Expertenbeitrag

Dr. Martin Klapdor

Dr. Martin Klapdor

Senior Solutions Architect, Netscout

IoT an Airports Was der digitale Flughafen der Zukunft leisten muss

Autor / Redakteur: Dr. Martin Klapdor / Redaktion IoT

Flughäfen müssen ein stetig höheres Abfertigungsvolumen erbringen können. Die Digitalisierung und das Internet der Dinge (IoT) bieten das Potenzial für eine effizientere Abwicklung.

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Auch Flughäfen können von der zunehmenden Vernetzung profitieren.
Auch Flughäfen können von der zunehmenden Vernetzung profitieren.
(Ashim D’Silva / www.unsplash.com)

Die Zahl der Fluggäste weltweit steigt immer weiter an, für diesen Trend sehen die Experten des statistischen Bundesamtes in den nächsten Jahren keinen Abriss. Dementsprechend müssen Flughäfen ein stetig höheres Abfertigungsvolumen erbringen können. Die Digitalisierung und insbesondere das Internet der Dinge (IoT) können genau dies leisten. Denn sie bieten das Potenzial für straffere Betriebsabläufe und somit für eine effizientere Abwicklung. Sowohl im operativen, als auch im Fluggastservice ergeben sich durch die Digitalisierung offensichtliche Vorteile. 

Mit dem Internet der Dinge wird ein Echtzeit-Überblick über den Zustand aller für den Flugbetrieb relevanten Anlagen realisierbar. So ist es möglich, Remote-Sensoren für die Überwachung der Landebahnen und ihrer Umgebung zu betreiben. Digitale Kontrolltürme steuern vollautomatisch die Auslastung der Landebahnen und kommunizieren zeitoptimiert mit den Cockpits der Flugzeuge. Überwachungskameras mit automatischer Gesichtserkennung ermöglichen eine höhere Sicherheit in den Abfertigungsbereichen und eine zielgerichtete Einbindung von Security-Personal.

Verkürzte Wartezeiten – Chance und Risiko für die Flughäfen

Auch für Reisende hat eine zunehmende Digitalisierung der Flughäfen ganz praktische Vorteile: so können durch intelligente Beschilderungen und Informationsanzeigen Besucherströme optimal gesteuert werden, um Wartezeiten zu minimieren. Das Angebot einer vollautomatisierten Gepäckaufgabe und Self-Check-In gestalten den Reiseantritt angenehmer und reibungsloser. Eine gesamte Vernetzung ermöglicht es damit Reisenden, Echtzeitinformationen zu ihrem Reiseverlauf zu erhalten sowie zu geschätzten Wartezeiten, öffnenden Gates und anlaufenden Gepäckbändern.

Eine so verkürzte Reisedauer ist für Fluggäste ein erstrebenswertes Ziel, hat aber auch eine Kehrseite für die Flughafenbetreiber: Das sogenannte Non-Aviation-Geschäft macht an einigen Airports bis zu 50 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Wird also die Wartezeit von Passagieren an Flughäfen minimiert, haben diese weniger Möglichkeiten und Interesse, in Airport-Shops einzukaufen und Gastronomie-Angebote zu nutzen. Dieser „Kehrseite“ können Flughafenbetreiber jedoch mit personalisierten Angeboten begegnen. Mit Hilfe von standortbasierten Services und Smartphone-Beacons, die Leitsysteme aktivieren, können Passagiere je nach Position und Status ihres Fluges zielgerichtete Angebote auf ihr Smartphone erhalten. Flughäfen werden nach Meinung einiger Experten auf diese Weise sogar langfristig eine Umsatzsteigerung erwirtschaften können.

Sensordaten und vernetzte Systeme belasten IT-Infrastruktur

Die riesige Vielfalt an technologischen Neuerungen und damit anfallenden Datenpaketen lässt sich jedoch IT-seitig nur schwer managen. Denn um die millionenfachen Sensordaten unter anderem aus Security-Kameras, Landebahnen, Kontrolltürmen, Leitbahnen und Bewegungsmustern der Fluggäste zusammenzuführen, müssen Komponenten systemweit miteinander kommunizieren. Das bedeutet, dass bisher getrennte Teilsysteme miteinander harmonisiert und etwa Daten zu Flugzeitabweichungen oder Fluggastströmen in Echtzeit übertragen werden müssen, um die notwendige Organisation des Flughafens gewährleisten zu können. Mit dem Anwachsen derartig vernetzter Steuerungssysteme, die geschäftskritische Funktionen und Tausende oder gar Millionen von Endpunkten unterstützen, wird eine störungsfreie Performance aller Komponenten immer wichtiger.

