In St. Pauli hat vor noch nicht allzu langer Zeit das Haco eröffnet. Der Name soll für Hamburg Corner stehen, die Küche hat sich der nordischen Stilistik verschrieben. Entsprechend sachlich ist das Restaurant gestaltet. Um die Holztische stehen einfache Küchenstühle, auf denen man ausreichend bequem sitzt. Von dem großen Tisch hat man einen Blick in die offene Küche, in der drei Personen die Gerichte einer Karte mit insgesamt 14 Gerichte kochen. Verantwortlich dafür ist Björn Juhnke.
Ein Freund hatte das Restaurant vor einigen Wochen entdeckt und war inzwischen mehrfach dort. Nach seinem Urteil erreichen einige, aber nicht alle Gerichte, Sternekategorie. Nun wollten wir mal zusammen mit einer größeren Runde sehen, wie es schmeckt. Vorab haben wir ein Menü vereinbart und haben eigene Weine gegen faires Korkgeld im Gepäck. Insofern konnte unser Menü perfekt vorbereitet werden, um uns zu beeindrucken. Dies möchte ich dem Bericht vorwegschicken.
Auch ist davon auszugehen, dass die Positionierung des Haco noch nicht abgeschlossen ist. Die Ecke (Clemens-Schultz-Straße 18) ist nicht unbedingt eine, die man mit ambitionierter Küche verbindet. Ein Restaurantbesuch ist hier wahrscheinlich nicht selten der Auftakt für einen Ausgeht-Abend, insofern könnten die Wünsche und Ansprüche der Gäste sehr unterschiedlich sein. Da stellen sich dann Fragen, ob sich qualitativ hochwertigen Zutaten refinanzieren lassen und ob eine zu markant definierte Linie vielleicht am Publikum vorbeigeht und vielleiecht etwas mainstreamiger, dafür aber auch langweiliger kombiniert werden muss. Hier können also noch Justierungen erfolgen, die diesen Bericht mehr als sonst zu einer Momentaufnahme werden lassen.
Nun aber zu unserem Menü. Es wird zu Beginn ein schönes, dunkles, aber nicht zu kräftiges Brot mit einer aufgeschlagenen, sehr fluffigen Butter gereicht. Komischerweise gibt es keinen Brotteller. Dass ist sicher so gedacht, um den Casual-Fine-Dining-Charakter zu unterstreichen. Kein-Problem: Ich spieße es auf eine der für den nächsten Gang bereits eindeckten Gabel…
Bete / Schmand / Blüten ist ein Gang, den ich als brav einstufe, denn das Spiel mit der Bandbreite der roten und gelben Bete zwischen erdigen und süßlichen Akzenten ist minimal. Auch mit Konsistenzen oder Zubereitungsarten wird nicht gespielt. Aber „normale“ Essansprüche genügt der Gang vollauf. Der Bete-Geschmack ist nicht angenehm, leicht erdig-frisch. Zusammen mit dem Schmand wird der Gang harmonisch und rund.
Jakobsmuschel / Fenchel / Blütenpollen ist dann gleich zwei Stufen komplexer zu bewerten: die Jakobsmuschel ist von sehr guter Qualität und außen deutlichen angebraten, aber innen noch glasig – also optimal gegart. Sie schmeckt nach Meer und nicht süßlich, wie es ja auch manchmal wahrzunehmen ist. Die Muschel ruht in einem Sud und auf kleinen Fenchelstückchen, dazu kommen einige Zweige des Fenchelgrüns, sowie ein wenig Blütenstaub. Da ich Fenchelsamen nicht erkennen kann (wenn er überhaupt verarbeitet wurde) bleibt der Ansis-Anklang des Fenchel ganz dezent. Dies lässt dann der Muschel genug Möglichkeit zur Entfaltung. Vor allem der Sud schmeckt großartig und fein. Wir bitten noch um einen Löffel, um die Kombination optimal essen zu können. Es entsteht ein sehr schöner, harmonischer und tiefer Geschmack. Er ist nicht besonders komplex, weil nicht zu viele verschiedene Aromen dabei sind, aber der Gang wirkt sehr fokussiert und präzise. Ein Gang, der für mich im oberen Ein-Sterne-Bereich angesiedelt werden kann.
