Klage gegen Gagfah:Dresden legt sich mit Heuschrecke an

Die Rechnung ging nicht auf: Durch den Verkauf kommunaler Wohnungen schaffte sich Dresden 2006 alle Schulden vom Hals. Doch der Käufer Fortress hält sich nach Beobachtung der Stadt nicht an die vereinbarte Sozialcharta - die Kommune klagt.

Eine Stadt macht mobil: Der Dresdner Stadtrat hat seine Drohung wahrgemacht und die angekündigte Klage gegen den Immobilienkonzern Gagfah beschlossen. Die Entscheidung der Kommune fiel mit großer Mehrheit.

Dresdner Stadtrat entscheidet über Gagfah-Klage

Gagfah-Immobilie in Dresden-Südwest: Streit über die Sozialcharta.

(Foto: dpa)

Der Fall ist brisant, denn die Gagfah gehört mehrheitlich der US-Investmentgesellschaft Fortress, die von Mieterschützern gerne als "Heuschrecke" bezeichnet wird. Mit der nun beschlossenen Klage räumt die Stadt Dresden implizit ein, dass die Folgen des Verkaufes des kommunalen Wohnungsbestandes an Fortress im Jahre 2006 nicht so sozialverträglich sind, wie sich die Stadtväter das gewünscht hatten.

Nach Auffassung der Dresdner Verwaltung hat das Unternehmen gegen eine Sozialcharta verstoßen, die 2006 bei der Übernahme des kommunalen Wohnungsunternehmens Woba ausgehandelt worden war. Die dafür fälligen Vertragsstrafen summieren sich theoretisch auf bis zu 1,06 Milliarden Euro. Um welchen Betrag es am Ende tatsächlich gehen wird, ist allerdings noch unklar.

Die Klage soll nach Angaben der Stadt bereits in den kommenden Tagen eingereicht werden. Am 31. März läuft die Frist dafür ab.

Wie lange sich der Rechtsstreit dann hinziehen wird, ist ebenfalls noch nicht abzusehen. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass sich die Parteien im Laufe des Verfahrens auf einen Vergleich einigen. Die Gagfah hat die Vorwürfe bislang immer zurückgewiesen und von unterschiedlichen Auffassungen über den Vertragstext gesprochen.

Zudem hatte das Unternehmen nach Angaben von Stadträten angeboten, die Klagefrist zu verlängern, um Zeit für weitere Verhandlungen zu gewinnen. Diese Option habe der Rat hinter verschlossenen Türen auch diskutiert, am Ende dann aber verworfen, hieß es.

"Gegen Verpflichtungen verstoßen"

Dresden hatte 2006 rund 48.000 Wohnungen an den Immobilienkonzern verkauft. Das Geschäft wurde damals beklatscht. Denn mit den Erlösen hatte Dresden auf einen Schlag seine Schulden losgebracht - als erste Großstadt in Deutschland.

Das Geschäftsmodell der Gagfah besteht darin, große Wohnanlagen en bloc aufzukaufen und daraufhin einzelne Wohnungen mit Gewinn weiterzuverkaufen. Deswegen machte es die Stadt Dresden zur Bedingung, dass die Gagfah immer zuerst den Woba-Mietern ein Kaufangebot vorlegt, bevor sie deren Wohnungen an Dritte veräußert. Werden ganze Häuser verkauft, sollte diese Pflicht inklusive der vertraglich vereinbarten Strafen an die neuen Eigentümer weitergegeben werden.

Doch nun fühlt sich die Kommune hintergangen: "Die Stadt hat festgestellt, dass die Gagfah in einer Vielzahl von Verkaufsfällen gegen diese Verpflichtungen verstoßen hat", teilte die Verwaltung mit.

Angesichts der drohenden juristischen Auseinandersetzung war der Gagfah-Aktienkurs zuletzt abgestürzt. Vorstandschef William Brennan sieht sich zudem dem Vorwurf des Insiderhandels ausgesetzt. Er hatte Anfang Februar Gagfah-Aktien im Wert von 4,7 Millionen Euro verkauft. Einige Wochen später wurde dann bekannt, dass Dresden die Milliardenklage erwägt, was den Kurs abstürzen ließ.

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