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Sony E-Book-Reader PRS-600 Ein E-Buch zum Anfassen

In dieses Buch darf man kritzeln: Sonys neuer E-Book-Reader kann dank Touchscreen mit Notizen und Zeichnungen vollgestopft, Seiten mit virtuellen Eselsohren markiert werden. Aber wie gut ist so ein Berührungsbildschirm wirklich für ein E-Book zu gebrauchen? SPIEGEL ONLINE hat's ausprobiert.

Der Unterschied zum Vorgänger ist auf den ersten Blick sichtbar: Obwohl Sonys erster E-Book-Reader (PRS-505) und das neue Modell PRS-600 fast dieselben Maße haben und auf derselben Technik basieren, sind sie doch so unterschiedlich als wären sie Kinder zweier Mütter. An der Farbe liegt das nicht, der eine glänzt silbern, der andere ist schwarz. Viel mehr ist es der Bildschirm, der trotz gleicher Größe beim neuen Modell vollkommen anders wirkt. Blasser ist er, ein wenig verschwommen und trotz seiner matteren Oberfläche immer noch zu glänzend.

Aber das muss man offenbar in Kauf nehmen, will man die wichtigste neue Funktion des Sony PRS-600 Touch Edition verwenden, den Touchscreen. Während man fast alle E-Book-Lesegeräte bislang mit Steuertasten bedienen musste, kann man Sonys Neuling, ganz dem Trend folgend, per Fingerzeig befehligen. Fast wie bei Büchern aus Papier werden Seiten mit dem Finger umgeblättert, quasi zur Seite gewischt.

Fotostrecke

eBook Reader mit Touchscreen: Sony PRS-600 Touch Edition

Foto: Spiegel Online

Das ist fast einzigartig bei E-Book-Readern. Auch die Kindles, mit denen Amazon in den USA für Furore sorgt, sind nur per Tastenfeld steuerbar. Dass sich in Sonys neuem E-Book per Touchscreen blättern lässt, ist allerdings auch für den leicht gedimmt wirkenden Kontrast des auf e-Ink-Technik, also elektronischer Tinte, basierenden Displays verantwortlich. Um den Bildschirm empfänglich für Berührungen zu machen, muss eine spezielle Folie darauf montiert werden, und die schluckt einen Teil des einfallenden Lichts und reflektiert den Rest je nach Einfallswinkel auf unangenehme Weise.

Das Resultat ist nicht nur ein leicht verwaschenes Schriftbild. Es sind vor allem Lichtreflexionen, die beim Lesen stören können. Im direkten Vergleich mit dem in Deutschland weiterhin ausgelieferten Vorgängermodell PRS-505 wirkt das neue Display nicht mehr so wunderbar matt und papierartig klar, wie man es von e-Ink-Displays gewohnt ist. Offenbar ist das der Preis den man bezahlen muss, um die elektronischen Seiten per Fingerstrich umblättern zu können.

Dabei ist das Umblättern nicht die ausschlaggebende Anwendung für den Touchscreen des PRS-600. Eigentlich soll der fingerfühlige Bildschirm neue Lesergruppen für das elektronische Lesegerät begeistern: Leseprofis. Angesprochen werden sollen vor allem Wissenschaftler und Studenten, die viel Literatur durcharbeiten müssen, sich dabei Anmerkungen zum Text aufschreiben, Notizen machen, Textstellen markieren.

Genau diese Aufgaben sollen sich auch mit dem neuen Sony-Reader erledigen lassen. Nur, wie man bei Sony betont, viel leichter als bisher. Statt sich mit Bergen von Büchern abzuschleppen, soll es künftig reichen, den E-Book-Reader mitzunehmen. In dessen 512 Megabyte großen Speicher passen laut Hersteller etwa 350 Bücher, wenn man ihn per Speicherkarte erweitert sogar noch viel mehr. Und diese Bücher kann man, Touchscreen sei dank, mit dem neuen Modell eben auch bearbeiten.

Ein technisches 40-Zeichen-Limit

Dass soll freilich nicht heißen, dass man im Text selbst herumpfuschen kann. Immerhin aber lassen sich handschriftliche Notizen und Zeichnungen auf den Bildschirm kritzeln oder kurze Memos über die virtuelle Bildschirmtastatur eintippen. Kurz deshalb, weil mit der behäbigen Technik nicht viel mehr als 40 Zeichen pro Minute zu schaffen sind. Weil der Bildschirm nicht all zu viel Platz für die Software-Tastatur lässt, steckt oben im Gehäuse zudem ein Stift, mit dem man zielsicherer als per Dickfinger die richtigen Buchstaben erwischt. So richtig touchy ist das dann allerdings nicht mehr. Dafür lassen sich die derart markierten, beschriftet und bekritzelten Seiten per Sony-Bibliotheks-Software auf einen PC oder Mac übertragen und dort weiter bearbeiten.

