Grüne Inseln im Betondschungel

Vom Kartoffelsack bis zu essbaren Blumen: Luzia Rodriguez, Chef-Gärtnerin in «Frau Gerolds Garten», weiss, was es für ein erfolgreiches Urban-Gardening-Projekt braucht.

Im Schatten des Zürcher Primetower zwischen Schiffscontainern und Zuggleisen durchbrechen grüne Inseln den Betondschungel. Im Garten von Frau Gerolds stehen überall Holzkisten, Autoreifen und Einkaufswagen, aus denen Federkohl, Mini-Kiwis oder Zitronenmelisse spriessen. Verantwortlich dafür ist nicht die fiktive Frau Gerolds, sondern Umweltingenieurin Luzia Rodriguez.

In Frau Gerolds Garten, eigentlich eine Mischform aus Restaurant, Bar, Shops und Kunstgalerie, hat die 34-Jährige während der letzten drei Jahre ihren persönlichen Garten Eden angelegt. Weder Schwer­metall in der Erde noch Abgase in der Luft hielten sie davon ab: «Man kann überall etwas pflanzen. Denn Natur kommt immer.» Wie viele verschiedene Blumen-, Gemüse-, Obst- und Früchtesorten in Frau Gerolds Garten wachsen, kann die Gärtnerin nicht sagen. Nur so viel: «Es kommt einiges zusammen.»

Zurück zur Natur

An heissen Sommertagen gehen in Frau Gerolds Garten bis zu 750 Menüs über die Theke. Der Beitrag aus dem eigenen Garten ist trotz Dutzender Pflanzenbeete vergleichsweise marginal. Darum geht es jedoch nicht. «Wir möchten hier Umweltbildung betreiben und die Gäste animieren, zu Hause einen eigenen Minigarten anzulegen», so das erklärte Ziel der Chef-Gärtnerin. Mit dieser Idee hat Frau Gerolds Garten die Zürcher Urban-Gardening-Bewegung mitgeprägt. Und so schiessen mittlerweile auf immer mehr städtischen Balkonen Tomatenstauden in die Höhe, im Töpfli vor dem Küchenfenster wachsen Chili­schoten heran, und im Jutesäckli auf der Küchenzeile gibts das eigene Peterli.

In Zeiten, in denen es viele Menschen nicht mehr schaffen, ihre Freizeit in der Natur zu verbringen, holen sie sich die Natur eben in die Stadt. Auch deshalb glaubt Rodriguez, dass es sich bei Urban Gardening nicht um einen flüchtigen Trend, sondern eher um ein ganz grundsätzliches Umdenken handelt: «Umwelt­katastrophen und Klimawandel haben in vielen Menschen etwas ausgelöst. Sie haben das Bedürfnis, wieder naturnäher zu leben.»

Ein Kartoffelacker auf dem Balkon

Gemäss Garten-Profi Rodriguez ist kein Balkon zu klein, um ein kleines Urban-Gardening-Projekt zu starten. Denn letztlich braucht es nur einen Topf, eine Pflanze, viel Wasser und genügend Sonne. Für Garten-Anfänger empfehlen sich robuste Pflanzen wie Rosmarin, Lavendel oder Thymian. Ohnehin seien Gewürze ein idealer Start in die Hobby-Gärtnerei. «Die duften gut, sehen hübsch aus, und man kann sie gleich in der Küche verwenden», lautet das Urteil der Gerolds-Gärtnerin. Auch essbare Blüten würden sich gut eignen, um zuerst den Balkon und anschliessend den Salatteller optisch aufzuwerten.

Wer statt essbarer Zierblumen Bodenständigeres bevorzugt, dem rät Rodriguez zum eigenen Kartoffel­acker. Dazu braucht es lediglich einen Leinensack, Kartoffeln und Erde. Die Ränder des Sacks zuerst bis auf etwa 20 cm Höhe herunterrollen, etwas Erde hineingeben, einige Kartoffeln hineinlegen und diese wiederum mit Erde überdecken. Sobald Grün an die Oberfläche gelangt, die Sackränder etwas hinaufrollen, erneut mit Erde zudecken und warten. «Dieses Prozedere kann man so oft wiederholen, bis der Leinensack mit Kartoffeln gefüllt ist», so der Rat der Expertin.

Den ultimativen Geheimtipp für Hobby-Gärtner hat auch die Frau mit dem grünen Daumen nicht. Denn auch sie lernt jedes Jahr dazu: «Gärtnern ist ein Handwerk. Es braucht Zeit und den Willen, immer wieder etwas Neues auszuprobieren.»

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