«Wir sind gar nicht homophob»

Aktualisiert

Bund Evangelischer Jungscharen«Wir sind gar nicht homophob»

Der Bund Evangelischer Jungscharen hat die schwulenfeindlichen Inhalte von seiner Website gelöscht. Man habe niemanden verletzen wollen, so der Sprecher.

B. Zanni
von
B. Zanni

Der Bund Evangelischer Schweizer Jungscharen BESJ sorgt für heftige Reaktionen. Grund ist ein Online-Dossier für Leiter von Teenager-Gruppen, das die Homosexualität verteufelt. «Analverkehr zwischen Männern forderte die Todesstrafe» oder «Homosexualität gehört zu den Taten der Gottlosen», hält der BESJ unter Berufung auf Bibelstellen dort fest. Politiker und Schwulenorganisationen fordern deshalb ein Verbot des BESJ.

Der BESJ hat den Inhalt inzwischen gelöscht, wie Adrian Jaggi sagt, Mediensprecher und Mitglied der Bundesleitung des BESJ. «Wir sind gar nicht homophob», betont er. Es sei nicht das Ziel des BESJ, gegen homosexuell empfindende Menschen zu lobbyieren. «Gott gebietet uns, sich selbst und den Nächsten zu lieben – damit sind auch Homosexuelle gemeint.» Der BESJ sei offen für Homosexuelle. «Wir führen keine Statistiken. Aber ich gehe davon aus, dass bestimmt auch Homosexuelle unter unseren über 15'000 Mitgliedern sind.» Er selbst habe homosexuelle Verwandte. «Ich behandle diese Menschen gleich wie alle anderen.»

«Wir haben einen Fehler gemacht»

Laut Jaggi hat erst die Berichterstattung von 20 Minuten ihn auf den Inhalt des Dossiers aufmerksam gemacht. «Wir haben einen Fehler gemacht», räumt er ein. Hätte er früher gewusst, dass auf ihrer Website solche Inhalte zu finden seien, hätte er diese schon viel früher gelöscht. Das Dossier sei vor ungefähr zehn Jahren erstellt worden mit dem Ziel, Leitern passive Hilfestellungen zu bieten, um ein Thema aufzugreifen.

Der Bund wolle die Mitglieder zu mündigen Bürgern erziehen und ihnen keine Haltungen aufdrängen. «Die erwähnten Passagen gehen jedoch in eine Richtung, die wir nicht vertreten.» Wie diese Inhalte damals den Weg auf die Website gefunden hätten, sei ihm nicht bekannt. «Auf keinen Fall wollten wir irgendjemanden verletzen. Sollten wir dies getan haben, tut es uns leid.» Jaggi glaubt, dass die Inhalte in den Jungscharen kaum verbreitet wurden. «Gemäss unserem IT-Mitarbeiter wurde die Seite im Jahr 2017 dreimal besucht.»

«Nicht alle Jungscharen sind so!»

Auch zahlreiche Leser verteidigen die Jungscharen. «Nicht alle Jungscharen sind so!», schreibt Reredor. Ramon E. berichtet, er sei selbst auch Jungscharleiter und wisse, dass nicht alle so denken. Toory: «Ich kenne verschiedene Jungschargruppen. Und dort sind schon lange nicht mehr alle so kirchlich belastet. Und bunt durchmischt, was Herkunft und Lebensart angeht.»

Eine 16-jährige Jungscharleiterin sagt, sie habe kürzlich eine Leiterausbildung gemacht. «Nie wurde erwähnt, dass Homosexualität etwas Schlechtes sei.» Auch wenn in Bibelpassagen stehe, dass diese Orientierung nicht richtig sei, distanzierten sich ihre Kollegen davon. «Wir sind der Meinung, dass Gott jeden Menschen perfekt geschaffen hat.»

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