All diese Aspekte stellen eine Belastungsprobe für die darunterliegende IT-Infrastruktur dar. Nicht nur müssen Server und Netzwerke eine nie dagewesene Datenmenge verarbeiten. Mit jeder Veränderung, sei es ein Update, eine neue Verbindung oder eine zu integrierende Drittanwendung, erhöht sich die Komplexität des Systems und Fehler werden wahrscheinlicher. Zugleich bedeutet die hohe Abhängigkeit einzelner Prozesse voneinander, dass ein Ausfall einer Komponente weitaus gravierendere Auswirkungen zur Folge hat. Dadurch steigt der Druck auf die IT, jederzeit die ungestörte Übertragung und Verarbeitung von Daten zu gewährleisten. Die Bedeutung von Service Assurance, also der Absicherung von Diensten durch genaue Überwachung der Servicebereitstellungsinfrastruktur, wird so zu einem erfolgskritischen Faktor.

Das Netzwerk stets im Blick behalten

Eine geeignete Monitoring-Software für die IT-Infrastruktur zeigt, welche Komponenten miteinander kommunizieren und macht somit Abhängigkeiten transparent. Auch plötzliche Veränderungen können detektiert werden – sei es, dass sich das Antwortzeitverhalten eines Systems ändert, das Datenvolumen unerwartet steigt, fällt oder Server nicht mehr innerhalb des Quality-of-Service-Levels antworten. Intelligente Monitoring-Systeme sind dabei in der Lage, Muster zu erkennen und den „Normalzustand“ zu erlernen. So helfen sie dabei, ungewöhnliches Verhalten, das zu Fehlfunktionen führen könnte, frühzeitig zu erkennen. Außerdem kann auf diese Weise die Fehlersuche eingegrenzt werden. Dies erlaubt wiederum eine schnellere Diagnose und verkürzt die mittlere Reparaturzeit (Mean Time To Repair/MTTR). Werden darüber hinaus zum Beispiel Zwischenvermittler beziehungsweise externe Dienstleister zwischen Netzbetreiber und Unternehmen eingebunden, können über ein Monitoring die jeweiligen Verantwortlichkeiten bei Störungen zugeordnet werden.

IT-Security auch im Netzwerk mitdenken

Die allumfassende Vernetzung birgt ein weiteres Risiko: Bei schlecht abgesicherten Installationen stellt jedes kompromittierte Gerät eine Hintertür in das gesamte Netzwerk des Flughafens dar. Deshalb müssen alle IoT-Geräte vernünftig gesichert und somit eine Abschottung möglich gemacht werden. Laut einer Umfrage des Analystenhauses IDC im Jahr 2016 hat bisher jedes vierte Unternehmen in Deutschland bereits Erfahrungen mit Angriffen auf ihre IoT-Infrastruktur gemacht. Müssen die vielzählig vernetzten Geräte dann gepatcht werden, stellt dies ebenfalls eine hohe Belastung für das Netzwerk dar.

Der Anstieg der Datenmengen im Netzwerk durch IoT-Geräte und vernetzte Systeme macht es darüber hinaus für Angreifer einfacher, unter dem Radar durchzufliegen. Damit sie unerwünschte Aktivitäten möglichst schnell entdecken und Angriffe abwehren, bevor sie größere Schäden anrichten, müssen die Verantwortlichen der Flughäfen Traffic-Muster laufend beobachten und analysieren. Historische Daten sowie aktuelle Anwendungsdaten bieten Vergleichswerte, um auffälliges Verhalten schnell zu identifizieren und Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Segmentierungen als Schlüssel für mehr Sicherheit

Eine weitere Möglichkeit der Absicherung bietet die Netzwerkvirtualisierung. Diese erlaubt es, isolierte virtuelle Umgebungen auf einer gemeinsamen Infrastruktur zu errichten. Dadurch wird das Internet der Dinge besser verwaltbar und sicherer. Es besteht die Möglichkeit einer Segmentierung des gesamten Netzwerks in „IoT-Container“. Dadurch können Endgeräte und Nutzer zusammengefasst, verwaltet und abgesichert werden. Im Falle eines Angriffs wird so verhindert, dass sich die Bedrohungen im Flughafen-Netzwerk horizontal ausbreiten können. Durch eine solche Segmentierung wird ebenso eine Durchsetzung von abteilungseigenen Quality-of-Service-Richtlinien realisierbar. Innerhalb eines Containers wird es möglich, den gesamten Verkehr und die Nutzer zu verwalten, Bandbreiten zu begrenzen oder nach Anomalien Ausschau zu halten. Dadurch kann sichergestellt werden, dass kritische operative Prozesse oder Geräte immer die passenden Netzwerk-Ressourcen erhalten.

Fazit

Das IoT hat das Potenzial, die Betriebsfähigkeit von Flughäfen und die Zufriedenheit von Fluggästen deutlich zu verbessern. Voraussetzung ist jedoch, dass Anwendungen verlässlich laufen, Geräte sich stets verbinden können und Sicherheitsrisiken minimiert werden.