Kabeljau / Sellerie / Haselnuss setzt da direkt an. Der Kabeljau ist bemerkenswert gut gebraten und hat einen wahrnehmbaren Eigengeschmack. Der Sellerie in der Sauce und der Fisch sind die bestimmende Aromenverbindung des Gerichts. Die Creme hat einen eher feinen (bzw. nicht allzu großen) Eigengeschmack, sie unterstützt eher die Aromenverbindung. Die Nüsse sind in relativ großen Stücken belassen. Das hat den Effekt, dass der kräftige Nussgeschmack nur punktuell in die Verbindung eingreift. Das verleiht dem Gericht viel mehr Spannung, als wenn die Nüsse stärker zerkleinert wären. Das ist sehr gelungen!
Schweinbauch / Hefe / Zwiebel ist der Hauptgang. Der Schweinebauch ist optimal gegart. Die Scheibe ist weich, das Fett gut zu genießen und die Kruste der Höhepunkt des Gerichts. Rings herum passen die weiteren Aromen. Die Creme mit der Hefe hat eine dezente Frische. Sie ist die Verbindung zum Gemüse: Die dunkle Zwiebel geht in Richtung eines leicht süßlichen Aromas, ist aber mit Essig behandelt (dieser schmeckt allerdings eher streng, hier könnte ein etwas „weicherer“ bzw. aromatischerer Essig sicher noch einen zusätzlichen, spannenden Akzent setzen). Vegetabil frisch schmeckt die Frühlingszwiebel. Dies ermöglicht, dass der Schweinebauch mit seiner Fleischigkeit und schönem Fettgeschmack optimal wirken kann, ohne dass das Gericht auch nur einen Moment schwer wirkt. Wenn man es besser haben wollte, müsste man schon deutlich mehr Aufwand betreiben.
Grüne Erdbeeren / Gurke / Molke ist das erste Dessert. Es ist nicht süßereduziert, sondern enthält de facto gar keine Süße. Die grüne Erdbeere zeigt nur leichte Anklänge der Fruchtigkeit der roten Früchte. Damit dockt sich ihre Säure gut zur vegetabilden Frische der Gurke an. Und mit der Molke kommt etwas Cremigkeit für den Mund dazu. Also passen alle Komponenten ganz genau zueinander – eigentlich kann man das aromatisch kaum besser aufeinander abstimmen.
Himbeere / Estragon / weiße Schokolade ist das etwas klassischere Dessert, auch wenn es erneut deutlich süßreduziert ist. Zwar sind ein paar Splitter weißer Schokolade auf dem Teller, aber sie sind nur dezent wahrnehmbar. Makrant ist die recht butrrig wirkende Masse mit minimalem Anteil weißer Schokolade, wie ich vermute. Durch sie dominiert eine Wirkung von kühler Cremigkeit auf der Zunge. Sie ist stärker als die Säure der Himbeere. Etwas kuchenartiges kommt durch die kleinen Biskuit-Stückchen dazu. Ein bisschen ist es wie ein dekonstruierter Kuchen. Auch dieses Dessert wäre in einem Sternerestaurant nicht negativ aufgefallen.
Beide Desserts sind deutlich süßereduziert. Damit sind sie vielleicht die am wenigsten massenkompatiblen Gänge des Menüs.
Das Menü im Haco war sehr überzeugend. Die Küche ist nordisch inspiriert, aber nicht verkopft. Die meisten Produkte sind relativ natürlich in ihrem Geschmack eingesetzt, das heißt sie werden kaum durch Gewürze oder Kräuter ergänzt. Entsprechend klare Aromenkonstruktionen sind die Folge. Alle Gerichte wirkten in sich schlüssig. Vor allem die Portionierung der einzelnen Komponenten zueinander ist absolut stimmig – für mich ein klares Zeichen, dass hier mit der einer Präzision gearbeitet wird, die man auf dem Knapp-unter-dem-Stern-Niveau nicht so häufig findet. Das Menü hat übrigens 69 Euro gekostet…
Ich hoffe sehr, dass das Haco ein Publikum findet, die diese Qualität mag und sich auf ein längeres Menü einlässt. Dann wäre das Haco für mich eine der ersten Casual Fine Dining-Adressen der Stadt. Zum Vergleich mit ähnlichen Restaurants in den vergangenen 12 Monaten würde ich sagen: die Küche im Heimatjuwel ist einen Tick günstiger und mehr Middle-of-the-Road, das Heldenplatz ist mehr auf Edelprodukte verlegt und wesentlich weniger präzise bei der Abstimmung der Komponeten auf dem Teller untereinander und das Boathouse ist dann einen – zumindest wie am Chefstable erlebt – ist preislich und qualitativ vergleichbar, hat aber einen anderen, Stil.
