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Manager-Gehälter: Die peinlichsten Bonus-Begründungen
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Irene Rosenfeld
Bloomberg Irene Rosenfeld leitet Kraft Foods Inc., einen der größten Nahrungsmittelkonzerne der Welt. Sie erhielt Millionen-Boni für ihre Frauenförderung.

Den Vorstandschef für eine Top-Leistung belohnen? Warum nicht. Vorausgesetzt, der Boss hat seine Ziele auch wirklich erreicht und bekommt die zusätzlichen Millionen nicht nur dank fadenscheiniger Ausreden der Aufsichtsräte.

Die Saison der Hauptversammlungen großer Konzerne nähert sich ihrem Höhepunkt. Im April und Mai debattieren die Aktionäre nicht nur über die Unternehmensergebnisse, sondern auch über die Bezahlung des Vorstandes – vom Grundgehalt bis zum Bonus. Auch dieses Jahr werden wieder viele Aktienbesitzer – immerhin die Eigentümer des Konzerns – die Vergütungen mancher Manager kritisieren. Und sie werden sich über die seltsamen Begründungen einiger Aufsichtsräte in den Geschäftsberichten wundern, aus denen hervorgeht, warum der Vorstand nicht nur sein Fixgehalt sondern auch einen Bonus – oder gar Sonderbonus – bekommt.

Um auch dieses Jahr besser zu erkennen, wo die Wahrheit liegt und wo die Dichtung beginnt, lohnt sich als Einstimmung ein Blick auf einige der fadenscheinigsten Ausreden vergangener Jahre. Ihnen allen ist gemein: Je schlechter die Leistung des Managements und je unverdienter der Bonus – desto kreativer die Begründung des Aufsichtsrats. Doch der Reihe nach.



Saison der Selbstbediener

Die Trophäe für den am wenigsten gerechtfertigten Bonus aller Zeiten dürfte in Deutschland nach wie vor Thomas Middelhoff gebühren. Der ehemalige Vorstandschef des inzwischen insolventen Arcandor-Konzerns (KarstadtQuelle) strich selbst in Zeiten miesester Geschäftszahlen noch Millionen ein. Dank eines unfassbar großzügigen Aufsichtsrates.

Der Trick der Kontrolleure: Sie gewährten Middelhoff (Spitzname „Bonus-Boy“) in schlechten Zeiten, die keinen normalen Bonus rechtfertigten, einfach einen „Sonder-Bonus“ für „außergewöhnliche Leistungen“ – diesen Ermessensspielraum hat jeder Aufsichtsrat. Mal begründeten die Aufseher die Zahlung mit Erfolgen um die „gestalterische Struktur der Thomas Cook Group“. Mal mit „strategischem Weitblick“. Oder auch mit „mutigen Entscheidungen in den Jahren 2005 bis 2008“. Hauptsache die Formulierung war schwammig genug, um buchstäblich alles zu rechtfertigen.


Überraschung versteckt in 30 Seiten Geschwafel

Kaum anders liest sich allerdings manch eine Begründung britischer und amerikanischer Konzern-Aufsichtsräte. Jahr für Jahr wächst die Zahl der Seiten, in denen die Aufsichtsräte ihre Entscheidungen zu Bonuszahlungen für das Top-Management begründen. Nicht immer gelingt ihnen das, wie eine Analyse der „Financial Times“ zeigt. So gönnt sich der Aufsichtsrat des US-Computerherstellers Hewlett-Packard 30 Seiten, um darzulegen, welche Ziele dem Management vergangenes Jahr gesetzt – und welche von ihm erreicht wurden. Inmitten der komplizierten Beschreibung eines sechs-stufigen Kontrollmechanismus versteckt sich eine knappe Anmerkung: Ex-Vorstandschef Mark Hurd erhielt bei seinem Abschied zwölf Millionen Dollar in bar plus zusätzliche Aktienoptionen, obwohl er das Unternehmen verlassen musste, nachdem gegen ihn Vorwürfe wegen sexueller Belästigung laut geworden waren.

Liebling der Analysten ist aber der Aufsichtsrat des Nahrungsmittelkonzerns Kraft. Die Kontrolleure überschütteten Vorstandschefin Irene Rosenfeld mit einem 2,1 Millionen-Dollar-Bonus, obwohl sie ihre Gewinnziele nicht erreichte. Um das Unentschuldbare zu entschuldigen, flüchtet sich der Aufsichtsrat in eine atemberaubende Begründung: Frau Rosenfeld habe nicht nur „den Vorrat an Management-Talenten für das Unternehmen aufgestockt“. Sondern auch „für mehr Vielfalt im Management“ gesorgt („Diversity“). Gemeint ist: Die Chefin beförderte mehr Frauen und ethnische Minderheiten in höhere Gehaltsränge. Das mag ein ehrenwertes Unternehmensziel sein. Aber dafür einen Millionenbonus?

Fest steht: All dieses endlose Geschäftsberichts-Geschwafel hat für die Aufsichtsräte einen angenehmen Nebeneffekt. Die Aktionäre wenden sich gelangweilt oder angewidert ab – und nehmen vieles einfach nicht mehr zur Kenntnis. Die „Financial Times“-Kolumnisten Lucy Kellaway sehnt sich daher schon fast nach den alten Zeiten, in denen der Aufsichtsrat nur kurz und knapp sowie ohne jede Begründung eine Gehaltssumme für den gesamten Vorstand veröffentlichte: „Diese nackte Zahl wäre sicherlich leichter zu verstehen – und schwieriger zu verteidigen.“
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