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Afghanistan-Einsatz Guttenberg erwägt Staatsanwaltschaft für die Bundeswehr

Deutschland will in Afghanistan mehr riskieren, damit steigt auch die Gefahr von Konfrontationen. Verteidigungsminister Guttenberg prüft nun den Aufbau einer eigenen Militärstaatsanwaltschaft - und zieht damit Lehren aus dem Luftangriff bei Kunduz.
Minister Guttenberg: "Fachwissen bei sehr komplexen Strukturen schadet nicht"

Minister Guttenberg: "Fachwissen bei sehr komplexen Strukturen schadet nicht"

Foto: Markus Schreiber/ AP

Berlin - Die USA haben einen Militärstaatsanwalt, Polen und Russland ebenso. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) erwägt nun offenbar auch in Deutschland die Einrichtung einer besonderen Staatsanwaltschaft für die Bundeswehr.

Vor dem Hintergrund der Ermittlungen gegen den Bundeswehr-Oberst Georg Klein wegen des umstrittenen Luftangriffs bei Kunduz sagte Guttenberg der "Zeit", man könne "die Einrichtung einer zuständigen Staatsanwaltschaft überlegen". Es schade nicht, "wenn es bei solchen, sehr komplexen Strukturen Fachwissen gibt". Wie man ein solches gestalten könne, würde derzeit im Parlament und im Ministerium überlegt.

Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, hatte bereits im vergangenen November gefordert, die Zuständigkeit für Militärstrafverfahren bei einem Bundesgericht zu konzentrieren.

Das angeforderte Bombardement auf zwei von den Taliban gekaperte Tanklaster im vergangenen September hatte eine scharfe Debatte ausgelöst. Unter den bis zu 142 Toten des Angriffs waren nach Nato-Angaben auch Zivilisten. Nach SPIEGEL-Informationen hatte der befehlshabende Bundeswehr-Oberst Klein vor dem Angriff Falschangaben gemacht. Laut Nato-Untersuchungsbericht gestand der Oberst ein, sich durch Erwähnung eines nicht vorhandenen Feindkontakts die Unterstützung der US-Luftwaffe gesichert zu haben.

Guttenberg gab in der "Zeit" im Zusammenhang mit dem Bombenangriff auch einen Fehler seinerseits zu: "Ich habe eine Fehleinschätzung offen eingeräumt und mich korrigiert. Wenn man das als Fehler ansieht, dann kann man sagen, ich habe einen Fehler gemacht. Punkt." Der Minister hatte den Bombenbefehl zunächst als angemessen beurteilt, sich aber später korrigiert. Der Vorfall bei Kunduz wird von einem Untersuchungsausschuss des Bundestags analysiert.

"Nicht um den heißen Brei herumreden"

Kurz vor Beginn der internationalen Afghanistan-Konferenz in London hat sich Guttenberg zudem erneut gegen ein konkretes Abzugsdatum ausgesprochen. Dies würde die Gefährdung der Afghanen und der Soldaten erhöhen, sagte Guttenberg. "Darauf müssen nur diejenigen warten, die die Uhren wieder zurückdrehen wollen."

Zugleich verteidigte er den Ansatz des "Partnerings", wonach sich deutsche Ausbilder gemeinsam mit afghanischen Sicherheitskräften mehr in der Fläche bewegen sollen. Momentan seien die Truppen im Lager und führten Patrouillen aus dem Lager heraus. Damit seien sie "berechenbar" und ebenfalls leicht angreifbar, wie sich in der Vergangenheit bereits gezeigt habe. Der Bundeswehrverband kritisierte die neue Strategie als riskant. Der Afghanistan-Einsatz sei gefährlich, räumte Guttenberg ein. "Da gilt es auch gar nicht, um den heißen Brei herumzureden." Es müsse damit gerechnet werden, dass weiter Soldaten fielen und verwundet würden.

Acht Jahre nach dem Sturz des Taliban-Regimes sind am Donnerstag in London Vertreter von 70 Staaten und internationalen Organisationen zusammengekommen, um einen Strategiewechsel für Afghanistan hin zu mehr zivilen Anstrengungen zu beschließen. Ab 2011 soll es eine Möglichkeit zum schrittweisen Rückzug der ausländischen Truppen geben. Deutschland hat eine Verdoppelung seiner zivilen Hilfen und eine zeitweise Aufstockung seiner Truppen von derzeit 4500 Mann um weitere 500 Soldaten in Aussicht gestellt.

Karzai braucht noch "10 bis 15 Jahre" Gelder aus dem Westen

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die Deutschen in ihrer Regierungserklärung am Mittwoch auf eine lange Afghanistan-Hilfe eingestimmt. Auch aus Sicht der afghanischen Regierung müssen internationale Truppen noch jahrelang in dem Land bleiben. Für Ausbildung und Ausrüstung der afghanischen Sicherheitskräfte dürften fünf bis zehn Jahre reichen, sagte Präsident Hamid Karzai vor der Afghanistan-Konferenz in einem Interview mit der BBC. Bis jedoch genug Geld für die eigenen Truppen da sei, würde es noch 10 bis 15 Jahre dauern.

Der britische Premierminister Gordon Brown sagte ebenfalls im Interview mit dem Sender, wichtig sei es, Afghanistan zu helfen, "so dass ihre eigene Sicherheit ihre eigene Verantwortung ist und nicht die von 43 Ländern."

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte, die internationalen Truppen würden so lange am Hindukusch bleiben, bis die Afghanen ihre Sicherheit selbst in die Hand nehmen können. Das Übertragen der Sicherheitsaufgaben solle so schnell wie möglich geschehen, daher werde er bei den Nato-Partnern auf mehr Beiträge für die Ausbildungsmission in Afghanistan drängen, schrieb er in der britischen "Times".

kgp/dpa/ddp