Meinen Freunden und Studenten von der KWL geht es gerade schlecht. Die KWL ist die kulturwissenschaftliche Linke. Sie machte zweierlei: historisch dekonstruieren und politisch korrigieren. Wer etwas über die Entdeckung des Nordpols oder die Wahrheit moralischer Aussagen herausfinden wollte, wurde von ihr als Ewiggestriger müde belächelt. Nahm man etwa an, dass es den Nordpol als Tatsache gebe? Hatte man noch nicht gehört, dass "Nordpol" für ein Konstrukt steht, das durch technische Geräte, Diskurse, Politiken hergestellt worden war? Über die Erfindung des Nordpols, meinte die KWL, könne man wohl noch schreiben, nicht aber über seine Entdeckung. Fragte man zurück "Aber kalt ist es dort doch wirklich?", zog man sich als Nutzer des Wortes "wirklich" gleich den nächsten Lacher zu. Und wem es um die Wahrheit moralischer Aussagen ging, der war nicht nur hoffnungslos gestrig, weil er noch an "die Wahrheit" glaubte, sondern vermutlich auch ein Authentizitätsfanatiker, der nach überhistorischen moralischen Verbindlichkeiten suchte und noch nicht kapiert hatte, dass auch Moral kulturell konstruiert und historisch bedingt ist.