Weltsozialforum: Gerechte Handelsbeziehungen gefordert

«Der jährliche Steuerverlust der Entwicklungsländer durch den Finanzplatz Schweiz ist rund dreimal grösser als das Schweizer Budget für Entwicklungshilfe»

ref.ch. Die Vertreter afrikanischer Organisationen haben am Weltsozialforum in Dakar eine radikale Änderung der Entwicklungszusammenarbeit gefordert. Das Geld müsse in Menschen investiert werden und nicht in wirtschaftliche Tätigkeiten, die bloss den Industrieländern Gewinn einbrächten.

«Das meiste Geld der Entwicklungshilfe kommt bei den Menschen, die dieses brauchen, nie an», sagte Pemba Mbow, Professorin an der Universität Dakar, ehemalige senegalesische Ministerin und Präsidentin der Organisation «Mouvement Social». Im Gegenteil: Das Geld fliesse in die Taschen korrupter Eliten und von da zurück in die Steuerparadiese.

Zu diesen Steuerparadiesen zähle auch die Schweiz, sagte Bruno Gurtner, Präsident der internationalen Organisation Tax Justice Network, im Verlauf des Weltsozialforums der Nachrichtenagentur SDA, das am 10. Februar zu Ende geht. So lägen auf Schweizer Banken unversteuerte Privatvermögen aus Entwicklungsländern in Höhe von 360 Milliarden Franken. Den Ländern entgingen dadurch jedes Jahr geschätzte 6 Milliarden Franken Steuergelder.

«Der jährliche Steuerverlust der Entwicklungsländer durch den Finanzplatz Schweiz ist rund dreimal grösser als das Schweizer Budget für Entwicklungshilfe», stellte Peter Niggli, Geschäftsleiter von Alliance Sud, fest. Neben den Profiten des Schweizer Finanzsystems schadeten auch die ungleichen Handelsbeziehungen und der Rohstoffabbau den Entwicklungsländern. «In Norwegen kostet es sehr viel, Erdöl zu fördern, im Tschad ist es fast gratis», sagte Niggli. Ein Grund sei, dass die afrikanischen Regierungen von den Ölkonzernen fast keine Konzessionsgelder für die Ölförderung forderten.

Bisher sei der Rohstoffabbau in Entwicklungsländern in der Schweiz kaum ein Thema gewesen, sagte Niggli. Das ändere sich nun: «Immer mehr Firmen, die im Rohstoffabbau tätig sind, verlegen ihren Sitz in die Schweiz», erklärte er. Beispiele seien das Bergbauunternehmen Xstrata oder die Ölplattform-Betreiberin Transocean.

Auch die Handelsbeziehungen zwischen Entwicklungsländern und Industrieländern seien oft sehr ungleich, sagte Niggli. Ein extremes Beispiel sei der Fall USA-Philippinen: Nach dem Sturz der Marcos-Diktatur 1986 leisteten die USA einen Hilfskredit in Milliardenhöhe. Weil aber gleichzeitig das US-Handelsministerium unabhängig davon die Importquote für Textilien aus den Philippinen verkleinerte, hatte das südostasiatische Land am Ende weniger Geld als vorher.

Um solche widersprüchlichen Massnahmen zu verhindern, engagiert sich Alliance Sud, die Arbeitsgemeinschaft von sechs Schweizer Hilfswerken, in der Schweizer Aussenpolitik. «Seit die WTO-Verhandlungen blockiert sind, versuchen alle Staaten, bilaterale Freihandelsabkommen abzuschliessen», sagte Niggli. Da setze Alliance Sud an: Die Organisation versucht, Parlamentarier, die die Freihandelsverträge bewilligen müssen, für die ungleichen Handelsbeziehungen zu sensibilisieren. «Erst wenn sich im Parlament Widerstand regt, werden die Freihandelsabkommen in der Öffentlichkeit zum Thema», erklärte der Alliance Sud-Geschäftsleiter die Strategie.

Ein weiteres wichtiges Anliegen von Alliance Sud ist die Erhöhung des Schweizer Entwicklungsbudgets. Allerdings nütze auch ein Milliardenbudget nichts, wenn das Geld falsch investiert werde, sind sich Alliance Sud und die afrikanischen Entwicklungsorganisationen einig.

«Ihr müsst in die Bildung der Menschen und die Stärkung der Zivilgesellschaft investieren», forderte Pemba Mbow. Nur dann seien die Afrikaner auch in der Lage, sich selbst gegen korrupte Regimes im Innern und ungleiche Handelsbeziehungen mit dem Ausland zu wehren.

«Wir müssen uns klar werden, welches unsere wirtschaftlichen und sozialen Interessen sind», erklärte Joséphine Ouedraogo, Generalsekretärin der Nichtregierungsorganisation Enda-Tiers Monde und ehemalige Aussenministerin Burkina Fasos. Afrika müsse lernen, seine Interessen selber durchzusetzen.


Quelle: ref.ch News/Anja Burri, SDA, 10. Februar 2011

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