Weltmeteorologietag: Wie die Ozeane unser Wetter beeinflussen

Menschen spazieren mit ihren Hunden in einem schneebedeckten Gartenlabyrinth in Gelsenkirchen, 10.02.2021
Menschen spazieren mit ihren Hunden in einem schneebedeckten Gartenlabyrinth in Gelsenkirchen, 10.02.2021 Copyright AP Photo/Martin Meissner
Von Euronews
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Am Welttag der Meteorologie erinnert die Weltwetterorganisation an die bedeutende Rolle der Ozeane für Wetter und Klima.

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"Der Ozean, der etwa 70 % der Erdoberfläche bedeckt, ist ein wichtiger Treiber für das Wetter und das Klima der Welt. Er spielt auch eine zentrale Rolle beim Klimawandel. Der Ozean ist auch eine wichtige Triebkraft der Weltwirtschaft, da er mehr als 90 % des Welthandels transportiert und die 40 % der Menschheit, die in einem Umkreis von 100 km von der Küste leben, ernährt", heißt es auf der Seite der Weltwetterorganisation (World Meteorological Organisation, WMO) anlässlich des Weltmeterologietages. 

Zum Weltmeteorologietag hat die Weltwetterorganisation das Zusammenspiel von Ozean, Klima und Wetter in den Mittelpunkt gestellt. Und tatsächlich kommt dem Meer bei der Beeinflussung unseres Wetters eine wichtige Bedeutung zu.

Wie die Atlantische Umwälzzirkulation unser Wetter beeinflusst

Ein Beispiel ist die Atlantische Umwälzzirkulation (AMOC), zu der auch der Golfstrom zählt, die Wärme aus den Tropen in die nördliche Halbkugel transportiert. Damit beeinflusst sie entscheidend das Wettergeschehen auf der Nordhalbkugel der Erde. Immer mehr Studien legen jedoch nahe, dass diese Meeresströmung immer schwächer wird und im schlimmsten Fall ganz zum Erliegen kommt.

Dies hätte fatale Auswirkungen nicht auf unser Wetter, sondern auf unser Leben - die Landwirtschaft, Artenvielfalt und nicht zuletzt die wirtschaftliche Stabilität, in den Regionen, die von der Umwälzzirkulation beeinflusst werden.

Unter Klimawissenschaftler:innen wächst die Sorge, dass mehrere klimatische Subsysteme dauerhaft und abrupt in einen neuen Zustand "kippen" könnten, wenn der atmosphärische CO2-Gehalt in der Erdatmosphäre über einen noch nicht bekannten Schwellenwert hinaus getrieben wird.

Die Auswirkungen der immer schnelleren Erderwärmung betrifft also nicht nur die Atlantische Umwälzzirkulation, sondern auch andere klimatische Subsysteme, wie die Eisschilde der Antarktis und Grönlands, der Amazonas-Regenwald, der asiatisch-australische Monsun, das Meereis des Arktischen Ozeans.

Läuft uns die Zeit weg?

Ein entscheidendes Problem ist die Geschwindigkeit, mit der sich Erde erwärmt und das Eis an den Polen zum Schmelzen bringt. Eine Studie zu Modellberechnungen, das die dänischen Forscher Johannes Lohmann und Peter Ditlevsen vom der Niels Bohr Institut der Uni Kopenhagen jüngst in der Fachzeitschrift PNAS veröffentlichten, legt nahe, dass die Umwälzzirkulation lange vor dem erwarteten Zeitpunkt "kippen" könnte, wenn Süßwasser schneller als angenommen in den Atlantik fließt.

Wurde von den Wissenschaftlern ein beschleunigtes Abschmelzen des Grönland-Eises über einen Zeitraum von 10 - 150 Jahren simuliert, d.h. ein Süßwassereintrag mit unterschiedlichen Raten, tendierte die Atlantische Umwälzströmung dazu, in einen Ruhezustand zu verfallen, und zwar noch lange, bevor die errechnete Kippschwelle erreicht wurde.

Auch andere Forscher beobachten die Verlangsamung der Meeresströmung im Nordatlantik. Forscher am Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) fanden heraus, dass sie sich um 15 Prozent seit Mitte des 20. Jahrhunderts verlangsamt hat - als eine Folge der von Menschen verursachten Klimaerwärmung. Zuletzt haben die Forscher mit einer in der Fachzeitschrift Nature Geoscience veröffentlichten Studie Proxydaten (aus natürlichen Umweltarchiven wie Baumringne, Eisbohrkernen und Ozeansedimenten) zusammengestellt, mit deren Hilfe die Strömungsgeschichte der Atlantischen Umwälzströmung rekonstruiert werden konnte. Sie bestätigt, dass die Meeresströmung bis zum Ende des 19. Jahrhunderts relativ stabil war und erst seit Mitte des 20. Jahrhunderts eine Verlangsamung zu beobachten ist.

