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Virtuelles Treffen Die aufstrebenden Fünf: Putin schart die Brics-Staaten um sich

Putin beim virtuellen Brics-Treffen
"Allein auf der Grundlage ehrlicher und gegenseitig nützlicher Kooperation können wir nach Wegen aus dieser Krisenlage suchen", sagte Putin zum Auftakt des virtuellen Treffens der Brics-Gruppe. 
© Mikhail Metzel / Picture Alliance
Während die europäischen Staatschefs über das Für und Wider des ukrainischen EU-Beitritts sinnieren, schart der Kreml seine wichtigsten Verbündeten um sich. Das virtuelle Treffen der Brics-Staaten soll dem Westen zeigen: Wir können auch ohne euch.

China lädt ein, die Autokraten kommen. Am Donnerstag haben sich die Staatschefs aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika zusammengeschaltet. Eigentlich treffen sich die Brics-Staaten, auffallend häufig von Populisten regiert, einmal im Jahr, um ihre Wirtschaftsbeziehungen aufzupeppen. Nun ist es das erste Mal, dass sich die ökonomisch ziemlich besten Freunde seit Beginn des Krieges in der Ukraine treffen. So dreht sich ihr Plausch vermutlich hauptsächlich, wenn auch inoffiziell, um ein Thema: die Sanktionen des Westens gegen Russland. Die widersprächen schließlich "dem gesunden Menschenverstand und elementarer wirtschaftlicher Logik", sagte Russlands Präsident Wladimir Putin am Mittwoch in seinem Video-Grußwort vor dem Wirtschaftsforum.

Beim Treffen selbst warf Putin dem Westen Egoismus vor. Die Weltwirtschaft sei "wegen der undurchdachten egoistischen Handlungen einzelner Länder, die mittels finanzieller Mechanismen ihre eigenen Fehler in der Makroökonomie auf die ganze Welt abwälzen" in die Krise geraten, sagte der Kremlchef am Donnerstag.

Ungleiche Allianz

Das Akronym Bric (anfangs noch ohne Südafrika), geht laut dem US-Finanzmagazin "Investopedia" auf den Wirtschaftswissenschaftler Jim O'Neill von Goldman Sachs zurück. Der sagte bereits vor mehr als 20 Jahren voraus, dass die vier aufstrebenden Staaten bis 2050 die Weltwirtschaft dominieren würden. Ab 2010 nahm auch Südafrika Platz am Tisch der Macher von Morgen.

Wieviel Macht am Donnerstag am virtuellen Tisch beisammensitzt, das zeigt schon ein Blick auf die Zahlen. In den Brics-Staaten leben rund drei Milliarden Menschen, mehr als 40 Prozent der Weltbevölkerung. Ihr Bruttoinlandsprodukt macht zusammengenommen fast ein Viertel der globalen Umsätze aus. Tatsächlich gehören Brasilien, Indien, China und Südafrika seit Jahren zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften. Russland hingegen wirft einen weit größeren Schatten als ihm zustünde. Zum Vergleich: Die deutsche Wirtschaftskraft übertraf 2020 die der vermeintlichen Weltmacht um weit mehr als das Doppelte.

Entscheidend ist am Ende die Supermacht China. Die Wirtschaft der Volksrepublik übersteigt die der anderen vier Teilnehmer bereits jetzt um Dimensionen. Prognosen zufolge soll Chinas Wirtschaft in den nächsten fünf Jahren weiter rapide wachsen: 2027 liege das BIP dann bei mehr als 29 Billionen US-Dollar. Damit läge das Land fast gleichauf mit den USA.

Eng zusammenrücken für den Profit

Neben ihrem unentwegten Streben nach wirtschaftlichem Aufschwung eint die schwellenden Fünf vor allem eines: Ihre Abneigung auf den USA-dominierten Westen. Kein Wunder also, dass keiner von ihnen bislang den russischen Überfall auf die Ukraine klar verurteilt hat.

Putin kommt das sehr gelegen – ohne Ausweichmärkte könnte der Kreml seine Kriegsmaschinerie nicht am Laufen halten. "Das Volumen der Lieferungen von russischem Öl nach China und Indien nimmt merklich zu", merkte der Kremlchef in seinen Grußworten an. Wie der "Business Insider" berichtet, sind Russlands Einnahmen aus dem Ölexport im Mai sogar um elf Prozent gestiegen. Tatsächlich entpuppt sich vor allem Indien als einer der größten Kriegsgewinner. Indische Raffinerien erstehen verbilligtes Rohöl aus Russland zum Schnäppchenpreis, veredeln und verschiffen es anschließend sanktionsfrei in die ganze Welt – höchstwahrscheinlich auch gen Westen. Mit enormen Gewinnspannen (hier lesen Sie mehr). Putins Aussagen zufolge, laufen zudem Verhandlungen über die Eröffnung indischer Geschäftsketten sowie über einen höheren Anteil chinesischer Autos und Technologie auf dem russischen Markt.

Nicht Inhalt, sondern Symbolkraft des Treffens entscheidend

Obwohl Peking weiterhin an seiner oft beschworenen "felsenfesten" Freundschaft zu Moskau festhält und Brasilien sich als gütiger Vermittler präsentiert, leiden die Brics-Staaten auch unter den massiven ökonomischen Folgen der russischen Invasion. Wie die BBC schreibt, bietet ihnen der Krieg jedoch auch die Gelegenheit, sich gegenüber Entwicklungsländern, die besonders unter den steigenden Preisen der Inflation leiden, als Helfer in der Not zu präsentieren und sie wirtschaftlich weiter von sich abhängig zu machen.

Putin und Xi Jinping dürften sich auf einen härteren Kurs gegen den Westen verständigen. Indien hingegen fühlt sich mit seinem ökonomischen Drahtseilakt durchaus wohl und will es sich weder mit West noch Ost verscherzen. Ohnehin seien Analysten der Ansicht, dass Delhi die Vormachtstellung Chinas ein Dorn im Auge ist. Indien bildet gemeinsam mit den USA, Japan und Australien das so genannte Quad-Bündnis. Das Quartett führender Demokratien im Indopazifik-Raum will den Einfluss Chinas in der Region zurückdrängen. 

Letztendlich ist bei dem Treffen der Autokraten weniger der Inhalt, sondern viel mehr die Symbolkraft entscheidend. Putin kann der Welt zeigen, welch mächtige Freunde ihm den Rücken stärken. Es ist eine nicht ganz subtile Botschaft an den Westen, die da lautet: Seht her, wir können auch ohne euch.

Quellen: "Investopedia"; Deutsche Welle"; BBC; DPA; AFP; Statista

yks

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