Koalitionsausschuss:Die lange Nacht der Regierung

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Im Koalitionsausschuss an diesem Sonntag geht es um den Umgang mit dem Corona-Virus, aber auch um eine mögliche Aufnahme von Flüchtlingskindern.

Von Nico Fried und Mike Szymanski

Die Politik mit kleinen Augen findet ihre Fortsetzung, wenn sich die Spitzen von CDU, CSU und SPD diesen Sonntag im Kanzleramt zum Koalitionsausschuss treffen. Es wird wieder spät werden, ziemlich sicher dürfte bis weit nach Mitternacht verhandelt werden. Schon die ganze Legislaturperiode werden die Gespräche nicht gerade erleichtert dadurch, dass irgendeine Partei ihr Führungsproblem zu lösen hat. Gerade ist es die CDU, die wieder eine neue Parteispitze sucht.

Dennoch trifft dieses Mal der Begriff Krisentreffen das Wesen des Koalitionsausschusses noch weit mehr als in den Monaten zuvor: Das Coronavirus breitet sich auch in Deutschland aus. Noch ist schwer abzusehen, wie hart dies die Wirtschaft treffen wird. Am Sonntag dürfte über Liquiditätshilfen und die Regeln für Kurzarbeit gesprochen werden. An der türkisch-griechischen Grenze warten Flüchtlinge darauf, nach Europa gelangen zu können. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hält sie nicht länger davon ab. Am Sonntag wird es darum gehen, Antworten auf die Probleme in Deutschland und der Welt zu finden. Die Sorge vor einem Konjunktureinbruch durch eine vom Coronavirus ausgelöste Krankheitswelle gibt der seit Monaten geführten Debatte um ein Investitionspaket Auftrieb. Zusätzlich etwa 17 Milliarden Euro können die Koalitionspartner verteilen. Die SPD möchte mit einem Teil des Geldes die Abschaffung des Soli für die allermeisten Zahler um ein halbes Jahr auf den Sommer vorziehen. Die Union möchte Unternehmensteuern senken.

Was die Flüchtlinge anbelangt, sind sich die Koalitionspartner einig, dass die Kontrolle über die EU-Außengrenzen gewahrt bleiben muss. Es dürfe nicht der Eindruck erweckt werden, die Grenzen seien offen. In der Unionsfraktion äußerten am Dienstag viele Redner ihre Sorge vor einer Wiederholung der Ereignisse von 2015.

Seit Tagen läuft aber die Diskussion darüber, ob Deutschland im Verbund mit anderen Staaten in Europa besonders Schutzbedürftige, vor allem unbegleitete Kinder, aus den heillos überfüllten griechischen Flüchtlingslagern aufnimmt. Die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken erwartet eine Lösung spätestens beim Koalitionstreffen. Etliche Städte und vor allem die SPD-geführten Bundesländer haben sich bereit erklärt, Flüchtlinge aufzunehmen. Der Bund muss aber mitmachen, Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte nach der Fraktionssitzung der Union in dieser Woche seine Bereitschaft erklärt, allerdings unter Bedingungen. Die wichtigste: kein deutscher Alleingang. Seither sondiert das Innenministerium bei europäischen Partnerregierungen, wer sich an einer solchen Aktion beteiligen würde, Finnland und Luxemburg signalisierten bereits Mitte der Woche ihre Bereitschaft.

Allerdings ist auch eine solche humanitäre Aktion nicht Konsens in der Koalition. Vor allem in der Union gibt es Widerstand. Fraktionschef Ralph Brinkhaus soll sich während des üblichen Frühstücks der Unionsspitze mit den Bundesministern vor der Kabinettssitzung am Mittwoch unter anderem über die Berichterstattung zu einer Hilfsaktion für Kinder echauffiert haben. Nicht nur Seehofer, auch Kanzlerin Angela Merkel sollen ihm deutlich widersprochen haben. Die nicht unwichtige Haltung von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt blieb vage. In Bayern finden in einer Woche Kommunalwahlen statt.

© SZ vom 07.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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