Thailand: Jagd auf Elefantenbabys nimmt zu

27.2.2012, 10:45 Uhr
Thailand: Jagd auf Elefantenbabys nimmt zu

© dpa

Es ist nicht das Elfenbein, auch nicht das Fleisch. Es sind die Dollars und Euros der Touristen, die den illegalen Handel mit Baby-Elefanten in Thailand offenbar boomen lassen.

Die Tiere werden jung gefangen und abgerichtet, um Touristen zu bespaßen, berichten Tierschützer. Und die thailändische Regierung lasse dies zu, schimpfen sie. Gegen ihren lautesten Kritiker, Edwin Wiek, gehen die Behörden in diesen Tagen mit aller Härte vor.

„Die Behörde für Naturparks und Wildschutz kam Mitte Februar mit hunderten Bewaffneten auf unser Gelände und behauptete, wir hätten keine Papiere für die Tiere, die wir hier aufpäppeln“, sagt Wiek der Deutschen Presse-Agentur. Der Niederländer und Gründer eines Auffangzentrums für misshandelte Tiere in Thailand kämpft seit Jahren gegen den illegalen Handel mit Babyelefanten. „Sie gaben uns zwei Stunden, die Papiere für 450 Tiere vorzulegen.“

Zwei Stunden, das sind 16 Sekunden pro Tier. „Dann begannen sie, unsere Tiere mit Betäubungspfeilen niederzustrecken und einzusammeln.“ Unter dem Protest von Dutzenden freiwilligen Helfern und Besuchern dauerten die Razzien zehn Tage an. 103 Tiere wurden abtransportiert. „Ich verklage die Behörde auf Diebstahl“, kündigte Wiek an. Er sieht in der Aktion einen Rachezug.

Grausamer Fund im Nationalpark

In seinem Artikel für die Bangkoker Zeitung „Nation“ hatte Wiek die Machenschaften der Wilderer offengelegt – inklusive scharfer Kritik an den thailändischen Behörden, die nach seinen Angaben wenig dagegen tun. Wiek hatte einen grausamen Fund zum Anlass genommen: Sechs abgeschlachtete Dickhäuter in Thailands Nationalparks. „Das war wohl nur die Spitze des Eisbergs“, schrieb er und lüftete das hässliche Geheimnis. Dann brach über ihm und seiner Wildlife Friends Foundation Thailand in Cha-am rund 170 Kilometer südwestlich von Bangkok die Hölle los.

Bis zu einer Million Baht (24 000 Euro) bringt ein Baby-Elefant laut Wieks Recherchen ein, wenn er an einen der beliebten Naturparks auf Phuket, in Pattaya, Chiang Mai, Ayutthaya oder Hua Hin verkauft wird. Dort müssen die Tiere für ahnungslose Touristen tanzen oder sie auf dem Rücken durch den Dschungel tragen.

Zwei bis drei junge Elefanten werden pro Woche in Thailands Wäldern gefangen, um als Touristenattraktion zu enden. Das ergaben Wieks Nachforschungen. Bei der brutalen Gefangennahme werden oft ihre Mütter und weitere Mitglieder der Elefantenherde erschossen. Bei jedem Fang sterben bis zu drei Tieren, berichteten Wilderer. Sie werden getötet, damit die Wilderer besser an die Babys herankommen.

Wenig Angst vor Entdeckung

Thailands Elefantenherde ist in den vergangenen Jahrzehnten deutlich geschrumpft. Weniger als 2000 Dickhäuter streifen den Angaben zufolge noch durch die Wildnis. Während bislang vor allem wildlebende Elefanten aus dem benachbarten Birma gefangen und nach Thailand geschleust wurden, scheint das lukrative Geschäft heute auch in Thailand selbst zu blühen.

Die Wilderer transportieren gefangene Babyelefanten auf offenen Lastwagen, schrieb Wiek in seinem Artikel. „Das zeigt, dass sie wenig Angst vor Entdeckung haben und ist ein klares Zeichen, dass sie von einflussreichen Leuten gedeckt werden.“

Der Direktor der Nationalparkbehörde, Damrong Phidej, bestreitet jeden Zusammenhang zwischen den Razzien und Wieks Artikel. Tierheimen, wie dem von Wiek, fehle es oft an den nötigen Papieren für ihre Schützlinge, sagt er. „Wir versuchen daher, die Situation etwas zu verbessern.“ Auf Platz zwei seiner Fahndungsliste steht neben Wiek ein weiterer lautstarker Kritiker.

In Thailand gelten Elefanten als Nutztiere. Jahrhundertelang wurden sie etwa beim Befördern von Holz eingesetzt. In jüngster Zeit aber werden die Tiere vor allem in der Touristen-Industrie genutzt. Schätzungen zufolge leben in Thailand rund 3000 Elefanten in Gefangenschaft. Ihre Halter müssen nachweisen können, dass es sich nicht um wilde Elefanten handelt. Elefantenbabys brauchen allerdings keine Papiere - bis zu ihrem neunten Lebensjahr. Das macht es Wilderern leicht, die jungen Tiere einzufangen, sie nachträglich „Pflegermüttern“ zuzuordnen und damit zu „legalisieren“.

Wiek fordert daher von den thailändischen Behörden, DNA-Proben von einheimischen Elefantenkühen zu nehmen, um prüfen zu können, ob es sich tatsächlich um ihre Jungen handelt. Für seinen konfrontativen Kurs steht Wiek selbst unter Tierschützern in der Kritik. Die Existenz des illegalen Handels mit Elefantenbabys gilt aber auch unter ihnen als unumstritten. Richard Lair, Experte der Elefanten-Industrie Thailands, sagt: „So wie das Wasser immer hin zur tiefsten Ebene fließt, strömen Elefanten dorthin, wo das Geld ist.“

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