Frage: Herr Kirkwood, ich bin jetzt 28 Jahre alt. Wie lang werde ich leben?

Tom Kirkwood: Es wäre arrogant, das beantworten zu wollen. Ihre Familiengeschichte ist dafür wichtig, Ihr Lebensstil, die Veränderungen in der Gesellschaft. Aber Sie haben eine gute Chance, 90 zu werden, sogar 95. Mit etwas Glück könnten Sie es sogar bis 100 schaffen.

Frage: Mit Glück oder mit guten Genen?

Kirkwood: Sie brauchen beides. Der Zufall spielt eine große Rolle. Aber wenn Sie sehr, sehr alt werden, dann haben Sie höchstwahrscheinlich auch Gene, die diese Langlebigkeit befördern. Darum suchen Menschen wie ich entweder unter Hundertjährigen oder wenigstens bei Menschen, die 90 Jahre alt sind, nach Langlebigkeitsgenen.

Frage: Gibt es ein bestimmtes Alter, ab dem die Gene entscheidend sind?

Kirkwood: Es gibt keine genetische Uhr für das Altern. Der Zufall spielt eine große Rolle. Man sieht das ganz deutlich bei bestimmten Würmern: Da können wir Populationen genetisch absolut identischer Würmer züchten und sie in Flüssigkultur rühren, so dass alle Würmer genau dieselben Lebensumstände haben. Diese Würmer haben ein ungeheuer präzises Entwicklungsprogramm. Bei jedem erwachsenen Tier entstehen genau 959 Körperzellen. Und es gibt eine Mutation bei diesen Würmern, die sie länger leben lässt. Aber wenn Sie dann zwei Populationen nehmen, eine langlebig, eine kurzlebig, in sich jeweils genetisch identisch, dann ist die Lebensspanne eines Individuums dennoch ungeheuer variabel. Also selbst bei diesen Würmern, die eine so genau regulierte Entwicklung haben und die einen starken genetischen Einfluss aufs Altern haben, können Sie die Lebensspanne nicht anhand der Gene vorhersagen. Dasselbe gilt für Menschen.

Frage: Sie sind 59 Jahre alt. Wird die Forschung persönlicher, wenn man älter wird?

Kirkwood: Eigentlich nicht. Die Sache, die mich am meisten frustriert, ist, was das Altern dem Sehsinn antut. Seit ich zehn bin trage ich eine Brille. Aber jetzt habe ich drei Brillen. Eine Brille zum Autofahren, eine Brille für meinen Schreibtisch, wenn ich Veröffentlichungen lese. Und diese Brille, die bifokal ist. Da den Überblick zu behalten finde ich wirklich nervig. Andererseits ist das Altern eine interessante Reise. Man wird lockerer, ich genieße das Leben tatsächlich mehr. Man hat einen anderen Blick aufs Leben, die Dinge sind interessanter, unterhaltsamer, witziger. 

Frage: Was machen Sie, um alt zu werden?

Kirkwood: Ich versuche, mich gesund zu ernähren. Aber ich vermeide auch keine Sachen. Ich esse gerne Steak und Pommes, aber nicht jeden Abend. Ich esse viel Gemüse, viel Fisch. Aber das ist auch die Art Essen, die ich mag. Ich lebe keinen optimalen Lebensstil für ein langes Leben. Weil ich zu viel Druck und Stress habe; ich bin ehrgeizig und getrieben. Man sollte versuchen, relaxter zu sein. Ich lerne, das Leben leichter zu nehmen, und darin werde ich besser, je älter ich werde.