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Immobilien "The Shard"

In London türmt sich die größte Scherbe der Welt auf

Mit 310 Metern wird "The Shard" das höchste Gebäude Europas. Die Scherbe könnte zum neuen Wahrzeichen der britischen Hauptstadt werden.

In London erhebt sich ein neuer Riese. Knapp ein Jahr vor der Eröffnung dominiert die Baustelle des Hochhauses "The Shard" schon den Horizont der britischen Hauptstadt. Mit 310 Metern Höhe wird das Gebäude am Bahnhof London Bridge bald das größte Hochhaus Europas sein.

72 der 87 Stockwerke stehen bereits und sind auf viele Kilometer sichtbar. Anfang 2013 soll der Wolkenkratzer der Superlative Eröffnung feiern. Wie viele andere Londoner Hochhäuser ist "The Shard", zu Deutsch: die Scherbe, nach seiner Form benannt: ein gigantischer, voll verglaster Spitzbau, der sich bis über die Wolkengrenze in den Himmel streckt.

Die Aussicht von den Besucher-Galerien im 68. bis 72. Stock ist atemberaubend. An klaren Tagen kann man von hier aus 70 Kilometer weit sehen. Das berühmte Gherkin-Hochhaus von Norman Foster, das wie eine Gurke aussieht, am anderen Ufer der Themse sieht von oben wie ein Spielzeughaus aus.

Doch selbst an Schlechtwettertagen dürfte der Ausblick einzigartig sein. Jeden vierten Tag im Jahr, so hat das Londoner Wetteramt errechnet, wird die Turmspitze einige Stunden über den Wolken liegen. Eine Perspektive, die man sonst nur aus dem Flugzeug kennt.

12.500 Menschen können auf 87 Stockwerken arbeiten

Stararchitekt Renzo Piano nennt sein Prestigeprojekt eine "vertikale Stadt." Zehntausende Menschen werden "The Shard" jeden Tag besuchen. Rund 12.500 Menschen können allein in den Büroetagen in den unteren 28 Stockwerken arbeiten.

In die Etagen darüber sollen sechs Gourmet-Restaurants einziehen. In die Stockwerke 34 bis 52 hat sich die Luxushotelkette Shangri-La eingemietet. Level 53 bis 65 sind für Luxusapartments reserviert. Darüber thronen die Besucher-Galerien.

Mehrmals in seiner 14-jährigen Planungsgeschichte stand das 1,2 Milliarden Pfund teure Projekt vor dem Aus. 1998 kaufte der britische Immobilienentwickler Irvine Sellar das Grundstück am Südufer der Themse. Schnell entwickelte er Pläne, die hässlichen Bausünde Southwark Tower auf dem Gelände abzureißen und durch einen Wolkenkratzer zu ersetzen. Die Stadt wies seine Pläne zurück.

Ein solch ikonisches Gebäude sei in London nur mit einem Stararchitekten zu machen. 2001 reiste Sellar nach Berlin, um Piano von seiner Idee zu begeistern. Berühmt geworden durch das Centre Pompidou in Paris, arbeitete der Italiener damals gerade an dem Masterplan zum Neubau des Potsdamer Platzes. Noch während des Mittagessens mit Sellar malte Piano den Entwurf für "The Shard" auf eine Servierte.

Obwohl sich während der Planungsphase die Bürgerproteste häuften, bekam Sellar 2003 die Baugenehmigung. Vier Jahre später drohte das Projekt erneut zu scheitern. Die Schweizer Großbank Credit Suisse sprang wegen der Finanzkrise als Investor ab. Schließlich rettete die Nationalbank QNB des Emirats Katar Sellars Traum. QNB gehören heute 80 Prozent des Komplexes, der noch ein weiteres 17-stöckiges Bürogebäude und den Bahnhof London Bridge.

"The Shard" könnte Wahrzeichen Londons werden

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2009 konnten endlich die Bauarbeiten beginnen, die Piano mit Hochdruck vorantrieb. Sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag, zogen 900 Arbeiter im Schichtdienst die Betonwände nach oben. Bis der Rohbau im letzten Herbst fertig war, wuchs das Gebäude stündlich um 30 Zentimeter. Im Zentrum des Hochhauses befindet sich ein extrastarker Betonschacht, durch den alle wesentlichen Leitungen, Fluchttreppenhäuser und die 44 Aufzüge laufen.

So soll das Gebäude auch bei einem schweren Anschlag sicher evakuierbar sein. Die 11.000 Glasplatten für die Verkleidung ließ Piano von einer Glasfabrik in den Niederlanden fertigen. Zusammen könnten sie acht Fußballfelder bedecken. Jede Glasplatte ist unterschiedlich, was dem Wolkenkratzer einen besonderen Schimmer verleihen soll. Die Glasplatten werden Sonne und Wolken reflektieren, so dass das Hochhaus je nach Wetter und Jahreszeit die Erscheinung wechselt.

Die Chancen für "The Shard" stehen gut, zu einem neuen Wahrzeichen der britischen Hauptstadt aufzusteigen. Ob das Milliarden-Projekt auch wirtschaftlich ein Erfolg wird, bleibt noch abzuwarten.

Vielversprechend sind die Aussichten für die zehn Apartments mit dem besten Blick in London. Trotz schwächelnder Konjunktur verkauften sich die 86 Luxuswohnungen in dem Prestigeprojekt "One Hyde Park" vor zwei Jahren zu Rekordpreisen. Das Penthouse des Gebäudes wechselte sogar angeblich für 140 Millionen Pfund den Besitzer – der höchste Preis, der je in Großbritannien für eine Wohnung gezahlt wurde. "The Shard"-Entwickler Sellar glaubt, für seine Wohnungen noch höhere Kaufpreise verlangen zu können.

Noch stehen viele Flächen leer

Heikler wird dagegen die Vermietung der 55.000 Quadratmeter Bürofläche. Im Finanzzentrum City of London am gegenüberliegenden Ufer der Themse stehen fast zwei Drittel der 2011 fertig gewordenen Büroflächen leer. Die Zahl der neuen Mietverträge brach in der ersten Jahreshälfte 2011 um 52 Prozent ein, berichtet das Maklerhaus Savills. Prognosen für das Jahr 2012 sehen kaum rosiger aus.

Die Flaute betrifft selbst prominente neue Wolkenkratzer wie "Pinnacle" bei Bishopsgate oder "Walkie-Talkie" in der Fenchurchstreet. Der "Cheese Grater" in der Leadenhall Street konnte im Dezember immerhin die US-Versicherung Aon Corp. als Mieter gewinnen, die ein Drittel des Gebäudes belegen will.

Immobilienentwickler Sellar scheinen solche Nachrichten aber nicht weiter zu beunruhigen. Mit der Vermarktung der Büros will er erst im Laufe des Jahres beginnen. Einen sicheren Mieter setzte er dagegen schon vor die Tür.

Die Londoner Verkehrsbetriebe Transport for London hatten sich schon 2005 ein Drittel der Bürofläche gesichert. Sellar kündigte dem Unternehmen allerdings vor zwei Jahren den Vertrag. Transport for London hätte 3,60 Pfund pro Quadratmeter und Monat gezahlt. Sellar hofft nun, den doppelten Preis von neuen Mietern zu bekommen.

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