Militarisierte Sicherheitsfirmen – ein milliardenschweres Geschäft

Seit dem Ende des Kalten Krieges boomen private Sicherheitsfirmen. Sie haben von der Überwachung bis zum schwerbewaffneten Elitesöldner alles im Angebot.

Ivo Mijnssen
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Ein Soldat einer privaten Sicherheitsfirma in Kabul (Archivaufnahme: Februar 2010). (Bild: Brennan Linsley / AP)

Ein Soldat einer privaten Sicherheitsfirma in Kabul (Archivaufnahme: Februar 2010). (Bild: Brennan Linsley / AP)

Der Vorschlag des ehemaligen Blackwater-Chefs Eric Prince, die amerikanische Militärpräsenz durch 5000 Söldner und eine private Luftwaffe zu ersetzen, zeigt, wie selbstbewusst die Sicherheitsindustrie heute in der Geopolitik mitmischt. Die teilweise militarisierten Sicherheitsfirmen haben sich seit dem Ende des Kalten Krieges stark entwickelt und sind heute Teil einer milliardenschweren Industrie. Ihre wichtigsten Tätigkeitsgebiete sind die Unruheregionen in Afrika und im Nahen Osten.

Massgebliche Impulse lieferte die amerikanische Besetzung des Iraks und Afghanistans, wo mehrere hunderttausend private Angestellte im Auftrag des Verteidigungsministeriums jene Aufgaben erledigten, welche die Armee selber nicht übernehmen konnte oder wollte. Auf ihrem Höhepunkt übertraf die Zahl der «Privaten» jene der Soldaten, bevor sie parallel mit deren Reduktion auf ein bescheideneres Niveau sank.

Ein breites Angebot

Das breitgefächerte Angebot dieser privaten Sicherheitsfirmen macht sie schwer fass- und kontrollierbar. So beschäftigt die Branchenführerin G4S aus Grossbritannien 585 000 Angestellte in über 100 Ländern. Die Firma Constellis, die vor einigen Jahren auch den Blackwater-Nachfolger Academi erwarb, bietet von der Videoüberwachung über die militärische Ausbildung bis zu Aufklärungsdrohnen und schwerbewaffnetem Personenschutz in Krisenländern alles an. Sean McFate, einst selber Söldner und heute Professor an der Georgetown University, betont zwar die Unterschiede zwischen militärischen und nichtmilitärischen Aufgaben, sagt aber auch, dass diese in der Praxis verschwinden: «Wenn du das eine tun kannst, kannst du auch das andere», erklärte er der Zeitschrift «The Atlantic».

Truppenstärke der Amerikaner: Stand von Ende 2016

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Im Irak und in Afghanistan zeigte sich wiederholt, wie heikel es ist, wenn private Firmen das Gewaltmonopol übernehmen – gerade in fragilen oder kollabierenden Staaten. Das Massaker von Blackwater an 14 Zivilisten in Bagdad 2007 war nur einer von vielen Skandalen. Die Sicherheitsfirmen, die bevorzugt ehemalige Militärangehörige mit guter Ausbildung anheuern, unterstehen keiner demokratischen Kontrolle, was es schwierig macht, sie wegen Menschenrechtsverletzungen zu belangen.

Rechtliche Unsicherheit

Sie profitieren dabei von einem rechtlichen Graubereich. Die Blackwater-Mitarbeiter verurteilte ein ziviles Gericht in den USA – aufgrund eines Statuts, das gegen Gangmitglieder zur Anwendung kommt. Die Richter der höheren Instanz hielten dies aber für verfassungswidrig und stiessen nun die Verurteilung um.

Die Uno hat zwar 2001 eine Konvention zur Regulierung des Söldnerwesens in Kraft gesetzt, doch nur 35 Staaten haben sie ratifiziert. Neben den USA und Grossbritannien verweigern sich auch China und Russland. Sean McFate unterstellt den Grossmächten Absicht: «Privatarmeen können Dinge tun, die nationale Armeen nicht können.» Das Outsourcing der schmutzigen Arbeit mache es Regierungen leichter, offiziell die Verantwortung von sich zu weisen.

Russlands Söldner in Syrien

In den USA sorgen kritische Medien und Pflichten zur Veröffentlichung von Informationen – etwa zu Verträgen der Regierung mit solchen Firmen – für ein Mass an Kontrolle. Anders ist dies bei der russischen Intervention in Syrien, die grösstenteils der Geheimhaltung unterliegt. Selbst die Zahl der russischen Soldaten im Land ist offiziell nicht bestätigt, ganz zu schweigen von der Rolle der Söldner.

Allerdings konnten kritische russische Online-Medien zeigen, dass die private Sicherheitsfirma Wagner etwa an der Offensive gegen Palmyra beteiligt war und höchstwahrscheinlich auch dem Militärgeheimdienst GRU untersteht. Obwohl das Söldnerwesen in Russland verboten ist, liegt das Trainingsgelände von Wagner in unmittelbarer Nähe einer Eliteeinheit des GRU.

Auch bei der Kommerzialisierung des Krieges gehen die Russen einen Schritt weiter als die Amerikaner: So wurde im Juli ein Vertrag bekannt, in dessen Rahmen die staatsnahe Firma Ewro Polis eine Partnerschaft mit Wagner eingeht. Sie soll vom Islamischen Staat für Ewro Polis ein Öl- und Gasfeld zurückerobern – im Gegenzug für einen Anteil an den Erlösen.