Interview: Internationale Studierende brauchen Unterstützung

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An der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (OVGU) in der Abteilung Relationship Management werden internationale Studierende persönlich von Anja Deutschmann betreut. Sie sprach mit uns darüber, wo die Herausforderungen beim Jobeinstieg für ausländische Absolventen liegen.

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„Der Großteil der internationalen Studierenden sucht Beratung, wenn das Thema Jobeinstieg akut wird“, Beraterin Anja Deutschmann

Employland: Internationale Absolventen sind in den Zeiten des Fachkräftemangels ein wichtiges Potenzial für den deutschen Arbeitsmarkt. Sie gelten als Idealzuwanderer. Doch obwohl die Mehrheit von ihnen in Deutschland bleiben möchte, kehrt mehr als die Hälfte ins Heimatland zurück. Es heißt, es fehle an Unterstützung und dass diese zu spät ansetzt. Wann beginnen sich die Studierenden bei Ihnen zu informieren?

Anja Deutschmann: Der Großteil der internationalen Studierenden kommt zum Ende des Studiums zu mir, wenn die Thematik des Jobeinstiegs akut wird bzw. wenn der Wunsch besteht, eine Abschlussarbeit im Unternehmen zu schreiben.

Employland: Wissen sie denn, dass sie sich an Sie wenden können? Wie sorgen Sie für die Verbreitung der Info?

Anja Deutschmann: Die Studierenden werden via Facebook, durch einen regen Austausch mit den Fachschaften und über regelmäßig stattfindende Veranstaltungen (Bewerbertrainings, Berufsperspektiven…) in jedem Semester auf unseren Service aufmerksam gemacht. Eine gesonderte Unterstützung für internationale Studierende gibt es erst seit Mai diesen Jahres, daher ist der Bekanntheitsgrad bei den internationalen Studierenden sicherlich bisher eher gering.

Employland: Mit welchen Fragen kommen internationale Studierende zu Ihnen? Was sind deren Bedarfe?

Anja Deutschmann: Ein Großteil der Fragen bezieht sich auf die Anfertigung der Bewerbungsunterlagen (Form, Inhalt, Formulierung, Aufteilung, Anhänge). Auch Hinweise zu (regionalen) Unternehmen und Jobportalen werden gern angenommen. Einige Studierende kommen im Zuge des Bewerbungsprozesses auch immer wieder zur mir, um kleinere Fragen zu klären, z.B. Wie reagiere ich auf die Mail des Personalers? Welche Unterlagen muss ich noch nachreichen? Wo erhalte ich diese? Wie bereite ich mich auf das Jobinterview vor? Weiterer Beratungsbedarf besteht zum deutschen Arbeitsmarkt und zur Einschätzung der Relevanz der eigenen Kompetenzen für das Unternehmen.

Employland: Warum finden viele der internationalen Absolventen keinen Job in Deutschland?

Anja Deutschmann: Internationale Studierende kennen sich im allgemeinen schlechter mit den Mechanismen und Anforderungen des deutschen Arbeitsmarktes aus. Viele ergreifen leider auch erst sehr spät konkrete Maßnahmen, um in bestimmten Arbeitsbereichen tätig zu werden. Vielen ist unter anderem die Möglichkeit kaum bekannt, sich durch die Auswahl bestimmter Wahl- und Wahlpflichtkurse bereits früh im Studium auf eine Tätigkeit in bestimmten Wirtschaftsbereichen vorzubereiten. So könnten sie sich für ein Unternehmen interessanter machen. Auch ihre Erwartungen an eine Tätigkeit in der Wirtschaft sind teilweise nicht realistisch. Auf Unternehmensseite haben wir leider bereits des Öfteren die Erfahrung machen müssen, dass Studierende auf Grund mangelnder Deutschkenntnisse und der „zu erwartenden kulturellen Schwierigkeiten“ (z.B. Unpünktlichkeit) abgelehnt werden.

Employland: Ab dem Wintersemester wird es an der OVGU ein Veranstaltungsangebot speziell für internationale Studierende geben. Es soll die fachlichen Anforderungen an eine Arbeit in der Wirtschaft beleuchten. Wie sieht das in der Praxis aus?

Anja Deutschmann: Neben englischsprachigen Bewerbungstrainings durch externe Referenten, werden von Dozenten aus der Wirtschaft Veranstaltungen zu Fachthemen, Unternehmensvorstellungen und Einstiegsmöglichkeiten durchgeführt.

Employland: Wie wichtig sind englischsprachige Bewerbungstrainings?

Anja Deutschmann: Wir erwarten von den Studierenden eine frühzeitige Beschäftigung mit dem Thema Berufseinstieg, bieten bisher jedoch ausschließlich Angebote in deutscher Sprache an. Ein Großteil der Studierenden studiert bei uns jedoch auf Englisch und erlernt Deutsch erst im Laufe des Studiums, sodass eine frühzeitige, sinnvolle Vorbereitung in englischer Sprache erfolgen muss, um alle Studierenden zu erreichen und allen interessierten Studierenden offen zu stehen.

Employland: Und zum Abschluss: Was raten Sie internationalen Studierenden insgesamt, um ihre Chancen auf einen Job in Deutschland zu erhöhen?

Anja Deutschmann:

– Frühzeitige Beschäftigung mit und Vorbereitung auf den Jobeinstieg durch den Besuch von Bewerbertrainings, durch Praktika und durch die bewusste Auswahl von Wahlpflichtfächern

– Konsequentes Training der deutschen Sprache, auch wenn sie für das Studium und die Kommunikation im Freundeskreis nicht primär benötigt wird

– Aufbau eines Netzwerkes außerhalb der eigenen Community durch z.B. Messebesuche

– Entwicklung eines Bewusstseins der Studierenden (und auch der Unternehmen) für die Bedarfe des jeweils anderen

 

Auch in unserem Blog: Es ist erwiesen, Praktika und ehrenamtliches Engagement erhöhen Jobchancen für internationale Absolventen. Was Arbeitgeber tun können, um die Idealzuwanderer zu halten, lesen Sie hier. Erfahren Sie mehr darüber, wie sehr Deutschland auf internationale Fachkräfte angewiesen ist.

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