Politik

Castor-Transport im Wendland Franzosen räumten wohl mit

Die Bilder wurden nach Angaben des Fotografen nahe Harlingen gemacht.

Die Bilder wurden nach Angaben des Fotografen nahe Harlingen gemacht.

(Foto: Christian Jäger)

Es ist wohl schon mehr als ein Verdacht: Im Internet tauchen Fotos auf, die französische Elite-Polizisten zeigen, wie sie Anti-Castor-Demonstranten von Gleisen zerren. Der Grüne Ströbele will sogar beweisen können, dass Bundeswehrsoldaten beteiligt waren. Das wäre eindeutig rechtswidrig, so Ströbele.

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele ist der Ansicht, dass beim Polizeieinsatz zum Schutz des Castor-Transports auch ausländische Polizisten aktiv an Räumungsaktionen beteiligt waren. Ströbele verlangte unverzügliche Aufklärung von der niedersächsischen Landesregierung und der Bundesregierung. Er präsentierte ins Internet gestellte Bilder von mutmaßlich französischen Polizisten, die zusammen mit deutschen Bundespolizisten Demonstranten von den Gleisen ziehen. Ein anderes Bild zeigt einen mutmaßlich französischen Beamten mit gezogenem Schlagstock auf den Schienen.

Das Logo der CRS ist bei dem linken Polizisten gut zu erkennen.

Das Logo der CRS ist bei dem linken Polizisten gut zu erkennen.

(Foto: Christian Jäger)

Außerdem will Ströbele Hinweise darauf haben, dass auch polnische und kroatische Polizisten sowie Bundeswehrangehörige an dem Einsatz beteiligt gewesen seien. Ausländische Polizisten aber hätten keinerlei Eingriffsbefugnisse, erklärte der Grünen-Politiker: "Schreiten sie gleichwohl - und gar gewaltsam - hierzulande gegen Grundrechtsträger ein, so ist dies als Amtsanmaßung und Verstoß gegen das Waffengesetz augenscheinlich rechtswidrig." Bei den Polizisten handelt es sich augenscheinlich um Mitglieder der CRS. Die Abkürzung steht für "compagnies républicaines de sécurité", also republikanische Sicherheitskompanien. Dabei handelt es sich um eine kasernierte Spezialeinheit der französischen Polizei, die vor allem bei Demonstrationen eingesetzt wird.

"Nur als Beobachter"

Ein Sprecher des Präsidiums der Bundespolizei in Potsdam bestätigte auf Anfrage, es seien französische Polizisten im Rahmen des üblichen Austauschs vor Ort gewesen, jedoch "nur als Beobachter". Zu den Aufnahmen wollte er nicht Stellung nehmen. Diese müssten zuerst analysiert werden. Auch zur Frage, ob Bundeswehrangehörige und Polizisten anderer Nationen beim Castor-Transport dabei gewesen seien, gab er keine Auskunft. Dies müsse erst überprüft werden.

Hans-Christian Ströbele wird in der Sache sicher nicht locker lassen - dafür ist er bekannt.

Hans-Christian Ströbele wird in der Sache sicher nicht locker lassen - dafür ist er bekannt.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Ein Rechtsanwalt aus Berlin stellte bei der Staatsanwaltschaft Lüneburg Strafanzeige wegen des mutmaßlichen Einsatzes französischer Polizisten, wie es aus dem Büro Ströbeles hieß. Demnach hatte der Anwalt bereits am Sonntag bei der Bundespolizei im Wendland Strafanzeige wegen Amtsanmaßung gestellt, nachdem er einen französischen Polizisten beim Räumen von Gleisen beobachtet haben will. Bei der Staatsanwaltschaft Lüneburg erweiterte er die Anzeige demnach um den Vorwurf des Verstoßes gegen das Waffengesetz.

Christian Jäger, der die Bilder von den mutmaßlich französischen  Gendarmen auf den Gleisen bei Harlingen im Wendland veröffentlicht  hatte, sagte, er habe diese am Sonntag gegen 13.51 Uhr geschossen.

"Brandstifter und Steinewerfer"

Der Castor-Transport sorgte auch für einen heftigen Schlagabtausch zwischen Bundesregierung und Opposition im Bundestag über die Atompolitik. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) gab SPD, Grünen und Linkspartei eine Mitschuld an den teilweise gewaltsamen Protesten. Die Polizei habe den Einsatz "mit Augenmaß" gemeistert. Die Opposition hielt der schwarz-gelben Koalition vor, ohne Not einen gesellschaftlichen "Großkonflikt" neu losgetreten zu haben.

De Maizière sagte in einer Aktuellen Stunde: "Eine Opposition und Demonstranten haben politisch nicht das Recht, gegen eine demokratische Entscheidung zum zivilen Ungehorsam aufzurufen. Die Straße hat keine höhere Legitimation als Parlament und Gesetz." Insbesondere kritisierte er SPD-Chef Sigmar Gabriel, der von einer "neuen Qualität" des Widerstands gesprochen habe. "Eine solche Anerkennung ist unerhört."

FDP-Generalsekretär Christian Lindner hielt SPD und Grünen "Heuchelei" vor, weil sie in ihrer Regierungszeit Castor-Transporte früher selbst mitgetragen hätten. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt bezeichnete die Grünen erneut als "politischen Arm von Brandstiftern und Steinewerfern".

SPD und Grüne beschuldigten de Maizière, die weitgehend friedlichen Proteste gegen den Castor-Transport nach Gorleben "kriminalisieren" zu wollen. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth warf der schwarz-gelben Koalition vor: "Sie tragen den Konflikt auf dem Rücken der Polizisten aus, und das ist unerträglich." Linkspartei-Fraktionschef Gregor Gysi sagte, die Bundesregierung regiere im Interesse einer Atom-Lobby an den "Interessen der Mehrheit der Bevölkerung" vorbei.

Der jüngste Castor-Transport mit elf Behältern aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague war nach 92- stündiger Fahrt am Dienstag im Zwischenlager Gorleben angekommen. Die Proteste von mehreren zehntausend Demonstranten verliefen weitgehend friedlich. Insgesamt wurden nach offiziellen Angaben 131 Polizeibeamte verletzt.

Quelle: ntv.de, jmü/hvo/tis/dpa/AFP

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