Zumindest juristisch gesehen liegt der Fall, der jetzt die Gemüter erregt, doch ganz einfach. Da ist einem Tatverdächtigen von Polizeibeamten Folter angedroht worden, ein Gericht hat diese Polizisten dafür vor Jahren verurteilt. Und nun möchte der Betroffene Schadenersatz haben.

Wer nüchtern allein das Verfahren betrachtet, in dem Magnus Gäfgen jetzt vom Landgericht Frankfurt 3.000 Euro Entschädigung vom Land Hessen zugesprochen wurden , der kann nicht umhin kommen, zuzugestehen, dass der Richter letztlich nur konsequent geurteilt hat. Folter darf es in einem Rechtsstaat nun mal nicht geben, auch nicht die Androhung derselben.

Die Qualität des Rechtsstaats zeigt sich erst in den schwierigen Momenten. Und der Vorwurf, die Justiz habe mit dem Urteil das falsche Signal gesendet, geht fehl. Über anderes hatte das Gericht schlicht nicht zu entscheiden.

Selten aber liegen Recht und moralisches Empfinden so weit auseinander wie in diesem Fall. Denn Gäfgen ist vor allem Täter, in einem das aktuelle Verfahren sozusagen überwölbenden Kapitalverbrechen, ohne das es nie zur Folter-Androhung gekommen wäre.

Der Kindsmörder hat einen Elfjährigen entführt, um weiter einen aufwendigen Lebensstil zu pflegen, er hat noch Lösegeld kassiert, als das Kind bereits tot war und er hat erst einmal andere der Tat bezichtigt, als die Polizei ihn fasste.

Seitdem er 2003 zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, lässt er keine Gelegenheit aus, sich zum Opfer zu stilisieren. All das ist an Erbärmlichkeit kaum zu überbieten.

Doch selbst wenn Magnus Gäfgen nach der neuerlichen Entscheidung endlich Ruhe geben sollte: Das Urteil des Frankfurter Landgerichts reiht sich ein in eine beunruhigende Serie von Richter-Entscheidungen "im Namen des Volkes", die zwar Recht darstellen mögen, aber von diesem Volk zu großen Teilen nicht verstanden werden. Sei es im Fall der Sicherungsverwahrung von Sexualstraftätern, bei Entscheidungen, Jungkriminelle nicht in Untersuchungshaft zu nehmen oder eben bei den Rechten, die auch einem Kindsmörder zugestanden werden müssen. Eine Rechtsprechung, die nur Juristen nachvollziehen können, bewegt sich auf unheilvollem Weg.