Symbolische Geste: Athen setzt sich für mazedonische NATO-Mitgliedschaft ein

Der Premierminister der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und der künftigen Republik Nordmazedonien, Zoran Zaev, während des NATO-Gipfels in Brüssel am 12. Juli 2018. [Shutterstock]

Mit einer symbolischen Geste wird Griechenland höchstwahrscheinlich das erste Land sein, das das NATO-Beitrittsprotokoll Nordmazedoniens ratifiziert. Laut Insiderquellen soll dies bereits am 8. Februar geschehen.

Bereits am Montag hatte ein NATO-Sprecher angekündigt, der Termin für die Unterzeichnung des Beitrittsprotokolls des 30. Mitglieds der Allianz werde „in den nächsten Tagen“ festgelegt.

Zuvor hatten Athen und Skopje ein historisches Abkommen ratifiziert, das ihren 27 Jahre andauernden Namensstreit beilegt. Die EU- und NATO-Mitgliedschaft der neuen Republik Nordmazedonien war bisher aufgrund des Disputs von Griechenland blockiert worden.

In der Praxis bedeuten die jüngsten Erklärungen, dass Nordmazedonien bereits auf dem NATO-Gipfel im Juli Mitglied werden könnte, sollte auch der Rest der NATO-Staaten die Ratifizierungsverfahren ähnlich beschleunigen wie Athen. Normalerweise dauert der Ratifizierungsprozess rund ein Jahr.

Nordmazedonien: "Mission impossible" erfüllt

EU-Führer haben die am Freitag endgültig beschlossene Einigung im Namensstreit zwischen Athen und Skopje ausdrücklich begrüßt.

Quellen zufolge wurde der offizielle Text des Beitrittsprotokolls am Montag angenommen. Die 29 ständigen NATO-Vertreter warten nun auf die Genehmigung ihrer Länder, es zu unterzeichnen. Nach der Unterzeichnung wird das Protokoll dann an die 29 Hauptstädte geschickt, damit es von den nationalen Parlamenten ratifiziert werden kann.

„Griechenland will das Beitrittsprotokoll bis zum 8. Februar ratifizieren,“ so eine Insiderquelle gegenüber EURACTIV. Athen werde somit wahrscheinlich das erste Land sein, das die NATO-Türen für Nordmazedonien öffnet.

Derweil sind Nordmazedoniens Premierminister Zoran Zaev und sein griechischer Amtskollege Alexis Tsipras von den Vorsitzenden dreier EU-Parlamentsfraktionen – der sozialdemokratischen S&D, der Grünen und der linken GUE/NGL – für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen worden.

Tsipras zeigte sich am Montag geschmeichelt, unterstrich aber, der „größte Preis“ sei die Tatsache, dass das erzielte Abkommen zum friedlichen Zusammenleben und zur Zusammenarbeit in der Balkanregion beitrage.

Widerstand

Das sogenannte Prespa-Abkommen wird von der EU und den USA uneingeschränkt unterstützt, während Russland sich dagegen ausspricht. Moskau kritisierte den Druck aus Washington, das den Einfluss der NATO in der Balkanregion verstärken wolle.

Der einzige EU-Regierungschef, der Vorbehalte gegen das Abkommen äußerte, ist der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán. Er bot auch dem ehemaligen mazedonischen Premierminister Nikola Gruevski politisches Asyl an. Gruevski ist Vorsitzender der Partei VMRO-DPMNE, die heute in der Opposition ist und das Prespa-Abkommen ablehnt.

Mazedonien: Orban torpediert Lösungsversuche im Namensstreit

Viktor Orbán hat am Samstag eine Videobotschaft veröffentlicht, in der er die größte mazedonischen Oppositionspartei lobt. Man dürfe sich im Namensstreit mit Griechenland nicht „dem Druck ausländischer Mächte“ beugen, so Ungarns Premierminister.

Auf die Frage nach der Möglichkeit, dass ein Mitgliedsstaat den Beitritt Nordmazedoniens nicht ratifiziert, sagte ein NATO-Beamter, man gehe „fest davon aus, dass alle Mitgliedsstaaten ihrer Verantwortung für die Ratifizierung des Abkommens“ nachkommen.

Russlands Rolle

Dušan Reljić, Leiter des Brüsseler Büros der deutschen Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), erklärte, Russland habe in Südosteuropa nun „keinen echten“ Einfluss mehr. „Russland wurde seit dem ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts – als eine Kette von NATO-Staaten von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer entstand – daran gehindert, militärischen Einfluss auf Südosteuropa auszuüben,“ sagte er gegenüber EURACTIV.

„Zwar veröffentlichen russische Diplomaten regelmäßig Presseerklärungen, in denen sie westliche Aktionen in der Region kritisieren, aber weiter kann Moskau einfach nicht gehen. Es gibt keine Mittel mehr, mit denen Moskau die Situation vor Ort entscheidend beeinflussen kann.“

Lawrow: EU und NATO stellen Balkan vor die "Wahl zwischen Russland und dem Westen"

EU und NATO begehen einen Fehler, wenn sie die postkommunistischen Staaten Osteuropas vor die Wahl zwischen „dem Westen oder Russland“ stellen, sagt Russlands Außenminister Sergei Lawrow im Interview.

Dennoch: „Westliche Staaten und die USA sind besorgt über die Stabilität an der südöstlichen Flanke der NATO, insbesondere da die zukünftige Haltung der Türkei unter Präsident Erdoğan unklar ist,“ glaubt Reljić. Daher seien die Schaffung der neuen Republik Nordmazedonien sowie die Einigung im Prespa-Abkommen „von viel größerer Bedeutung als nur [ein Abkommen] zwischen Skopje und Athen. Sie werden höchstwahrscheinlich Bestand haben.“

Derweil hat die wichtigste griechische Oppositionspartei, die Nea Demokratia, allerdings im griechischen Parlament gegen das Abkommen zur Namensänderung gestimmt. Die Konservativen haben sich verpflichtet, dasselbe in Bezug auf das NATO-Beitrittsprotokoll zu tun.

NATO-Mitgliedschaft als Stabilitätsfaktor?

Eine weitere wichtige Errungenschaft des Prespa-Deals ist laut Reljić, dass die NATO-Mitgliedschaft Nordmazedoniens wohl das „bedeutendste Hindernis“ für ein mögliches Auseinanderbrechen des Landes sein dürfte. Im Staat herrschen nach wie vor Konflikte zwischen ethnischen Albanern und Mazedoniern.

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„Albanien ist bereits Mitglied der NATO und muss die territoriale Integrität anderer Mitgliedsstaaten respektieren. Allerdings ist das Streben nach einem einheitlichen albanischen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Raum, der Albanien selbst, das Kosovo, Teile Serbiens und auch die Republik Nordmazedonien umfasst, in der jüngsten Vergangenheit stärker geworden,“ warnte der SWP-Analyst.

Aus Reljićs Sicht steht vor allem der albanische Staatspräsident Edi Rama derzeit an der Spitze solcher Strategien. Die Situation müsse weiter beobachtet werden, insbesondere da aktuell ein Abkommen zwischen Serbien und dem Kosovo möglich erscheint, das potenziell auch eine Änderung der Grenzziehung beinhalten könnte.

[Bearbeitet von Zoran Radosavljevic, Georgi Gotev und Tim Steins]

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