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Watt En Schlick Fest 2016

Das dritte Watt En Schlick Fest - Strand und Watt und Musik satt.

Nordseebad Dangast (sd)    Was kann es besseres geben, als die schönen Dinge im Leben miteinander zu kombinieren und in guter Gesellschaft, mit Gleichgesinnten zu genießen. Was braucht man also alles für ein gelungenes Sommerwochenende?

Sven Regener / Element of Crime - Element of Crime waren Headliner am letzten Tag des Watt En Schlick Fest 2016 im Nordseebad Dangast. Foto: Sven A. Droste

Ok, Sommerwochenende? ... also Sonne wäre nicht schlecht, dann etwas Strand und etwas Meer, mal mehr und mal weniger, aber wenn weniger, dann ist ja ersatzweise noch Watt da. Dazu ein Bisschen ausgewählte Musik, also auch ein Bisschen mehr ausgewählte Musik, denn um ein Festival an 3 Tagen und mit drei Bühnen zu füllen, da braucht man schon ein paar Hand voll Bands .

Am letzen Freitag des Julie 2016 geht's los (Festivalimpressionen). Es sieht viel versprechend aus, die Sonne lacht und am Vormittag sieht man schon viele Menschen am Strand, die so ausschauen, als würden sie nur darauf warten, dass das Watt En Schlick Fest eindlich seine Tore öffnet. Als aber am frühen Nachmittag der eigentliche Startschuss fällt, ziehen bereits ein paar Wolken auf und es dauert nicht so lange bis die ersten Tropfen fallen.

Die Kytes (Fotos) aus München habe noch Glück, sie können ihre energetische Show trocken über Bühne bringen, aber kurz danach kommt der Regen und viele Besucher suchen Schutz im großen Zirkuszelt, in dem zu dem Zeitpunkt Kurzfilme gezeigt werden. Der Regen bleibt eine weile, aber wie das an der Küste so ist, das Wasser kommt, das Wasser geht, sowohl oben wie auch unten.

Als Svend Hammond (Fotos) auf der Bühne stehen, haben einige die FlipFlops gegen Gummistiefel getauscht und es hat sich merklich abgekühlt. Das Hindert Organist Sven Figee, Sänger Ivan Peroti und ihre Kollegen nicht zu rocken, bis die Tasten glühen. So steigen die Temperaturen auf und vor der Bühne wieder.

Auf der Palettenbühne spielt Pohlmann (Fotos), nur unterstützt von Hagen Kuhr am Cello. Es herrscht bei Lagerfeuerstimmung, und dass ganz ohne Lagerfeuer. Die beiden bieten eine wunderschöne intensive und intime Show, die auch nicht vom einsetzenden Nieselregen getrübt werden kann. Es macht die Performance der beiden nur interessanter, besonders, als eine junge Dame mit Schirm eine spontane Tanzdarbietung auf der Bühne startet. Ingo und sein Kollege sind hell auf begeistert und laden die Lady für später noch auf einen Drink ein.

Den Libanon werden nicht viele als Quelle interessanter Musik auf dem Zettel haben. Doch Beirut hat so einiges zu bieten. Who killed Bruce Lee (Fotos) zählen zu einem der spannendsten Music Acts des Nahen Ostens. Ihr Sound erinnert zwar entfernt an die fast unerreichbaren System of a Down, sie liefern aber einen wilden Mix aus Electro und Rock und vor allem jeder Menge Groove. Das Zelt schwitzt!

Im Anschluss spielt die Schweizer Multilinguistin Sophie Hunger (Fotos) auf der Hauptbühne. An Klavier und Gitarre performt sie ihre Songs mit Leib und Seele, mit jeder Faser ihres Körpers. Man hat bei Ihrer Show das Gefühl, dass sie irgendwie in eine Parallelwelt schlüpft und nicht so ganz im Hier und Jetzt, sondern eher tief in ihrer Musik ist.

