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Skyros: Zum Glück Pech gehabt

Es sind keine guten Aussichten, Ende September für ein paar Tage nach Griechenland zu verschwinden – keine guten Wetteraussichten. Der Wirbelsturm Sorbas – ein Medicane (die Mittelmeervariante eines Hurricanes) – hat die Inselwelt fest im Griff, auch Skyros, das Ziel der Reise.

Die zweckpessimistische Haltung (immer auf das Schlimmste vorbereitet sein, um sich dann doch positiv überraschen zu lassen) erweist sich bei den herrschenden äußeren Bedingungen als goldrichtig. Reiseleiter Tony, ein waschechter Wiener, empfängt die Truppe am Flughafen mit den Worten: „Kalimera, willkommen auf Skyros, dem ursprünglichen Griechenland!“ (Es sei verraten, dass Tony das bei jedem Aufeinandertreffen macht, nur die Grußformel passt er der Tageszeit an.) Das Wetter präsentiert sich bescheiden, doch durch die Fenster des Transferbusses lässt sich gut erkennen, was Tony erzählt. Der Norden der größten Insel der Nördlichen Sporaden ist grün, fruchtbar und wasserreich (auch bei Schönwetter). Die Schafe – es soll rund 50.000 davon auf der Insel geben – zeigen sich in Sonderzahl: auf der Straße, neben der Straße, auf den niedrigen Dächern der unzähligen kleinen Kirchen, die über die Insel verstreut liegen.

„Skyros ist Griechenland wie vor 30, 40 Jahren“, behauptet Tony. Die Bewohner seien bescheiden, überaus freundlich, interessiert, neugierig und herzlich. Massentourismus suche man auf der Insel vergeblich (Ob den schon jemals wer gesucht hat?). Das erstaunlichste, das Tony jedoch verrät ist: „Es gibt hierher keine Charterflüge aus Deutschland, keine aus England. Neben der wöchentlichen Verbindung aus Wien gibt es hier nur eine weitere aus Frankreich. Die übrigen Touristen kommen mit der Fähre aus Kymi – meist Griechen.“ Und noch ein Detail aus Tonys Erzählungen überzeugt: Die Hotels hier seien schmuck, privat geführt und haben maximal 30 bis 40 Zimmer.

Ein stetes Miteinander

Die Basis für den Aufenthalt sind die Studios Antigoni, ein wunderschönes Haus mit Apartments für vier Personen, Doppelzimmern für zwei, in einer außergewöhnlichen Lage mit Blick auf den Magazia Strand, dem bekanntesten der Insel. Während es vor der Tür aus Schaffeln schüttet, sorgt Hotel-Managerin Katerina für ein warmes, herzliches Willkommen: Es werden Wein und köstliche Snacks kredenzt, Wünsche von den Augen abgelesen, Anekdoten erzählt, Fotos gezeigt, Scherze und das Beste aus der (Wetter) Situation gemacht.

Tony hat wirklich nicht übertrieben – bei seiner Beschreibung: Die Skyrer – es gibt rund 3.000 auf der Insel – sind herzlich und gänzlich unverdorben vom Tourismus. Das zeigt sich auch, als der Himmel kurz aufreißt und ein Besuch im Nachbarhotel Perigiali ansteht. Natürlich begleitet uns Katerina zur „Konkurrenz“. Katerina lobt die Vorzüge des schönen Boutiquehotels, die Kombination aus Luxus und Einfachheit, während die Perigiali-Besitzer Amalia und Antonis die Lage der Studios Antigoni hervorheben.

Interessante Begegnungen

Als perfektes (Schlechtwetter) Programm erweist sich der Besuch im Manos Faltaits Museum, wo über Jahrzehnte zusammengetragene Exponate auf eine bildliche Reise durch die bewegte Geschichte der Insel mitnehmen. Stolz und ehrfürchtig führen die Nachkommen (auf Englisch) die Besucher durch das Leben des Völkerkundlers Manos Faltaits.

Auch ein Besuch bei Lefteris, einem Tischler, erlaubt spannenden Einblick in das Leben der Skyrer. Er hat sich auf die Herstellung von Stühlen spezialisiert – ganz im Skyros-Stil: klein, da in den historischen Häusern wenig Platz war, dafür aufwendig geschnitzt.

Kommt ein Pferd in die Bar

Vom schlechten Wetter, das zu dem Zeitpunkt gar nicht mehr so schlecht ist, wurde wohl ein Gast in einer Bar in Chora, dem Hauptort der Insel, überrascht. So sehr, dass er sogar sein Pferd mit in das Lokal nehmen muss. Und seinem Anschein nach harrt er dort schon mehrere Stunden aus. Ja, in Skyros hat man auch ein Herz für Pferde, die man bei Hundewetter nicht einfach auf der Straße lässt – was wiederum sehr für den Besitzer spricht, den Barbesitzer wohlgemerkt.

