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Parteitag Linken-Führung beschwört Geschlossenheit

Schlechte Umfragewerte, Streit über den Kurs der Partei und zwischen Personen: Die Linke steht im Wahljahr nicht gut da. Auf dem Parteitag ruft die Führung zu Einigkeit auf.
Linken-Co-Chefin Hennig-Wellsow: »Weil wir geschlossen sind«

Linken-Co-Chefin Hennig-Wellsow: »Weil wir geschlossen sind«

Foto: Steffi Loos / Getty Images

In den vergangenen Monaten konnten Beobachter den Eindruck gewinnen, der politische Gegner stehe für viele in der Linken nicht außerhalb, sondern innerhalb der eigenen Partei. Bewegungslinke fordern den Ausschluss von Sahra Wagenknecht, Oskar Lafontaine fordert die Saarländer auf, nicht für seine Partei zu stimmen, Ost-Realos spotten über »politisch korrekte Gender-Sprache«, die der Partei inzwischen wichtiger sei als die Nöte der benachteiligten Schichten. Die Folge: In den Umfragen ist die Partei inzwischen gefährlich nah an die Fünf-Prozent-Hürde hinuntergerutscht.

Entsprechend eindringlich hat die Linken-Spitze am ersten Tag des Online-Parteitags die Geschlossenheit beschworen. »Ich kann Euch eins versprechen: Wir gehen nicht zu Boden«, sagte etwa Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow, »weil wir zusammenhalten, weil wir geschlossen sind«. Es bringe niemandem etwas, wenn man sich streite. Thüringens populärer Regierungschef Bodo Ramelow mahnte die Genossen: »Es kommt auf uns an, dass wir die Herzen der Menschen gewinnen.«

Spitzenkandidatin und Co-Parteichefin Janine Wissler räumte im Gespräch mit Journalisten ein, dass es die eine oder andere hitzige Debatte in der Partei gebe. Doch »wir haben so viel mehr, was uns eint, als was uns trennt«, sagte sie. Co-Spitzenkandidat Dietmar Bartsch rief die Partei auf, die Konflikte etwa über Sahra Wagenknecht zu beenden: »Wir treten als Linke an – und zwar gemeinsam.«

Gerade bei dieser Auseinandersetzung geht es um die grundsätzliche Ausrichtung der Linken. In ihrem Buch »Die Selbstgerechten«, wirft Wagenknecht linken Parteien vor, und damit auch ihrer eigenen, soziale Fragen aus den Augen verloren und mit Gender-, Klima- oder Biolebensmittel-Debatten traditionelle Wähler mit geringen Einkommen verprellt zu haben. Sie spricht von »Lifestyle-Linken«.

Einigkeit in Sozialpolitik

Wagenknecht selbst meldete sich am ersten Tag des Parteitags zwar nicht zu Wort, war in der Debatte aber trotzdem präsent. Michael Benecke aus dem Landesverband Sachsen-Anhalt, wo die Linke zuletzt bei der Landtagswahl stark eingebüßt hatte, warf seiner Partei vor, »Grünen-Wählern, Yuppies und anderen« hinterherzuhecheln, anstatt sich auf ihre Kernklientel, deren Wünsche und Sorgen zu konzentrieren. Die »politisch korrekte Gender-Sprache«, die von weiten Teilen der Bevölkerung abgelehnt werde, sei bei einigen Linken das Nonplusultra, kritisierte er.

Paul Gruber vom linken Jugendverband »solid« widersprach: Dem Osten würden sicher keine Debatten über Gender, wie von Wagenknecht angestoßen, oder Scheindebatten über angebliche Lifestyle-Linke helfen.

Mehr Einigkeit besteht hingegen bei den konkreten Vorstellungen in der Sozialpolitik. Co-Chefin Janine Wissler bekräftigte in ihrer Rede die Pläne der Linken für eine »Umverteilung von oben nach unten« mit höheren Steuern für Reiche und Unternehmen. In ihrem Wahlprogramm fordert die Linke zudem einen Mindestlohn von 13 Euro, eine solidarische Mindestrente von 1200 Euro sowie ein garantiertes Mindesteinkommen in gleicher Höhe.

Am Sonntag soll das Programm von den Delegierten beschlossen werden, dann werden auch die beiden Spitzenkandidaten zu den Delegierten sprechen.

fdi/AFP/dpa