Nett gemeint aber mit deutschsprachiger Literatur nicht zu gebrauchen sind die beiden vorinstallierten Wörterbücher. Per Doppelklick auf ein Wort zeigen sie dessen Wörterbucheintrag am unteren Bildschirmrand an - solange das Wort ein englisches ist. Deutsche Wörterbücher, die sich ähnlich in das System einbinden lassen, gibt es laut Sony vorerst nicht.

Digitaler Handbuchleser

Andere Bücher dagegen schon. Die Beschaffung von digitalem Lesestoff gestaltet sich weitgehend problemlos. Ganz so einfach wie in den USA, wo Sony einen eigenen E-Book-Store im Web betreibt, ist es aber nicht. Einen Menüpunkt mit dem Titel "E-Book Store" gibt es zwar auch in der deutschen PC- und Mac-Software zum E-Book-Reader, der führt jedoch nur auf eine Seite, die auf verschiedene deutsche Online-Buchhändler, wie Thalia, Libri oder die Mayersche Buchhandlung, verweist.

Ohnehin muss man sich stets via Computer aus einem der mittlerweile zahlreichen E-Book-Shops mit Literatur versorgen. Einen eigenen Netzzugang bietet der Reader nicht. Dafür schluckt er einen Vielzahl unterschiedlicher Dokumentenformate. Neben E-Books im populären E-Pub-Format können Sonys Reader unter anderem Word- und PDF-Dateien anzeigen. Der positive Nebeneffekt: Handbücher, die fast nur noch als PDF geliefert werden, kann man bequem am E-Book lesen statt sie am PC-Bildschirm durchzublättern oder gar auszudrucken.

Erfolgsverhinderungskonzept

Aber das konnte auch schon das Vorgängermodell. Weshalb sollte man sich also den neueren, 50 Euro teureren PRS-600 kaufen? Klar, der Touchscreen erweitert die Möglichkeiten, macht das Lesebuch zum Arbeitsbuch. Dass man dafür aber deutliche Einschränkungen bei der Qualität des Bildschirms in Kauf nehmen muss, ist bedauerlich. Und bedauerlich ist es auch, dass Sony seine E-Book-Palette nicht weltweit vereinheitlicht. In den USA ist der in Deutschland 250 Euro teure PRS-505 längst durch das 199 Dollar billige Modell PRS-300 ersetzt worden. Das Billig-Lesegerät soll es in Deutschland vorerst aber ebenso wenig geben wie die Luxus-Version PRS-900 Daily Edition, die E-Books via UMTS laden kann.

Schade, denn beim PRS-300 muss man sich zwar mit einem etwas kleineren Display begnügen, das aber hat kaum mit störenden Reflexen zu kämpfen begeistert mit starken Kontrasten. Zudem ist das Einstiegsmodell kleiner, leichter und viel billiger als sein Touchscreen-Gegenstück - und das könnte am Ende ausschlaggebend sein.

Sonys eBook-Reader

PRS 300* PRS-505 PRS 600 Touch Edition PRS-900 Daily Edition*
Maße 15,75 x 10,67x 0,5 cm 17,5 x 12,2 x 0,8 cm 17,53 x 12,19 x 1,2 cm nicht veröffentlicht
Gewicht 220 Gramm 260 Gramm 280 Gramm nicht veröffentlicht
Auflösung 800 x 600 Pixel 800 x 600 Pixel 800 x 600 Pixel nicht veröffentlicht
Bild-schirm-diagonale 12,7 cm 15,2 cm 15,2 cm 17,78 cm
Anzeige 8 Graustufen mit E-Ink-Technik 8 Graustufen mit E-Ink-Technik 8 Graustufen mit E-Ink-Technik 16 Graustufen mit E-Ink-Technik
Speicher 512 Megabyte 192 Megabyte 512 Megabyte nicht veröffentlicht
Schnitt-stellen USB 2.0 USB 2.0, Memory Stick Pro Duo, SD-Steckplatz USB 2.0, Memory Stick Pro Duo, SD-Steckplatz 3G Mobilfunk, USB 2.0, Memory Stick Pro Duo, SD-Steckplatz
Preis 199 US-Dollar 249 Euro 299 Euro 399 US-Dollar
* in Deutschland nicht erhältlich