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Deutschland Internetoffensive

Der unheimliche Erfolg der NPD auf Facebook

Die schwächelnde NPD boomt auf Facebook: Bei keiner anderen Partei werden Artikel so häufig geliket, geteilt und kommentiert. Und auch ihre Anhängerschaft wächst stärker als bei anderen.

In einer Zeit, in der die Popularität von Gruppen und Personen vornehmlich auch am Beifall der sozialen Netzwerke gemessen wird, also Facebook-Likes als Ausdruck gesellschaftlichen Zuspruchs und vielleicht sogar der gedanklichen Verankerung gewertet werden, lässt diese Entwicklung aufhorchen: Seit Beginn des Jahres steigt der Zuspruch für die rechtsextreme NPD auf Facebook rasant. Und zwar in einem Ausmaß, dass die Nationaldemokraten – gemessen an diesem Zuwachs – inzwischen die erfolgreichste deutsche Partei in dem sozialen Netzwerk sind.

Seit Beginn dieses Jahres ist die NPD-Anhängerschaft auf Facebook um 36.486 Fans gewachsen – so stark wie bei keiner anderen Partei. Deutlich zugelegt hat auch die Linke um 33.179 Fans; die Alternative für Deutschland (AfD) wuchs um 31.607 Anhänger. Zum Vergleich: Bei der SPD kamen 8793 hinzu, bei der CDU 6925 und bei der FDP 3829. Bei den Piraten, der sogenannten Internetpartei, waren es nur 956.

Bei keiner anderen Partei ist auch der Beifall der Fans so groß, werden Artikel so häufig gelikt, geteilt und kommentiert wie bei der NPD, die sich auf Facebook übrigens „Die soziale Heimatpartei“ nennt. Sie verzeichnet auf ihrer Profilseite rund 1,2 Millionen solcher Interaktionen und lässt damit alle anderen Parteien weit hinter sich. Das ermittelte Fanpage Karma, ein auf Internetanalysen spezialisiertes Unternehmen aus Berlin.

Auf Platz zwei folgt demnach die AfD mit 800.000 Likes, Shares und Comments und schon deutlich abgeschlagen die SPD mit 200.000. Alle anderen Parteien liegen noch deutlich darunter.

AfD hat die meisten „Gefällt mir“-Klicks

Doch nicht nur daran ist die steigende Attraktivität der NPD-Facebook-Seite zu erkennen. Ein weiterer Gradmesser ist die Aktivität der Fans: Dort kommunizieren (Facebook-Bezeichnung: „sprechen darüber“) regelmäßig etwa 20.000 Facebook-Nutzer über die auf der Seite geposteten Themen.

Auch dieser Wert liegt weit über dem der anderen Parteien. Bei der AfD sind es rund 13.000 User, bei der Linken 5800, bei der SPD 3800, bei der CDU 2400, bei den Grünen 2200, bei den Piraten rund 2000, bei der FDP 1200 und bei der CSU 280.

Nur bei den absoluten Fans liegt die AfD mit 120.504 noch knapp vor der NPD mit 92.001. Alle anderen Parteien haben weniger „Gefällt mir“-Klicks, die Piraten etwa 89.879, die CDU 83.234, die SPD 73.900.

Ideologisch gibt es das übliche braune Gedankengut

Inhaltlich unterscheidet sich das Angebot der NPD auf Facebook nicht im Geringsten von ihren sonstigen politischen Aussagen. Auch rhetorisch bleiben sich die Nationaldemokraten treu. „Weltsozialamt Deutschland – Ich schäme mich für Dich!“ ist der beliebteste Post, gefolgt von zwei Anti-Islam-Beiträgen, von denen einer die „Bild“-Schlagzeile zur Aussage des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff „Der Islam gehört zu Deutschland“ zeigt. Kommentar der NPD: „Der Islam gehört bestimmt NICHT zu Deutschland.“ Fans posten Sätze zur Zuwanderungspolitik wie: „Raus mit den Schmarotzern.“

Wenn die NPD aber inhaltlich nichts Neues zu bieten hat, womit ist dann ihr Erfolg auf Facebook zu erklären? Immerhin zeigen die Wahlergebnisse der vergangenen Jahre eine stetige Abwärtsentwicklung. Die Parteiführung zerlegte sich, und in den aktuellen Meinungsumfragen zu den anstehenden Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen bleibt die NPD deutlich unter fünf Prozent. Das heißt, sie würde aus dem sächsischen Landtag fliegen.

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Offensichtlich kämpft die Partei mit einer gezielten Internetoffensive gegen den Untergang. „Sie erzielt bislang einmalige Zuwachsraten im politischen Bereich“, sagt Stephan Eyl, Geschäftsführer von Fanpage Karma. Das erreiche sie vor allem durch das Bemühen um ein hohes Maß an Aktualität. „Die NPD postet im Schnitt 6,3 Artikel pro Tag, etwa so viel wie manche Nachrichtenseiten.“ Thematisch und sprachlich sei die Seite voll und ganz auf die Zielgruppe abgestimmt. Die Beiträge der NPD können die Fans liken, teilen und kommentieren. Sie können aber selbst keine Beiträge und Fotos hochladen oder auf anderen Seiten verlinken.

AfD reagiert am schnellsten auf User-Beiträge

Das geht nicht über den Standard von Union, SPD und FDP hinaus, die mit ihren passiven Auftritten kaum Interesse wecken. Alle anderen Parteien ermöglichen es den Fans, auch eigene Beiträge beizusteuern. „Mitentscheidend für den Erfolg einer politischen Seite aber ist, wie schnell die Partei auf die Fans reagiert“, sagt Eyl.

In dieser Hinsicht ist die AfD bislang Spitzenreiter. „Die AfD lässt umfangreiche Diskussionen mit eigenen Beiträgen unter ihren Fans zu“, sagt Eyl. „Das macht das Engagement auf der Seite attraktiv.“ Innerhalb von nur 20 Minuten reagiere die Partei auf Posts von Fans. „Das heißt, dass die Seite professionell und fast rund um die Uhr betreut wird“, sagt der Internetanalytiker.

Zum Vergleich: Bei der Linken beträgt die Reaktionszeit 2,7 Stunden, bei den Grünen 4,2 Stunden. Bei der Piratenpartei sind es gar zwölf Stunden. Bei SPD, CDU, FDP und NPD gibt es gar keine Reaktion, weil dort nichts Eigenes gepostet werden kann. „Diese Parteien nutzen die sozialen Medien eher wie Plakatwände“, konstatiert Eyl.

Alternative profitiert stark von sozialen Netzwerken

Obwohl es schwer zu belegen ist, scheint die hohe Aktivität in den sozialen Medien ein nicht unerheblicher Faktor für den Erfolg der AfD gewesen zu sein. Denn das Internet ermöglichte es der jungen Partei, schnell ein Netz von Anhängern und Sympathisanten über das ganze Land zu spannen. So verpasste sie den Einzug in den Bundestag nur knapp und brachte es bei der Europawahl auf über sieben Prozent.

Ihre Perspektiven sind auch für die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen nicht schlecht. Anders als die NPD sehen die Demoskopen die AfD in Sachsen mit sieben Prozent klar im Landtag; in Thüringen wird die Alternative auf etwa fünf Prozent taxiert. Es spricht einiges dafür, dass die NPD – die fürchten muss, ihre letzten Bastionen im Osten an die AfD zu verlieren – deren Erfolg kopieren möchte.

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