An Fraktus (Fotos) scheiden sich die Geister, so scheint es. Da werden doch im Publikum ernsthaft Fragen nach der Ernsthaftigkeit des Projektes gestellt und es wir in Frage gestellt das Fraktus den Techno erfunden haben. Man hört immer wieder Kraftwerk ... Kein Kommentar! Wenn man weiß, das hinter Fraktus Heinz Strunk, Rocko Schamoni und Jacques Palminger, also Studio Braun stecken, der muss sich all diese Fragen nicht stellen, sondern geniest einfach die verrückte Show der drei - Affe sucht Liebe!

Die Nachtschicht bestreiten dann Tender Games mit einem Live Set im Zelt.

Der frühe Vogel fängt den Wattwurm, der nicht ganz so frühe Vogel steigt trockenen Fußes mit William Fitzsimmons (Fotos) aus Pittsburgh/USA wieder in den Festivaltag ein. Der Singer/Songwriter kommt mit Violinistin und Sängerin auf die eigentlich überdimensionierte Hauptbühne um die Strandläufer bei strahlendem Sonnenschein mit tief Melancholischen Songs zu unterhalten. Die Kombination aus super Wetter, Location und seinen Songs amüsiert den Amerikanischen Sänger und so ist er bester Laune und geniest seinen Auftritt genau so wie seine Zuhörer.

Im Zelt stehen die Zeichen heute auf HipHop. Fatoni (Fotos), Zugezogen Maskulin (Fotos) und Umse (Fotos) reissen das Zirkuszelt fast ab bei Ihren Auftritten und brechen eine Lanze für den zeitgenössischen HipHop, jenseits des tumben Ghetto Stils. Alle zeigen beste Skills, was pointierte Texte angeht, aber auch die Darbietungen sind mit vollem Körpereinsatz. Allen voran Zugezogen Maskulin, Grim104 und Testo stehen wirklich keinen Augenblick still, also ist volle Aufmerksamkeit von Augen und Ohren gefordert.

Kleiner Exkurs - Wie quatscht man einen "Promi" in freier Wildbahn an und wie nicht? Moritz Wilken aka Grim104 von Zugezogen Maskulin sitzt mit Freunden auf dem Gelände an einem Tisch und ist. Ein Typ, Kippe in der einen, Bier in der anderen Hand, kommt von hinten an: Ey, geile Sache, können wir ein Foto machen? So macht macht man es definitiv nicht, Moritz bleibt aber locker und sagt: "Ja, aber schnell, ich esse!" Besser hat es ein anderer Besucher gelöst. Heinz Strunk steht bei Kakkmaddafakka im Publikum. Ein Typ kommt mit einem Bier in jeder Hand durch die Menge und steht etwas unverhofft vor ihm. "Ey Heinz, willst 'n Bier?" Heinz Strunk: "Äh ... Ja!" Ein paar Worte werden gewechselt, es wird angestoßen und dann macht sich der Typ wieder auf den Weg. Alles richtig gemacht, Daumen hoch.

Auf der Hauptbühne steht zwischenzeitlich auch ein Rapper. Romano (Fotos) entspricht nicht dem Archetypus des Genres. Der Köpenicker ist mit Band unterwegs, Schlagzeuger und Keyboard begleiten seinen Flow. Romano selbst, seine Musik und seine Show zu beschreiben ist etwas schwierig, denn weder seine Texte noch die Musik noch die Performance entsprechen irgendwelchen Cliches. Man kann nur eins sagen, er hat es drauf und die Leute feiern ihn und sich selbst. Romanos Botschaft: "Brecht aus, macht Euer Ding, lebt Euer Leben!"

Die Beiden Bands, die Samstags noch die Hauptbühne bespielen können musikalisch einfach nicht unterschiedlicher sein. FM Belfast (Fotos) aus Island auf der einen Seite stehen für gute Laune, Pop, Dance und Glitter-Flitter. Ihre Musik zwingt zum Tanzen und Elektro-Pop-Kombo aus Reykjavik sind dabei unheimlich sympathisch und die gute Laune, die sie mit jeder Faser ausstrahlen ist einfach anstecken. Man hüpft sich einfach Glücklich.