Pferde spielen auch im Leben von Marion, einer Französin aus der Bretagne, eine große Rolle. Sie hat sich dem Schutz des Skyros Ponys verschrieben und kümmert sich aufopferungsvoll um den Erhalt der kleinen Pferderasse, von der es noch ein paar Hundert Exemplare gibt.

Großartige Aussichten

Allen Vorhersagen zum Trotz präsentiert sich Skyros dann auch noch wettertechnisch von der besten Seite. Hoch über der fantastisch gelegenen Altstadt, die stufenartig in den Berg gebaut wurde, liegt das Kloster St. Georg. Der freundliche, humorvolle Pope, schon seit 38 Jahren der einzige Bewohner des Ablegers des Athos Klosters, führt durch die Kapelle mit uralten Ikonen und den verwinkelten Hof der Anlage, von der man einen großartigen Blick über die Insel hat. Obwohl er hier allein wohnt, sei er nicht einsam und möchte den Rest seines Lebens auf Skyros verbringen und deutet dabei auf ein kleines Beet: „Den Platz für mein Grab hab ich mir schon ausgesucht, aber da ich noch nicht vorhabe zu sterben, pflanze ich jetzt Tomaten an.“

Eine Rundfahrt um den nördlichen Teil der Insel (der Süden ist dem Militär vorbehalten) zeigt im Sonnenlicht die von Tony am ersten Tag beschriebene Pracht. Von unzähligen Aussichtspunkten eröffnen sich atemberaubende Blicke über versteckte Buchten und das tiefblaue Meer. Kleine Dörfer mit gemütlichen Tavernen laden zu Stopps, ebenso wie die Strände für ein Sonnenbad.

Blicke ins Innere

Den südlichen Teil der Insel, der im Gegensatz zum Norden sehr karg ist, erkundet man am besten per Boot. Entlang der Küste sind immer wieder Höhlen zu entdecken, in der einen oder anderen sind Badestopps möglich. Das Meer erscheint mit dem Blick aus der dunklen Höhle noch türkiser, noch klarer. An Bord herrscht – wie überall auf der Insel eine überaus angenehme Stimmung, der Kapitän gibt gern und bereitwillig Auskunft über das Leben am Wasser. Durch die freundliche Vertrautheit, mit der die Menschen den Besuchern gegenübertreten, erscheint es fast selbstverständlich, dass die im Hafen über Bord gegangene Unterwasser-Kamera bei der Rückkunft mit dem Boot schon bereitliegt.

Die Zeit auf Skyros geht zu Ende – zum Abschied steigt spontan eine Party. Es wird getanzt, gefeiert, gesungen, gelacht – von Freunden müsse man sich gebührend verabschieden, so die Skyrer. Vor meinem nächsten Aufenthalt auf Skyros bin ich gern wieder zweckpessimistisch, denn schöner kann's ja kaum noch werden.

Skyros KOMPAKT

Skyros liegt in der Ägäis, etwa 100km nordöstlich von Athen. Die Fläche von rund 200km² teilen sich die 3.000 Einwohner mit zigtausend Schafen und Ziegen sowie einigen hundert Skyros Ponys.

Buchung

Das zu Ruefa Reisen gehörende Reisebüro Intertravel fliegt zwischen dem 9. Juni und dem 29. September 2019 (letzter Rückflug) einmal wöchentlich mit Austrian Airlines von Wien nach Skyros. Alternativ kann die Anreise über Athen und dann mit Bus und Fähre unternommen werden. Intertravel hat das Hotelangebot sorgsam ausgewählt. Unter den angebotenen Unterkünften sind geschmackvolle, landestypische Studios und Hotels. Im Programm findet sich auch eine Rundreise mit drei Nächten in Athen und vier Nächten auf der Insel sowie eine „Sternfahrt“, die neben sieben Nächten Unterkunft auch drei Ausflüge auf der Insel umfasst. 1 Woche in den Studios Pegasus inklusive Flug und Transfer kostet ab 695 EUR.

reisetipps-Redakteur Dieter Putz war auf Einladung von Intertravel, www.intertravel.at, auf Skyros unterwegs.

Foto: privat

Dieser Artikel wurde verfasst von:

Redakteur / Managing Editor

Dieter ist seit knapp 25 Jahren wichtiger Teil des Profi Reisen Verlags-Teams. Fast jedes geschriebene Wort das die Redaktion verlässt, geht über seinen Schreibtisch.

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