Ein Jahr nach Mord an Walter Lübcke: Prozess beginnt schleppend

Gedenken an Walter Lübcke
Gedenken an Walter Lübcke Copyright Swen Pfoertner/AP
Von Euronews mit dpa, AP
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Unter großem Interesse hat heute in Frankfurt der Prozess gegen den rechtsextremen Stephan Ernst begonnen, der den CDU-Politiker Walter #Lübcke erschossen haben soll.

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Unter großem öffentlichen Interesse hat am Dienstag am Oberlandesgericht Frankfurt der Prozess um den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke begonnen.

Bereits am frühen Morgen bildeten Journalisten im Regen einer lange Schlange vor dem Gerichtsgebäude. Der rechtsextremistisch motivierte Mord an Walter Lübcke vor gut einem Jahr hatte bundesweit und darüber hinaus Entsetzen ausgelöst.

Angeklagt ist der 46-jährige Stephan Ernst. Er soll den CDU-Politiker in der Nacht zum 2. Juni 2019 auf der Terrasse seines Wohnhaus mit einem Kopfschuss getötet haben. Später widerrief er sein Geständnis und beschuldigte Markus H. Der 44-Jährige sitzt wegen Beihilfe zum Mord mit auf der Anklagebank.

Der Oberstaatsanwalt Dieter Killmer: "Der Angeklagte zielte darauf ab, die aus seiner Sicht missliebige Flüchtlingspolitik, die Haltung, die Herr Dr. Lübcke in diesem Zusammenhng vertrat, abzustrafen, weil er der Auffassung war und die Haltung vertritt, dass allein eine ethnisch und kulturell homogene Gesellschaft wünschenswert sei."

Gleich zu Beginn: Befangenheits-& Aussetzungsanträgen der Verteidigung

Noch vor Verlesung der Anklage haben die Verteidiger von Stephan Ernst beantragt, die Verhandlung auszusetzen. Zudem stellten sie einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter. Der Anwalt begründete die Forderung unter anderem damit, dass der Gesundheitsschutz wegen der Corona-Pandemie nicht gewährleistet und der Zugang der Öffentlichkeit stark eingeschränkt sei.

Wegen der Corona-Regeln können weniger Journalisten an dem Prozess teilnehmen als sonst.

Michael Probst/Copyright 2020 The Associated Press. All rights reserved
Vor dem Oberlandesgericht FrankfurtMichael Probst/Copyright 2020 The Associated Press. All rights reserved

Stephan Ernst wird außerdem vorgeworfen, am 6. Januar 2016 einen Flüchtling aus dem Irak niedergestochen und schwer verletzt zu haben.

Der zweite Angeklagte Markus H. ist ebenfalls als Rechtsextremist bekannt und galt als "abgekühlt". Er soll Stephan E. bestärkt haben, das Attentat auszuführen. Er soll Stephan Ernst die Teilnahme an Schießübungen vermittelt und den Kontakt zu einem Waffenhändler hergestellt haben. Gemeinsam nahmen beide an rechten Demos teil.

Stephan E. arbeitete bei einem Bahntechnik-Hersteller, trainierte Bogenschießen in einem Schützenverein. 1989 legte er Feuer im Keller eines Mehrfamilienhauses mit türkischen Bewohnern. Später stach er auf einen ausländischen Mitbürger ein, verübte einen Anschlag mit einer Rohrbombe auf ein Asylbewerberheim, schlug in U-Haft mit einem Stuhlbein auf einen ausländischen Mitgefangenen ein. 2009 war Stephan E. in Dortmund an einem Angriff von Rechtsextremisten auf eine 1.-Mai-Kundgebung des DGB beteiligt.

Walter Lübcke war zu Hassfigur vieler Rechtsextremer geworden

Walter Lübcke hatte sich 2015 für die Aufnahme von Flüchtlingen ausgesprochen und war so zu einer Hassfigur vieler Rechtsextremer geworden.

Walter Lübcke war der Regierungspräsident von Kassel, ein beliebter und volksnaher Politiker. Lübcke hinterließ seine Frau Irmgard Braun-Lübcke sowie die beiden erwachsenen Söhne Christoph und Jan-Hendrik Lübcke.

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