Politikberater erklärt

Was ein zweiter Bruch zwischen Merz und Merkel für die CDU bedeutet
Montag, 03.12.2018 | 08:17
CDU-Regionalkonferenz
Christoph Schmidt/dpa Die drei Spitzenkandidaten Friedrich Merz, Annegret Kramp-Karrenbauer und Jens Spahn (v.l.n.r.)
  • FOCUS-online-Redakteurin

Am 7. Dezember entscheidet die CDU auf ihrem Parteitag in Hamburg, wer Angela Merkel im Vorsitz nachfolgt. Bis dahin setzen die drei Kandidaten alles daran, sich an der Basis zu profilieren. Welche Folgen hätten die jeweiligen Kandidaten für die CDU? Und was würden schnelle Neuwahlen bedeuten? FOCUS Online hat mit dem Politikberater Michael Spreng gesprochen.

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FOCUS Online: Was würde eine Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer für die CDU bedeuten? Kann bei einem Nebeneinander von Merkel als Kanzlerin und Kramp-Karrenbauer als Parteichefin überhaupt ein Neustart gelingen?

Michael Spreng: Das ist die große Frage. Ich glaube eher nicht, dass Frau Kramp-Karrenbauer für einen Neustart steht. Sie steht in der Kontinuität von Frau Merkel – auch wenn sie versucht, sich abzugrenzen. Mir fällt es schwer zu glauben, dass Frau Kramp-Karrenbauer Wähler gewinnen kann, die zur AfD abgewandert sind. Andererseits würde sie innerparteilich für einen Aufschwung sorgen können. Sie steht für offene Diskussion. Das braucht die Partei. Aber wahltaktisch betrachtet, wird es ihr kaum gelingen die Wähler zurückzuholen, die Merkel verloren hat.

Michael Spreng ist Medienberater und Journalist. 2002 war er der Wahlkampfmanager für den Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber (CSU). 2005 half er dem CDU-Politiker Jürgen Rüttgers, die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen zu gewinnen. Sein Politik-Blog im Internet: www.sprengsatz.de

„Konservative Wähler hassen Streit“

FOCUS Online: Wäre diese Situation eine andere, wenn Friedrich Merz Parteichef wird?

Michael Spreng: Er hat die Ausstrahlung, konservative Wähler, die zur AfD abgewandert sind, zurück zu gewinnen. Die große Frage wird sein, ob das auch gelingen kann, solange Merkel noch Kanzlerin ist. Es wird entscheidend davon abhängen, wie Merz und Merkel miteinander umgehen. Sollten sie sich öffentlich streiten, wäre das kontraproduktiv, denn konservative Wähler hassen Streit. Mir fällt schwer zu glauben, dass sie miteinander klarkommen. Die zweite Frage ist, ob Merz das, was er bei der rechten Mitte gewinnt, nicht auf der anderen Seite an die Grünen verliert.

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„Kränkung ist ein Motiv für Merz, als Parteichef anzutreten“

FOCUS Online: Merz stellt es jetzt im Wahlkampf ja so dar, dass ein Nebeneinander von ihm und Frau Merkel gelingen kann.

Spreng: Das muss er aus taktischen Gründe tun. Er will ja gewählt werden. Aber ich glaube, dass das schwierig werden wird. Die Ehrverletzung bei Merz sitzt tief. Er hat 2002 eine narzisstische Kränkung erlebt, die sein Ego zutiefst verletzt hat. Er war sich völlig sicher, dass das nicht passieren kann. Dann passierte es doch. Und diese Kränkung ist auch ein Motiv für ihn, jetzt als Parteichef anzutreten. Frau Merkel hat da weniger Probleme. Sie ist da pragmatischer.

FOCUS Online: Was würde denn ein Bruch zwischen Merz und Merkel für die CDU bedeuten?

Spreng: Das wäre ein Desaster. Es wäre etwas anderes, wenn Merkel noch während der aktuellen Legislaturperiode von sich aus auf das Kanzleramt verzichten würde und vorher ein kooperativer Umgang möglich wäre.

„Merkel würde eher gehen, wenn Kramp-Karrenbauer den Vorsitz übernimmt“

FOCUS Online: Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass Merkel das Kanzleramt frühzeitig hergibt?

Spreng: Sie würde eher gehen, wenn Frau Kramp-Karrenbauer den Vorsitz übernimmt. Denn dann wüsste sie ihr Erbe in besseren Händen.

Kramp-Karrenbauer und Merkel
dpa/Kay Nietfeld Bundeskanzlerin Angela Merkel und Annegret Kramp-Karrenbauer, Generalsekretärin der CDU.

FOCUS Online: Würden denn rasche Neuwahlen auch einen raschen Neustart für die Partei bedeuten?

Spreng: Die CDU ist durch die Regionalkonferenzen aus einer tief eingeschlafenen Partei zu einer lebendigen Partei geworden. Die CDU diskutiert, streitet, sie ist bereits mitten im Neustart. Damit wäre die Partei auch jederzeit zu Neuwahlen bereit. 

FOCUS Online: Anders sieht das bei der SPD aus.

Spreng: Da fällt mir gar nichts ein. Die SPD hofft ja, wenn Merz Kanzlerkandidat würde, würde sie automatisch davon profitieren. Das halte ich allerdings für einen Trugschluss. Merz als Kanzlerkandidat würde eher den Grünen nutzen. Die SPD weiß immer noch nicht, wofür sie steht und wofür man sie wählen soll. Da sehe ich auf absehbare Zeit kein Licht am Ende des Tunnels. 

„Jens Spahn hat keine Chance mehr“

FOCUS Online: Über Jens Spahn haben wir noch gar nicht gesprochen. Ist der überhaupt noch im Rennen um den Parteivorsitz?

Spreng: Sein großes Pech war, dass Friedrich Merz angetreten ist. Im konservativen Flügel der CDU ist er daher zur Nummer Zwei geworden. Er hat keine Chance mehr. Er kann nur versuchen, standhaft unterzugehen.

FOCUS Online: Kann es ihm denn in irgendeiner Form gelingen, zumindest Profit aus seiner Kandidatur zu ziehen?

Spreng: Wenn Kramp-Karrenbauer CDU-Chefin und Kanzlerkandidatin wird, ist er auf Jahre ausgebremst. Wird es Friedrich Merz, dann könnte es sein, dass der Verwendung für ihn findet. Aber seine Aufstiegs-Ambitionen kann Spahn vorerst auf Eis legen. Wahrscheinlich ist, dass er vorerst auf den Posten des Gesundheitsministers festgenagelt bleibt.

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