Ein klarer Dezembermorgen, die Weinhänge des winzigen Dorfes Russin liegen verschneit in der Vormittagsstille, ab und zu rast ein Schnellzug vorbei. Natürlich ist es kein Zufall, dass er hier wohnt: an der französischen Grenze, wo die Schweiz, wie er zu sagen pflegt, zum Glück fast zu Ende ist.

Jean Ziegler, Soziologieprofessor, Berater der Vereinten Nationen, Gewissen der Weltgemeinschaft, ist hier zu Hause. Als die Tür sich öffnet, taxiert ein neugieriger Blick die Besucher, im Gesicht trägt Ziegler die Hornbrille, die er vor Jahrzehnten einmal in der DDR kaufte. Ein unverbesserlicher Revolutionär wurde er genannt, Stimme der Armen und Schreck der Mächtigen. Nestbeschmutzer und Relikt der sechziger Jahre. Einer, den man nur lieben oder hassen kann.