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Die CDU-Bundestagsabgeordneten Andreas Jung (Konstanz) und Felix Schreiner (Waldshut) kämpfen gegen die zögerliche Grenzpolitik des Innenministeriums unter Horst Seehofer (CSU). Er will die Grenzen zur Schweiz bis mindestens 15. Mai geschlossen halten. Auch Landesinnenminister Thomas Strobl unterstützt diese Linie.

Seine CDU-Parteifreunde Jung und Schreiner sind weiterhin ganz anderer Meinung. Sie haben eine Stellungnahme verfasst, die der SÜDKURIER hier veröffentlicht. Neben einer klaren Forderung der Grenzöffnung sind darin auch viele Beispiele enthalten, wie die derzeitige Situation der Region schadet.

Die Erklärung im Wortlaut:

Endlich! Wir haben die erste Rückmeldung, dass eine Partnerin ohne Trauschein aus der Schweiz einreisen konnte. Sie hatte die Lebenspartnerschaft mit einem Deutschen am Grenzübergang in Konstanz unter anderem mit Fotos, Schreiben und Ausweiskopien belegt. Eine offizielle Bestätigung, dass nun generell so verfahren wird wie vom Bundesinnenministerium vor über einer Woche angekündigt, steht allerdings noch aus.

Fest steht: Ehepaare können sich treffen, Eltern können zu ihren minderjährigen Kindern und der Grenzübertritt zur Pflege hilfsbedürftiger Angehörigen ist möglich.

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Das alles sind Fortschritte zur Berücksichtigung der menschlichen Dimension an der Grenze. Aber darüber hinaus bleiben Familien zerschnitten: Sind Tochter oder Sohn erwachsen, dürfen sie weiterhin nicht zu ihren Eltern. Es reicht dabei nicht, dass ältere Menschen Zuwendung und Unterstützung brauchen: Sie müssen mindestens pflegebedürftig sein. Grosseltern können auch Wochen nach der Geburt weiter ihren auf der anderen Seite der Grenze geborenen Enkel nicht sehen. Für Geschwister gibt es gar keine Ausnahme. Lebt der Bruder in Konstanz, die Schwester in Kreuzlingen, trennt sie weiter der Zaun!

Auch die geschlossenen Grenzübergänge verursachen erhebliche Belastungen. Etliche Öhninger arbeiten etwa in Stein am Rhein: Eigentlich nur ein „Steinwurf“ entfernt. Jetzt aber muss täglich ein Umweg von 40 Kilometern über Rielasingen und Ramsen gefahren werden, weil der Grenzübergang auf der Höri weiterhin dicht ist.

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Unzumutbare Zustände auch bei der Schülerbeförderung: Am kommenden Montag beginnt die schrittweise Öffnung der Schulen. Zahlreiche Schülerinnen und Schüler aus Jestetten und Umgebung (Kreis Waldshut) gehen in Singen (Kreis Konstanz) zur Schule. Normalerweise können sie mit dem Zug durch die Schweiz dorthin fahren. Das ist wegen der Grenzmaßnahmen derzeit nicht möglich, die Anfahrt geht nun ausschließlich über deutsches Gebiet – und ist dadurch erheblich weiter und länger. Die Schüler müssen darum nun um 6.29 Uhr ab Erzingen fahren – und dorthin schon zuvor mit dem Bus kommen. Das ist nicht akzeptabel, die Belastungen wegen anstehender Prüfungen sind angesichts der Corona-Umstände ohnehin schon erheblich.

Die Verflochtenheit der deutsch-schweizerischen Grenzregion zeigt sich exemplarisch am Beispiel der Exklave Büsingen als deutscher Gemeinde inmitten der Schweiz und am Tägermoos: Eine privatrechtliche Konstanzer Insel im Schweizer Staatsgebiet. Ein Kleingärtner alleine in seinem Garten verbreitet Saatgut, aber keinen Virus! Der Gartenzaun vor den Toren der Stadt bleibt aber unerreichbar.

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Das alles zeigt: Familien leiden weiter unter der Trennung, gesperrte Grenzübergänge und Durchfahrten sind belastend und die Grenzmaßnahmen widersprechen insgesamt der gemeinsamen Lebenswirklichkeit in unserer Region.

Je länger das geht, desto grenzwertiger werden Einreisesperren und Gitterzäune. Sie müssen weg! Mit jedem Tag verschärft sich die Situation in unserer gemeinsamen Region weiter. Die Beibehaltung der Maßnahmen kann mit Gesundheitsschutz nicht begründet werden, die Infektionszahlen sind in unserer Schweizer Nachbarschaft sogar geringer als in Baden-Württemberg. Deshalb muss jetzt bei der Bekämpfung des Virus gelten: Gemeinsame Strategie und koordinierte Maßnahmen statt Schlagbäume und Gitterzäune! Es ist Zeit für grenzüberschreitende Antworten.

Die Entscheidung in Berlin wurde vertagt: Die Maßnahmen laufen erst einmal weiter, am 6. Mai wird wieder beraten. Dann muss Schluss sein mit dem künstlichen Schnitt durch unsere Region! Dafür setzen wir uns in Berlin mit Nachdruck ein. Und schon ab sofort müssen Ausnahmen konsequent umgesetzt, Behinderungen beseitigt und Grenzübergänge geöffnet werden.