Warum wird die Atlantische Umwälzzirkulation immer langsamer?

Die Erderwärmung, die durch den stetig wachsenden Ausstoß von Treibhausgasen angetrieben wird, wird als Grund für die Verlangsamung der Zirkulation vorhergesagt. Bei der Atlantischen Umwälzströmung gelangt warmes und salzhaltiges Oberflächenwasser von Süden nach Norden. Dabei kühlt es sich ab und wird dichter, wodurch es - sobald es schwer genug ist - in tiefere Ozeanschichten absinkt und zurück in den Süden fließt. Durch die Erderwärmung passiert allerdings folgendes: die Niederschläge im nördlichen Atlantik nehmen zu und die Eisschilde auf Grönland schmelzen schneller ab. Damit gelangt mehr Süßwasser in den Ozean und "verdünnt" das salzhaltige Wasser, das damit auch eine geringe Dichte besitzt und nicht so schnell absinkt. Die Folge: die Meereszirkulation wird abgeschwächt. Sie führt auch zu einer Beobachtung, die die Forscher als “Kälteblase” im Nordatlantik bezeichnen und die die beobachtete Abkühlung des Nordatlantik bezeichnet.

Was bedeutet die Verlangsamung der Atlantischen Umwälzströmung für unser Wetter?

Die Auswirkungen der immer langsamer werdenden Meeresströmung wird auf beiden Seiten des Atlantiks spürbar sein. In den USA könnte der Meeresspiegel an der Ostküste deutlich ansteigen, da die Ablenkung der Wassermassen (nach rechts, durch die Erdrotation) mit der langsamen Strömung schwächer wird und sich so mehr Wasser aufstauen kann. Für Europa könnte eine schwache Umwälzzirkulation zu mehr Extremwetterereignissen führen, wie Hitzewellen (und kaum Niederschläge) im Sommer und extreme Kälte im Winter. Die genauen Konsequenzen sind oft schwer vorherzusagen. Allerdings geben Modell-Berechnungen wichtige Hinweise darauf, dass Klima-Subsysteme kippen können, weil sie durch die globale Erwärmung zu schnell angetrieben werden.

"Wenn wir die globale Erwärmung auch künftig vorantreiben, wird sich das Golfstrom-System weiter abschwächen – um 34 bis 45 Prozent bis 2100, gemäß der neuesten Generation von Klimamodellen", erklärt Stefan Rahmstorf vom PIK. "Das könnte uns gefährlich nahe an den Kipppunkt bringen, an dem die Strömung instabil wird."

Welt steuert noch immer auf katastrophalen Temperaturanstieg von über 3 Grad zu

Ein Appell an die Menschheit, ihre CO2-Emissionen drastisch zu reduzieren. Von den im Pariser Klimaabkommen von 2015 vereinbarten Ziel "den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur deutlich unter 2 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu halten und die Bemühungen fortzusetzen, den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen" sind die meisten der Unterzeichner-Staaten weit entfernt, allen voran die G20-Länder, die für den Ausstoß von 80 Prozent der Treibhausgase verantwortlich sind.

Im erst kürzlich veröffentlichten Emissions Gap Report 2020 des Umweltprogramms der Vereinten Nationen heißt es gleich zu Beginn: "Die Welt steuert immer noch auf einen katastrophalen Temperaturanstieg von über 3°C in diesem Jahrhundert zu". Daran hat auch die Corona-Krise wenig geändert. Gerade mal 7 Prozent weniger CO2 wurde 2020 im Vergleich zum Vorjahr ausgestoßen, bedingt durch Rückgang des weltweiten Verkehrsaufkommens. Treibhausgase in der Atmosphäre haben im Vergleich zum Vorjahr weiter zugenommen. 

Die Autoren sehen jedoch eine Chance in der Zeit der wirtschaftlichen Erholung nach der Corona-Pandemie strukturelle Änderungen einzuführen, die eine Trendwende einleiten- und den Übergang zu einer CO2-effizienteren Wirtschaft erleichtern könnten, wenn jetzt an den richtigen Schrauben gestellt wird. Denn egal, welches Szenario sich am Ende im Nordatlantik einstellt - unser Handlungsspielraum bietet keinen Platz für Fehler.

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