewesen.“ Nur sei es heute gesellschaftlich akzeptiert, „sich Hilfe zu holen“. 
 

COACHES IM TALK

 
Corinna Maria Pfitzer: Intuitions-Coach

Was hat Sie zu Ihrer Ausbildung konkret inspiriert – gab es vielleicht sogar einen ausschlaggebenden Moment? 
Corinna Maria Pfitzer: Als ich im Mai 2015 mein erstes „Coaching mit Reading“ als Klientin erlebe, ist klar: Das will ich auch! Endlich klären sich die zentralen Fragen meines Lebens. Ich erhalte Antworten, die ich schon lange suche. Dieses Gefühl, so angekommen zu sein und gesehen zu werden, möchte ich weitergeben.
 
Welchen Beruf haben zuvor ausgeübt – und welchen Berufswunsch hatten Sie einst als Kind oder Teenager? 
Pfitzer: Als Kind wollte ich Lehrerin werden. Mit meiner Tätigkeit als Intuitionstrainerin und Bewusstseins­coach bin ich heute eine Art Wissensvermittlerin. Ich bringe Interessierten bei, wie sie ihre Intuition bewusst erkennen und ihr folgen können.
 
Auf welchen Coaching-Bereich sind Sie spezialisiert – und wieso? 
Pfitzer: Meine Klienten bezeichnen mich gerne als „Dolmetscherin der Seele“. Während eines Coachings mit Reading mache ich die Intuition, die innere Stimme, meines Gegenübers hörbar. KlientInnen kommen zu mir mit den Fragen, die sie gerade beschäftigen: Was kann ich tun, um meine Partnerschaft zu stärken? Was ist meine wahre Berufung? Wie kann ich freudvoller durchs Leben gehen? Ich bin Übersetzerin zwischen der Innenwelt und der Außenwelt meines Kunden. Unsere Intuition will immer nur unser Bestes! Sie weiß genau, was gut für uns ist. Damit ist sie die wertvollste Ratgeberin, die wir haben. Es begeistert mich, miterleben zu dürfen, wie meine KlientInnen während ­Coachings zu sich finden und ihren Weg hin zu einem authentischen und erfüllten Leben in Leichtigkeit und Freude gehen. 
 
Wie würden Sie selbst Ihre Zielgruppe definieren? 
Pfitzer: Menschen, die Antworten suchen auf die Fragen ihres Lebens. Menschen, die Verbesserungen in ihrem Privat- oder Berufsleben herbeiführen wollen und mit gängigen Techniken gescheitert sind. 
 
Was macht Sie zu einem guten Coach? 
Pfitzer: Die Einzigartigkeit meines Angebots – nämlich, dass es ausschließlich um das Übersetzen der Intuition geht und nicht um meine Meinung. Meine KlientInnen lieben meinen Tiefgang und die Leichtigkeit, die auch bei herausfordernden Themen immer da ist. Sie schätzen meine Empathie, meine sanfte Bestimmtheit und meine liebevolle Klarheit. Und ganz besonders, dass wir während eines Coachings mit Reading so unglaublich schnell auf den Punkt kommen.
 
Immer mehr Menschen widmen sich beruflich dem Thema Coaching – wieso, denken Sie, ist das so? Wird der Bedarf immer größer? 
Pfitzer: Nur wenn wir erkennen, wer wir wirklich sind und was uns in unserem Wesen ausmacht, können wir innere Zufriedenheit erlangen. Wir können uns den Luxus der Selbstfindung erlauben und holen uns dafür gerne die Unterstützung von Profis.
 
Wie offen sind aus Ihrer Sicht die ÖsterreicherInnen in Bezug auf die Inanspruchnahme einer Hilfestellung durch einen Coach oder Lebensberater? 
Pfitzer: Die Bereitschaft dafür steigt. Die zentralen Themen unseres Lebens wie Selbstfindung, Berufung, Erfüllung im Privaten wie im Beruflichen gewinnen an Bedeutung und wir suchen uns Experten, die uns unterstützen. 
 
Welche beruflichen Ziele haben Sie? 
Wo sehen Sie sich in 10 Jahren? 
Pfitzer: Ich möchte meiner Intuition noch mehr folgen und diesen Zugang noch mehr Menschen ermöglichen. Denn: Nur wer seiner Intuition und inneren Weisheit vertraut, kann langfristig authentisch und erfüllt leben.
 
Corinna Maria Pfitzer ist als Intuitions-Coach tätig. Infos unter:  corinnamariapfitzer.com
Eva Kinauer-Bechter: Dating-Coach
Was hat Sie zu Ihrem Job inspiriert?
Eva Kinauer-Bechter: Ich war immer schon eine aktive Netzwerkerin mit hoher sozialer Kompetenz, sehr kommunikativ und eine gute analytische Denkerin. Als sich die Gelegenheit bot, bei Prof. Kinauer (meinem heutigen Mann) eine Ausbildung zum Verkaufs- und Managementtrainer zu absolvieren, war das der perfekte Einstieg in die Coaching-Welt.
 
