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Denglisch in der Werbung Komm rein und finde wieder raus

Bei "Nothing between us" oder "Come in and find out" versteht der Durchschnittsdeutsche nur Railway Station, also wenig bis nichts. Bei Messungen des Hautwiderstands fand eine Dortmunder Diplomandin heraus, dass Werbung auf Englisch einfach nicht ankommt. Ihr Professor weiß das schon lange.

Anglizismen in der Werbung sind deutschen Konsumenten nicht nur oft unverständlich, sondern lassen sie auch kalt. Das hat die Dortmunder Statistikerin Isabel Kick in ihrer Diplomarbeit herausgefunden. Ihren Ergebnissen zufolge sollten Marketingprofis häufiger auf ihre gute alte Muttersprache zurückgreifen, statt das Publikum mit englischen Slogans zu piesacken.

Bei der Untersuchung testete Isabel Kick zehn Werbesprüche, indem sie den Hautwiderstand von 24 Probanden beim Abspielen maß - ganz ähnlich wie beim Lügendetektor. Deutlich stärkere Gefühlsreaktionen beobachtete sie bei den fünf deutschen Slogans. Dazu zählten "Wir sind da", "Ganz schön clever", "Wenn's um Geld geht", "Geiz ist geil" sowie "Wohnst du noch oder lebst du schon?". Die beiden letzten Sprüche lösten die stärksten Reaktionen aus.

Ein paar englische Brocken reichen nicht

Dagegen perlten die englischen Werbetexte an den Teilnehmern meist ab. Getestet wurden "Fly high, pay low", "Nothing between us", "Designed to make a difference", "Come in and find out" und "Have a break, have a kitkat".

An erster Stelle vermutet Isabel Kick schlichte Verständnisprobleme: "Eine aktuelle Studie der Beratungsfirma Endmark zeigt, dass weniger als die Hälfte der Deutschen englische Werbesprüche richtig übersetzen können", so die Diplomandin. Wenn sie schon nicht nicht korrekt verstanden wird, sollte englischsprachige Werbung wenigstens Aufmerksamkeit erregen, so ihre Arbeitshypothese. Doch die emotionale Bindung gelingt offenbar kaum.

Besonders groß waren die Unterschiede bei jungen Männern und älteren Frauen ohne Abitur - sie reagierten doppelt so heftig auf die deutschen Sprüche. Kick räumt allerdings ein, dass der Hautwiderstand allein noch nicht die Richtung der Reaktion zeigt: "Ob die Leute sich ärgern oder freuen, darüber kann ein Messgerät nichts aussagen."

"Überleben Sie die Fahrt in unserem Auto"

Die Kölner Endmark AG hatte 2003 in einer repräsentativen Studie untersucht, ob englische "Claims" überhaupt verstanden werden. Das Ergebnis verblüffte selbst eingefleischte Sprachpuristen: So scheiterten 85 Prozent der Befragten am kurzen Slogan "Be inspired" (Siemens mobile), sogar 92 Prozent an "One Group. Multi Utilities" (RWE). Annähernd korrekt übersetzen konnte die Hälfte "Every time a good time" (McDonald's) und "There's no better way to fly" (Lufthansa).

Verheerend fiel der Test bei anderen Sprüchen aus. So übersetzten viele Teilnehmer den Slogan "Come in and find out" (Douglas) mit "Komm rein und finde wieder heraus" und "Drive alive" (Mitsubishi) mit "Fahre lebend" - das hatten die Unternehmen nun wirklich nicht gemeint. Auch kurios: Viele Zuschauer übersetzten das SAT.1-Motto "Powered by emotion" mit "Kraft durch Freude".

Die Dortmunder Diplomarbeit ist jetzt Wasser auf die Mühlen der deutschen Sprachschützer - kein Wunder, sie entstand am Lehrstuhl von Walter Krämer, der sich in seinem Einsatz für das Reinheitsgebot der deutschen Sprache nur ungern übertrumpfen lässt. Krämer ist Professor für Wirtschafts- und Sozialstatistik an der Universität Dortmund und seit Jahren Vorsitzender des Vereins Deutsche Sprache.

Diplom bei Walter Krämer, König der Sprachwächter

Im Internet führt der Club eine schier endlose Anglizismen-Liste, nennt die Homepage konsequent "Leitseite" und versteigerte die deutsche Sprache im letzten Jahr symbolisch bei Ebay; beim Höchstgebot von zehn Millionen Euro wurde das Angebot aus dem Netz genommen. Auch einen "Sprachpanscher"-Preis lobt der Verein regelmäßig aus - und hat für dieses Jahr Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn ins Visier genommen, die ihren Wettbewerb für Elite-Universitäten "Brain up!" nannte. Dass sich ganz schnell am Kopf stößt, wer sein Hirn zu schnell hebt, zeigte die Pressemitteilung einer Universität, die sich für Spitzenklasse hält: "Köln beteiligt sich am Brain ub" .

"Ein alberner Anglizismus und eine ärgerliche Flucht aus der deutschen Sprache", zürnt der Vizevorsitzende Gerd Schrammen, "Engländer und Amerikaner lachen sich kaputt über den deutschen Drang zum Englischen." Wenn Bulmahn den Sprachpanscher-Preis gewinnt, hat sie allerdings keine Trophäe zu erwarten: "Früher haben wir mal eine Art Panschbesteck vergeben, diesmal gibt's nur Spott", so der pensionierte Philologe in der "Jungen Karriere".

Immerhin entdeckt der Verein in der Werbung inzwischen einen Trend weg vom hässlichen "Denglisch", zum Beispiel bei McDonald's: Auf "Every time a good time" ließen die Klopsbrater "Ich liebe es" folgen. C & A wirbt statt mit "Fashion for Living" jetzt mit dem Motto "Preise gut, alles gut". Und Sat.1 wirbt für sein Programm künftig nicht mehr mit "Powered by emotion", sondern mit "Sat.1 zeigt's allen".

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