Ein Freund hatte das Restaurant vor einigen Wochen entdeckt und war inzwischen mehrfach dort. Nach seinem Urteil erreichen einige, aber nicht alle Gerichte, Sternekategorie. Nun wollten wir mal zusammen mit einer größeren Runde sehen, wie es schmeckt. Vorab haben wir ein Menü vereinbart und haben eigene Weine gegen faires Korkgeld im Gepäck. Insofern konnte unser Menü perfekt vorbereitet werden, um uns zu beeindrucken. Dies möchte ich dem Bericht vorwegschicken.
Auch ist davon auszugehen, dass die Positionierung des Haco noch nicht abgeschlossen ist. Die Ecke (Clemens-Schultz-Straße 18) ist nicht unbedingt eine, die man mit ambitionierter Küche verbindet. Ein Restaurantbesuch ist hier wahrscheinlich nicht selten der Auftakt für einen Ausgeht-Abend, insofern könnten die Wünsche und Ansprüche der Gäste sehr unterschiedlich sein. Da stellen sich dann Fragen, ob sich qualitativ hochwertigen Zutaten refinanzieren lassen und ob eine zu markant definierte Linie vielleicht am Publikum vorbeigeht und vielleiecht etwas mainstreamiger, dafür aber auch langweiliger kombiniert werden muss. Hier können also noch Justierungen erfolgen, die diesen Bericht mehr als sonst zu einer Momentaufnahme werden lassen.
Nun aber zu unserem Menü. Es wird zu Beginn ein schönes, dunkles, aber nicht zu kräftiges Brot mit einer aufgeschlagenen, sehr fluffigen Butter gereicht. Komischerweise gibt es keinen Brotteller. Dass ist sicher so gedacht, um den Casual-Fine-Dining-Charakter zu unterstreichen. Kein-Problem: Ich spieße es auf eine der für den nächsten Gang bereits eindeckten Gabel…
Bete / Schmand / Blüten ist ein Gang, den ich als brav einstufe, denn das Spiel mit der Bandbreite der roten und gelben Bete zwischen erdigen und süßlichen Akzenten ist minimal. Auch mit Konsistenzen oder Zubereitungsarten wird nicht gespielt. Aber „normale“ Essansprüche genügt der Gang vollauf. Der Bete-Geschmack ist nicht angenehm, leicht erdig-frisch. Zusammen mit dem Schmand wird der Gang harmonisch und rund.
Jakobsmuschel / Fenchel / Blütenpollen ist dann gleich zwei Stufen komplexer zu bewerten: die Jakobsmuschel ist von sehr guter Qualität und außen deutlichen angebraten, aber innen noch glasig – also optimal gegart. Sie schmeckt nach Meer und nicht süßlich, wie es ja auch manchmal wahrzunehmen ist. Die Muschel ruht in einem Sud und auf kleinen Fenchelstückchen, dazu kommen einige Zweige des Fenchelgrüns, sowie ein wenig Blütenstaub. Da ich Fenchelsamen nicht erkennen kann (wenn er überhaupt verarbeitet wurde) bleibt der Ansis-Anklang des Fenchel ganz dezent. Dies lässt dann der Muschel genug Möglichkeit zur Entfaltung. Vor allem der Sud schmeckt großartig und fein. Wir bitten noch um einen Löffel, um die Kombination optimal essen zu können. Es entsteht ein sehr schöner, harmonischer und tiefer Geschmack. Er ist nicht besonders komplex, weil nicht zu viele verschiedene Aromen dabei sind, aber der Gang wirkt sehr fokussiert und präzise. Ein Gang, der für mich im oberen Ein-Sterne-Bereich angesiedelt werden kann.
Kabeljau / Sellerie / Haselnuss setzt da direkt an. Der Kabeljau ist bemerkenswert gut gebraten und hat einen wahrnehmbaren Eigengeschmack. Der Sellerie in der Sauce und der Fisch sind die bestimmende Aromenverbindung des Gerichts. Die Creme hat einen eher feinen (bzw. nicht allzu großen) Eigengeschmack, sie unterstützt eher die Aromenverbindung. Die Nüsse sind in relativ großen Stücken belassen. Das hat den Effekt, dass der kräftige Nussgeschmack nur punktuell in die Verbindung eingreift. Das verleiht dem Gericht viel mehr Spannung, als wenn die Nüsse stärker zerkleinert wären. Das ist sehr gelungen!