Kakkmaddafakka (Fotos) setzen den Schlussakkord auf der großen Bühne, die Kapelle aus Norwegen, geht musikalisch Zwar eine anderen Weg als Ihre Vorgänger, das Ziel der Band ist aber das gleiche, maximale Eskalation im Sand. So gehen sie gleich in die vollen und treiben ihr Publikum mit Ihren Songs immer weiter an. Die Norweger haben bereits ihr viertes Album veröffentlicht und schöpfen aus dem Vollen. Die Brüder Axel und Pål Vindenes und ihre Kollegen geben einfach alles um den Abend zu einem unvergesslichen Erlebnis für die Strandmeute zu machen.

Der Sonntag steht im Zeichen der Newcomer bis ein paar alte Hasen das Ende des Watt En Schlick Fest 2016 versüßen werden. Mighty Rooks (Fotos) aus den westfälischen Hamm, haben ich Ihre Sporen schon als Support Akt verdient. Die 5 Jungspunde begleiteten Kraftklub im Frühjahr für ein paar Shows, zwischen denen sie abends immer schön nach Hause mussten, damit sie morgens pflichtbewusst zur Schule gehen konnten, nur um dann abends mit der Karl-Marx-Städtern die Bühne zu rocken. Es macht auch in Dangast Spaß den Jungs zu zuschauen, und zu hören, denn Sie machen Musik mit Leidenschaft und man mag, wenn man sie auf der Bühne sieht, nicht glauben, dass sie noch so grün hinter den Ohren sind. Mighty Rooks sollte man auf jeden Fall weiter im Auge behalten.

Joco (Fotos) kennt man vom ESC Vorentscheid, den die Schwestern Josepha und Cosima leider nicht für sich entscheiden konnten. Hier in Dangast ist das ganz anders. Die beiden Hamburgerinnen sind zwar optisch ein wenig verloren auf der großen Bühne, aber nur optisch, denn mit ihrer Musik, geprägt von Klavier und spärlichen Drums, überzeugen sie ihr Publikum schnell, dazu sind sie sehr sympathisch. Die Geschwister Carl liefern ein wunderschönes Set an eine wunderschönen Ort.

Jungspunde sind Plewka & Schmedtje (Fotos) nicht mehr, können sie doch schon auf viele viele Jahr im Musik Business zurückschauen. Eine ungewöhnlichen Auftritt bieten die beiden aber schon. Jan Plewka, Sänger der Band Selig, lässt eine Beutel im Publikum herum gehen, in dem, wie er erzählt, alle Songs enthalten sind, die Marco Schmedtje und er zusammen spielen können. So ist die Show ein Zufallsprodukt bei dem weder Musiker noch Publikum wissen, was sie als nächstes erwartet. Gutes Konzept und guter Auftritt.

Bis es zum Grand Finale mit Element of Crime kommt sehen noch einige Bands und Künstler auf dm Programm. Da sind z.B. Meute (Fotos), das unheilige Kind einer Nacht, in der Marusha mit Ernst Mosch ins Bett ging. Mit dem Setting eine Marching Band spielen sie Techno und Deep House und ... einfach ein elektro-akustisches Blasmusik-Inferno und so bunt als wäre der Zirkus in der Stadt. Nice!

Ein musikalische Perle ist auch auf der Paletten Bühne zu finden. Mister Me (Fotos) aka Mischa Meißner oder besser, Mischa Meißner aka Mister Me, steht mit Band auf der kleinen Palettenbühne und lässt sein Publikum nah an sich heran und liefert eine intime aber auch unheimlich kraftvolle Show ab, die für die ein oder andere Gänsehaut sorgt. Irgendwie hat man das gefühlt, Mischa legt seine Seele auf die Bretter der Bühne.

