Wie Hieroglyphen hat Kathryn Gohmert nun die Kratzfahrten des Holzschlegels über die Schiefertafel aufgezeichnet und – ordentlich hinter Glas gerahmt – in der Bernauer Galerie in der Bürgermeisterstraße aufgehängt. "Die Form folgt der Funktion", ein Prinzip des Bauhaus sieht Kathryn Gohmert in diesen rundlichen durchaus ästhetischen Zeichen symbolisiert. Schließlich können sie quasi wie Noten wieder mit dem Holzschlegel in Töne rückübersetzt werden und umgekehrt. Alles funktional und zweckmäßig. Über das Prinzip "Form folgt der Funktion" gibt es eine Reihe interessanter Diskussionen, die allerdings auf der Ausstellungseröffnung kaum eine Rolle spielten. Eine entspann sich darüber, ob nicht ein Übermaß von Glas und Beton, wie oftmals in der modernen Architektur verwendet, auch wieder zweckfreie Ornamente seien.
In solche, mal einfacher, mal weniger einfach zugängliche Dreieck-, Viereck-, Mehreck-Beziehungen setzen sich die 17 jungen Künstler, die derzeit in der Bernauer Galerie ausstellen. Alle haben an der Bauhaus-Universität Weimar den Studiengang "Public Art and New Strategies" studiert. Eine komplett andere Antwort auf die Frage "Was sagt uns Bauhaus heute?", gibt die israelische Künstlerin Yael Peri in ihrem Werk "A Line, A Circle". Ebenso wie bei Kathryn Gohmert spielt allerdings der Großvater eine Rolle in ihrem Zugang. An ihn – den Architekten David Wilhelm Pienaker schreibt die Künstlerin Postkarten und  setzt sich mit dessen Bauten auseinander. Der Großvater war schon vor der Geburt der Künstlerin Peri verstorben. Die Postkarten sind nur als Stilform gewählt. Pienaker, einst geflohen aus dem nationalsozialistisch beherrschten Österreich, baute in Tel Aviv moderne Häuser. Sie gehören dort zur sogenannten Weißen Stadt, die die Unesco als "Weltkulturerbe" klassifizierte. "Mein Interesse an meinem Großvater wuchs erst während meines Studiums in Weimar", erzählt Yael Peri. Darüber hinaus habe sie jetzt auch mehr nachvollziehen können, was er während seiner Flucht und in der Eingewöhnungszeit in Israel mitgemacht haben musste.
Mit politischen Anspruch
Sehr eindeutig politische Implikationen haben die Beiträge der beiden deutschen Künstler Jakob Wirth und Alexander Sacharow. Sie setzen einen Akzent gegen die Verdrängung aus den Städten, die mit den teuren  Mieten einher geht. Die beiden Künstler bauten ein kleines Haus mit verspiegelter Fassade auf das Flachdach gegenüber der Galerie. "Penthaus á la Parasit" nennen sie ihr Werk. Wer will, kann sich noch zum Probewohnen bewerben.
An die Hyperinflation in den 20er Jahren, die Drachenfeste am Bauhaus und die Finanzkrise 2008 erinnert Künstler Edoardo Tedde. In einem Akt von Live-Art – also noch während der Vernissage – baute er einen Drachen aus Ein-Dollar-Noten. Eine Stunde nach Ende des Eröffnungsaktes klebte er allerdings immer noch. Wer will, kann zu den Öffnungszeiten nachschauen gehen, ob der Drache schon hängt.
Galerie-Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 10 bis 8 Uhr, Sonnabend 10 bis 16 Uhr