Schweinbauch / Hefe / Zwiebel ist der Hauptgang. Der Schweinebauch ist optimal gegart. Die Scheibe ist weich, das Fett gut zu genießen und die Kruste der Höhepunkt des Gerichts. Rings herum passen die weiteren Aromen. Die Creme mit der Hefe hat eine dezente Frische. Sie ist die Verbindung zum Gemüse: Die dunkle Zwiebel geht in Richtung eines leicht süßlichen Aromas, ist aber mit Essig behandelt (dieser schmeckt allerdings eher streng, hier könnte ein etwas „weicherer“ bzw. aromatischerer Essig sicher noch einen zusätzlichen, spannenden Akzent setzen). Vegetabil frisch schmeckt die Frühlingszwiebel. Dies ermöglicht, dass der Schweinebauch mit seiner Fleischigkeit und schönem Fettgeschmack optimal wirken kann, ohne dass das Gericht auch nur einen Moment schwer wirkt. Wenn man es besser haben wollte, müsste man schon deutlich mehr Aufwand betreiben.
Grüne Erdbeeren / Gurke / Molke ist das erste Dessert. Es ist nicht süßereduziert, sondern enthält de facto gar keine Süße. Die grüne Erdbeere zeigt nur leichte Anklänge der Fruchtigkeit der roten Früchte. Damit dockt sich ihre Säure gut zur vegetabilden Frische der Gurke an. Und mit der Molke kommt etwas Cremigkeit für den Mund dazu. Also passen alle Komponenten ganz genau zueinander – eigentlich kann man das aromatisch kaum besser aufeinander abstimmen.
Himbeere / Estragon / weiße Schokolade ist das etwas klassischere Dessert, auch wenn es erneut deutlich süßreduziert ist. Zwar sind ein paar Splitter weißer Schokolade auf dem Teller, aber sie sind nur dezent wahrnehmbar. Makrant ist die recht butrrig wirkende Masse mit minimalem Anteil weißer Schokolade, wie ich vermute. Durch sie dominiert eine Wirkung von kühler Cremigkeit auf der Zunge. Sie ist stärker als die Säure der Himbeere. Etwas kuchenartiges kommt durch die kleinen Biskuit-Stückchen dazu. Ein bisschen ist es wie ein dekonstruierter Kuchen. Auch dieses Dessert wäre in einem Sternerestaurant nicht negativ aufgefallen.
Beide Desserts sind deutlich süßereduziert. Damit sind sie vielleicht die am wenigsten massenkompatiblen Gänge des Menüs.
Das Menü im Haco war sehr überzeugend. Die Küche ist nordisch inspiriert, aber nicht verkopft. Die meisten Produkte sind relativ natürlich in ihrem Geschmack eingesetzt, das heißt sie werden kaum durch Gewürze oder Kräuter ergänzt. Entsprechend klare Aromenkonstruktionen sind die Folge. Alle Gerichte wirkten in sich schlüssig. Vor allem die Portionierung der einzelnen Komponenten zueinander ist absolut stimmig – für mich ein klares Zeichen, dass hier mit der einer Präzision gearbeitet wird, die man auf dem Knapp-unter-dem-Stern-Niveau nicht so häufig findet. Das Menü hat übrigens 69 Euro gekostet…
Ich hoffe sehr, dass das Haco ein Publikum findet, die diese Qualität mag und sich auf ein längeres Menü einlässt. Dann wäre das Haco für mich eine der ersten Casual Fine Dining-Adressen der Stadt. Zum Vergleich mit ähnlichen Restaurants in den vergangenen 12 Monaten würde ich sagen: die Küche im Heimatjuwel ist einen Tick günstiger und mehr Middle-of-the-Road, das Heldenplatz ist mehr auf Edelprodukte verlegt und wesentlich weniger präzise bei der Abstimmung der Komponeten auf dem Teller untereinander und das Boathouse ist dann einen – zumindest wie am Chefstable erlebt – ist preislich und qualitativ vergleichbar, hat aber einen anderen, Stil.
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