Crossover zwischen Blasmusik und Rap und HipHop ist kein wirklich neues Ding mehr. Die bekanntesten Vertreter der "New Wave of Bavarian Blasmusik" LaBrassBanda und MoopMama haben es schon eindrucksvoll gezeigt wie man es macht. Dicht & Ergreifend (Fotos) aus der Gegend von Dingolfing bleiben aber näher am original, Sie setzen auf eine Mischung des klassischen HipHop Setup mit DJ und MCs in Kombination mit geblasenem Blech. Als die 5 auf die Bühne gehen ist es vor bei mit der Ruhe, die die flackernden Friedhofkerzen auf dem DJ Pult erahnen lassen. Das Zelt bounced und grooved sich durch den frühen Abend und die Hüften schwinge sich zum Sound von Trompete und Tuba.

Immo Wischhusen aka Flowin Immo (Fotos) taucht immer wieder beim Watt En Schlick Fest auf. Er ist Host auf der Paletten Bühne und gibt immer wieder ein paar Kostproben des Flows in Immo. Er performt mit Crème de la Brême, steigt der Palette aufs Dach oder kommt am Sonntag Abend frisch durch den Schlick gezogen auf die Bühne, um mit Loopmaschine und Mikrofon ein Solo aufs Palett zu legen. Unterhaltung nach Kundenwunsch könnte man es nenne, denn das Publikum entscheidet über Musikstil und Inhalt der Unikate, die Immo aus der verschlammten Buxe zaubert. Es geht um "Deine Mudda", den Dangaster Strandpimmel und die Liebe im Besonderen. Guter Mann, der Herr Wischhusen, ein echtes Wortakkrobationstalent. Eigentlich schade, dass die Improvisationen nur die Haltbarkeit ihrer eigenen Darbietung haben, denn Immo löscht den Track nach jedem Track. Während auf der anderen Seite des Jadebusens Wilhelmshaven im Unwetter versinkt bleibt man am Dangaster Strand weitgehend verschont und die paar Tröpfchen die fallen, die fallen niemandem auf, denn Immo lässt nicht locker und haut einen nach dem andern raus. Alle Daumen hoch.

Zum Grand Finale haben die Macher des Festivals die großartigen Element of Crime (Fotos) eingeladen. Eigentlich kann man sich für dieses Festival im hohen Norden keinen bessern Act vorstellen. Erstens hat Sven Regener seine Wurzel im nicht weit entfernten Bremen und ... ach überhaupt, es kann halt nicht besser sein, es sei denn man Mag Element of Crime nicht, aber dann kann man ja schon mal gehen. Die Sonne hat sich mittlerweile den Himmel wieder zurück erobert und wandert langsam aber sicher in Richtung Horizont. Element of Crime geben ihr bestes, tolle Texte bei herrlich unaufgeregter Musik und einem fast ausgelassen wirkendem Sven Regener. Alles ist perfekt, die Sonne versinkt wiedermal im Westen, taucht den Strand in kitschiges, goldenes Licht und am Ende kommt Delmenhorst.

Ach ja, was soll man sagen zu diesem wunderbaren, kleinen, großartigen Festival (Impressionen, Fotoübersicht) am Strand des Jadebusens? Was ist das für ein Gefühl, wenn man nach drei Tagen Sandstapferei erschöpft sein Haupt ablegt? Verliebtheit? Ja, genau das ist es. Verliebt in dieses Festival, die Leute, die Gegend. Und da ist eine Menge Respekt für die, die sich das ganze ausgedacht und auf die Beine gestellt haben. Für die, die sich vor 4 Jahre überlegt haben, dass Dangast ein Festival braucht und diese Idee nun schon zum dritten mal mit vereinter Kraft auf die Beine gestellt haben. Das das ganze Unterfangen Watt En Schlick Fest ein voller Erfolg war und ist, sieht man daran, das der Vorverkauf für das kommende Jahr schon läuft und die Festivalfreunde den Veranstaltern so viel Vertrauen schenken, dass die Early-Early-Bird Karten schon ausverkauft sind, ohne dass auch nur ein einziger Name bekannt ist. Watt En Schlick Fest, es war toll bei Euch, bis zum nächsten Mal.


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