Oldenburg - Viele Menschen in Oldenburg sind noch immer geschockt von der Bluttat in der Innenstadt. Am Mittwochabend war in der belebten Fußgängerzone kurz vor 18 Uhr ein 33-jähriger Syrer mit mehreren Messerstichen niedergestreckt worden. Mit Polizeihubschrauber und mehreren Streifenwagen hatte man nach den Männern im Stadtgebiet gefahndet. Und bereits eine Stunde später hatte die Polizei zwei der Tat dringend verdächtige syrische Asylbewerber vorläufig festgenommen.
Am Donnerstag wurde gegen den einen der beiden 22-Jährigen Haftbefehl wegen des dringenden Tatverdachts des Mordes erlassen. Der andere, ebenfalls 22 Jahre alt, war bereits in der Nacht zu Donnerstag wieder auf freien Fuß gesetzt worden. „Ihm war kein Tatzusammenhang nachzuweisen“, erklärte Polizeisprecherin Lena Bohlken am Donnerstag.
Viele Zeugen sagen aus
Viele Zeugen hatten sich am Mittwochabend bei der Polizei gemeldet und den mutmaßlichen Täter genau beschrieben. Bis in den späten Abend hinein waren die Augenzeugen von der Polizei am Friedhofsweg befragt worden. Der entscheidende Hinweis zur Festnahme sei jedoch von einem Busfahrer gekommen, in dessen Bus die beiden zu jenem Zeitpunkt verdächtigen Männer Richtung Eversten fuhren. Er hatte die Zeugenbeschreibung gehört und diese Männer als Fahrgäste wiedererkannt.
Menschen schockiert
Viele Menschen hatten geschockt auf das schreckliche Verbrechen am helllichten Tag in einer der belebtesten Straßen der Oldenburger Fußgängerzone reagiert. Andere wiederum meinten, es sei naiv zu glauben, dass so etwas nicht auch in Oldenburg passieren könne. Polizeipräsident Johann Kühme kann verstehen, dass dieses Gewaltverbrechen vor allem die Augenzeugen erschüttert hat. „Oldenburg ist bekannt als eine friedliche Stadt mit freundlichen Menschen. Da rechnen Sie nicht mit so einer Tat in der Fußgängerzone.“ Und das sei unabhängig von der Nationalität der Tatverdächtigen. Der Polizeipräsident lobt jene Menschen, die dem tödlich verletzt am Boden liegenden Mann versuchten zu helfen, bis der Rettungswagen kam.
Mord überall Thema
Auch bei den jungen internationalen Gästen, die derzeit eine Tagung der Vereinten Nationen (Olmun) in der Weser-Ems-Halle simulieren, war das Gewaltverbrechen in der Innenstadt Thema. Lili Sarkadi-Nagy (15) kommt aus Ungarn, und sie erklärt: „Man kann nie wirklich sicher sein, überall kann etwas passieren.“ Kriminalität gebe es überall. Sie hat dazu aber eine klare Position: „Es ist wichtig, deshalb keine Angst zu haben“, sagt sie. „Man darf sich nicht unterkriegen lassen.“
OB Krogmann erschüttert
Oberbürgermeister Jürgen Krogmann meinte am Donnerstag, er sei „erschüttert“ über die Ereignisse in der Oldenburger Innenstadt. Die Ermittlungen seien nun Sache der Polizei. „Wir als Stadt sind jetzt dabei, uns im Rahmen der Flüchtlings- und Sozialarbeit um das Umfeld des Opfers zu kümmern.“
Motiv noch unklar
Hatte es am Abend des Mordes noch geheißen, religiöse Auseinandersetzungen hätten eine Rolle gespielt, wollte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag dazu nichts sagen. „Die Ermittlungen zum Tatmotiv dauern an“, antwortet Staatsanwältin Gesa Weiß auf Anfrage der NWZ. Am Mittwochabend soll nach Aussagen von Augenzeugen der Streit zwischen den Männern schon auf der Höhe des Lappans begonnen haben. Möglicherweise sei es darum gegangen, dass der Getötete während der Fastenzeit (Ramadan) ein Eis gegessen habe. Bestätigt wurde diese Aussage bislang nicht.
Offene Fragen
Der getötete Syrer soll an der Hauptstraße in Eversten in einer Wohnung gelebt haben. Über den unter Mordverdacht stehenden 22-jährigen Asylbewerber aus Syrien wurden am Donnerstag keine Angaben von den Behörden gemacht. So war unklar, wie lange der Mann schon in Oldenburg lebt, ob in einer Wohnung oder in einer der Unterkünfte. „Zu polizeilichen Vorerkenntnissen werden keine Auskünfte erteilt“, beantwortet Staatsanwältin Gesa Weiß diese Frage der NWZ.
Dem Vernehmen nach soll der tatverdächtige Mann jedoch durchaus schon vorher polizeibekannt gewesen sein und schon wegen unterschiedlicher Delikte – darunter Körperverletzung und Ladendiebstahl – bei den Behörden aufgefallen sein.
Mitgefühl für Opfer
Uwe Erbel, Geschäftsführer der Interkulturellen Arbeitsstelle für Forschung, Dokumentation, Bildung und für Beratung (Ibis), kennt das Opfer. „Der Mann besuchte einen Integrationskurs bei uns“, sagte er und ihm gilt unsere Trauer. „Wir sind bestürzt über diese scheußliche Tat, und der Täter muss bestraft werden.“ Hintergründe sind ihm auch nicht bekannt. Er versteht, dass sich viele Oldenburger jetzt Sorgen machen, glaubt aber – abgesehen von terroristischen Hintergründen, dass sich die Gewalttaten selten gegen Deutsche richten.
Verständnis für Angst
Auch Polizeipräsident Johann Kühme nimmt die Ängste und Sorgen der Menschen ernst. „Man kann so etwas nie ausschließen“, erklärt er. „Es ist ganz furchtbar für das Opfer, aber es ist eine Einzeltat. Die Menschen sollten jetzt keine Angst vor Besuchen in der Oldenburger Innenstadt haben.“
Anmerkung der Redaktion: Aufgrund zahlreicher Verstöße gegen unsere Netiquette und das große Aufkommen von strafrechtlich relevanten Hass-Kommentaren haben wir bei diesem Artikel die Kommentarfunktion abgeschaltet. Warum wir diesen unerfreulichen Schritt gehen, erkläre ich Ihnen in diesem Artikel.
Denis Krick, Mitglied der Chefredaktion