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Syriens Luftabwehr Abschuss von türkischem Militärjet fordert die Diplomaten

Was setzt sich durch? Aggression oder Diplomatie? Nach dem Abschuss eines türkischen Militärjets durch die syrische Luftabwehr ist noch unklar, wie Ankara reagieren wird. Nato und Uno sollen sich mit dem Fall befassen. Der britische Außenminister setzt auf robuste Maßnahmen gegen Syrien.
Premier Erdogan (Mitte) mit Oppositionspolitikern und Militärs: Beratungen angesetzt

Premier Erdogan (Mitte) mit Oppositionspolitikern und Militärs: Beratungen angesetzt

Foto: AFP/ Turkish Prime Minister Press Office

Ankara - Die britische Regierung ließ es an deutlichen Worten nicht mangeln. Den Abschuss eines türkischen Kampfjets durch Syrien bezeichnete Außenminister William Hague als ungeheuerlich. Der Vorfall zeige, wie weit jenseits akzeptablen Verhaltens sich das syrische Regime bewege, hieß es in einer Mitteilung des Ministeriums. Sein Land sei bereit, robuste Maßnahmen des Uno-Sicherheitsrats gegen Syrien zu unterstützen, so Hague weiter. Auch die US-Regierung nannte den Abschuss inakzeptabel.

Es ist nicht das erste Mal, dass die britische Regierung frontal das Regime von Präsident Baschar al-Assad angeht. Angesichts der Massaker an Zivilisten in den vergangenen Wochen hatte Hague militärische Maßnahmen nicht ausgeschlossen. Erst vor knapp zwei Wochen erklärte er, die Lage in dem Land ähnele allmählich der Gewalt, die in den neunziger Jahren Bosnien erfasst habe. Auf die Frage, ob die britische Regierung den Einsatz von Gewalt in Syrien ausgeschlossen habe, sagte Hague damals, das Land befinde sich "am Rande des Zerfalls oder eines sektiererischen Bürgerkriegs". Er glaube daher nicht, "dass wir irgendetwas ausschließen können".

Nun also der Abschuss eines türkischen Militärjets durch syrische Kräfte. Wie reagieren? Vor allem Russland und China als Vetomächte dürften im Uno-Sicherheitsrat gegen jede Form eines militärischen Eingreifens sein. Bundesaußenminister Guido Westerwelle zeigte sich besorgt und forderte eine vollständige Aufklärung des Zwischenfalls. Auch Deutschland hat derzeit einen Sitz im mächtigsten Gremium der Vereinten Nationen. Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon und auch Iran riefen zur Besonnenheit auf. Ban hoffe, dass der Zwischenfall auf diplomatischem Weg beigelegt werden könne, erklärte dessen Sprecher.

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Türkischer Jet: Abschuss durch Syrien

Foto: Stringer/ dpa

Am Sonntag traf sich der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan mit Oppositionspolitikern und Militärs, um zu informieren und die Lage zu beraten. Dem Vernehmen nach will er am Dienstag eine Ansprache an die türkische Bevölkerung halten.

"Wir haben es hier eindeutig mit einer Eskalation im Verhältnis zwischen der Türkei und Syrien zu tun", sagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin. "Es zeigt sich, dass alle Bemühungen, den Bürgerkrieg in Syrien einzudämmen, bisher nicht gefruchtet haben." Stattdessen sei inzwischen die ganze Region vom Libanon bis zur Türkei gefährdet.

Man müsse weiter versuchen, Russland in der Syrien-Frage mit in die Verantwortung zu nehmen, so Trittin. "Es ist ein sehr zähes und mühsames Geschäft. Aber realistische andere Optionen wird es kaum geben." Sein Parteikollege Omid Nouripour warnte vor Überreaktionen, forderte aber eine internationale Untersuchung des Vorfalls. Diese könnte von den Vereinten Nationen geleitet werden.

Nato-Sitzung am Dienstag

Auf Wunsch der Türkei wird der Abschuss des Jets nicht nur in der Uno, sondern auch in der Nato besprochen. Am Dienstag soll es in Brüssel ein Treffen geben. "Wir erwarten, dass die Türkei eine Präsentation zu dem aktuellen Vorfall macht", so eine Nato-Sprecherin.

Laut einem türkischen TV-Bericht haben Suchteams inzwischen das Wrack des Kampfjets geortet. Demnach liegt das Flugzeug in 1300 Metern Tiefe in syrischen Gewässern. Von den beiden Besatzungsmitgliedern fehlt noch jede Spur.

Die Türkei räumte am Sonntag zwar ein, dass die F-4 "Phantom" auf einem Übungsflug kurzzeitig und unabsichtlich den Luftraum des Nachbarlandes verletzt habe, der Jet sei aber ohne Vorwarnung in internationalem Luftraum abgeschossen worden. Syrien erklärte, die Maschine in seinem Luftraum abgeschossen zu haben. Es sei ein Versehen gewesen. Die Türkei sandte wegen des Abschusses eine offizielle diplomatische Protestnote an Syrien.

Die EU-Außenminister wollen bereits am Montag über die Situation in Syrien sprechen. Das erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus spanischen Regierungskreisen. "Das Thema stand auf der Agenda des Treffens am Montag. Sie werden die Chance haben, vor dem Nato-Treffen am Dienstag darüber zu sprechen", so die Quelle.

sev/dpa/Reuters