Welchen Job haben Sie zuvor ausgeübt? 
Kinauer-Bechter: Als Unternehmerkind war es für mich schon sehr früh klar, selbst Unternehmerin zu werden. Die Trainerausbildung habe ich bereits während meines Studiums an der WU begonnen. 
 
Wieso haben Sie sich konkret auf den Dating-Bereich spezialisiert? 
Kinauer-Bechter: Im Rahmen meiner Tätigkeit als Management-Coach wurde ich von einem CEO beauftragt, ihm seine Traumfrau zu finden. Da ich keine passende exklusive Partnervermittlungsagentur fand, entschloss ich mich 2000 zur Gründung meiner eigenen Agentur. Ich bin die einzige Agentur weltweit, die ihre Klienten einander beim ersten Date persönlich vorstellt. Das Coaching im Vorfeld, die Moderation der Dates und das Feedback danach ist ein Service, den ausschließlich meine Kunden genießen. 
 
Was macht Sie zu einem guten Coach? 
Kinauer-Bechter: Durch meine jahrzehntelange Erfahrung gibt es fast keine Situation, die ich noch nicht erlebt habe. Ich habe in den letzten 20 Jahren über 20.000 Gespräche mit Singles geführt und dadurch ein gutes Gespür für die Wünsche, Sehnsüchte und Bedürfnisse der Menschen entwickelt.
 
Eva Kinauer-Bechter ist Inhaberin ihrer eigenen exklusiven Partnervermittlung. Infos: kinauer-bechter.com

 

Domenica Tscherne: Nachhaltigkeitsberaterin
Definieren Sie bitte Ihre Zielgruppe.
Tscherne: Menschen in der Wirtschaft, die erkannt haben, dass nachhaltiges Handeln und Wirtschaft kein Widerspruch sein muss, sondern viele Chancen mit sich bringt.
 
Was hat Sie zu Ihrer Ausbildung inspiriert – gab es vielleicht einen ausschlaggebenden Moment?
Domenica Tscherne: Umweltthemen aber auch gesellschaftspolitische Themen haben mich schon immer interessiert. Meine internationalen Jobs gaben mir die Möglichkeit, Produktionsstätten in Asien zu besuchen und da zu sehen, unter welchen Bedingungen Produkte für westliche Unternehmen hergestellt werden. Damals hatte ich zwar schon ethische Bedenken, aber welche Auswirkungen Entscheidungen, die wir hier treffen auf andere haben, das hatte ich mit Ende 20 und in den 90ern noch nicht wirklich am Radar. Dann wurde ich mit Mitte 30 Mutter und mein Fokus hatte sich verändert.
 
Welchen Berufswunsch hatten Sie einst als Kind beziehungsweise Teenager? Wie war dann Ihr Werdegang?
Tscherne: Berufswünsche hatte ich als Kind viele, von Bäuerin bis hin zur Architektin. Letztendlich habe ich Wirtschaft studiert und war viele Jahre in großen internationalen Konzernen im Produktmanagement, Marketing und Vertrieb tätig. 
 
Auf welchen Coaching-Bereich sind Sie spezialisiert – und wieso?
Tscherne: Ich berate keine Einzelpersonen, sondern Menschen in Unternehmen rund um das Thema Nachhaltigkeit. Hier geht es nicht nur um verantwortungsvolles Wirtschaften, sondern vor allem um die Erkenntnis, dass Entscheidungen in Unternehmen Auswirkungen auf uns alle haben.

Immer mehr Menschen widmen sich beruflich dem Thema Coaching – wieso, ­denken Sie, ist das so? 
Tscherne: Die Herausforderungen für Menschen werden immer größer und auch die Ansprüche, die viele an sich stellen – z. B. bei Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Coaching kann in jeder Lebenslage hilfreich sein. Viele, die ich kenne und Coaching ausprobiert haben, wollen nicht mehr darauf verzichten. Es hilft oft, damit die Perspektive zu wechseln.
 
Welche beruflichen Ziele haben Sie sich noch gesteckt? Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?
Tscherne: In zehn Jahren möchte ich immer noch so viel Spaß daran haben, Menschen in Unternehmen zu einem nachhaltigeren Wirtschaften zu beraten. Mein Ziel ist es, noch viele Organisationen in dieser Hinsicht zu unterstützen.
 
Domenica Tscherne berät Unternehmen, die sich nachhaltiger ausrichten wollen. Infos: csr-vienna.com


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