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Chaos im Bundesvorstand Doppelrücktritt erschüttert Piratenpartei

Die Piraten kommen nicht zur Ruhe, gleich zwei Spitzenpolitiker treten zurück. Julia Schramm und Matthias Schrade verlassen den Bundesvorstand. "Ich halte es nicht mehr aus", sagt Schrade. Die Partei liegt in einer Umfrage nur noch bei vier Prozent.
Bundesvorstand der Piraten: Nach Streitereien kämpft die Partei mit schlechten Umfragen

Bundesvorstand der Piraten: Nach Streitereien kämpft die Partei mit schlechten Umfragen

Foto: dapd

Hamburg - Die Piratenpartei rutscht immer tiefer in die Krise. Jetzt ziehen zwei Spitzenpiraten Konsequenzen: Julia Schramm und Matthias Schrade legen ihre Ämter als Beisitzer im Bundesvorstand der Partei nieder.

Schramm erklärte am Freitagnachmittag offiziell ihren sofortigen Rücktritt, bereits am Mittag hatte es erste Berichte über ihren Rückzug gegeben. Ihre Entscheidung stehe in keinem Zusammenhang mit der Arbeit innerhalb des Parteigremiums, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Ihr Beschluss sei vielmehr eine persönliche und grundsätzliche Entscheidung. "Aus dem Ehrenamt Politik ist ein Beruf geworden, den ich so nicht ausüben möchte."

Nach dem Bundesparteitag Ende November in Bochum werde sie sich auch aus der Parteiarbeit zurückziehen und auf ihre Doktorarbeit konzentrieren, sagte die Politikwissenschaftlerin.

"Arbeit des Bundesvorstands seit langem behindert"

Außerdem kündigte Vorstandsmitglied Schrade für die Zeit nach dem Bundesparteitag Ende November seinen Rückzug aus dem Bundesvorstand an. Er begründete dies mit einem tiefen Konflikt mit dem politischen Geschäftsführer Johannes Ponader. "Die Situation im Bundesvorstand ist durch Johannes' Alleingänge zuletzt immer schwieriger geworden und behindert seit längerem die Arbeit des BuVos (Bundesvorstands - d. Red.) als Team", schreibt Schrade in seinem Blog . "... ich halte es inzwischen schlicht nicht mehr aus."

Da Ponader den Bundesvorstand offenbar nicht verlassen wolle und Neuwahlen nicht absehbar seien, bleibe ihm keine andere Wahl. Schrade kündigte an, er werde sich künftig auf die Parteiarbeit außerhalb des Bundesvorstands konzentrieren.

Unter der Fünfprozenthürde

Die Piraten sind seit Wochen nach heftigen innerparteilichen Querelen im Stimmungstief, am Freitag rauschten sie im ZDF-Politbarometer unter die Fünfprozenthürde. Mit vier Prozent würden sie den Einzug in den Bundestag verpassen. In einer anderen Umfrage kamen die Piraten auf fünf Prozent - weit abgeschlagen von ihren Höchstwerten im Frühjahr.

An dem politischen Geschäftsführer Ponader hatte es heftige Kritik wegen einer umstrittenen Spendenaktion zu seinen Gunsten gegeben. Der Bundesvorstand zeigte sich zuletzt tief zerstritten. Parteichef Schlömer forderte Ponader öffentlich auf, "mal zu arbeiten, anstatt Modelle vorzustellen, die die Berufstätigkeit umgehen".

Parteichef: Bundesvorstand bleibt arbeitsfähig

Am Donnerstag hatte der Vorsitzende der bayerischen Piraten, Stefan Körner, SPIEGEL ONLINE gesagt: "Ein Piratenvorstand, der weiter mit Johannes Ponader und Julia Schramm besetzt ist, schadet uns langfristig." Auch Wahlkämpfer in Niedersachsen hatten Schramm im August bereits zum Rückzug aufgefordert. Ponader ließ am Freitag verlauten, er werde nicht zurücktreten.

Parteichef Bernd Schlömer bedauerte die Schritte von Schramm und Schrade. Neuwahlen zum Vorstand gebe es vorerst nicht, sagte Schlömer auf einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz in Berlin. Er selbst wolle weiter im Amt bleiben. Die Zuständigkeiten würden aber neu verteilt.

heb/fab/dpa/dapd