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"Finaler Rettungsschuss" im "Tatort" Durfte Lannert töten?

Geisel gerettet, Täter tot: Im "Tatort" aus Stuttgart hat Kommissar Lannert in Notwehr einen Verbrecher erschossen und musste sich vor dem Staatsanwalt verantworten. Wann ist ein "Finaler Rettungsschuss" erlaubt? Der Faktencheck.
Kommissar Thorsten Lannert (Richy Müller): Tödliche Schüsse im "Tatort"

Kommissar Thorsten Lannert (Richy Müller): Tödliche Schüsse im "Tatort"

Foto: ARD

Was ist ein "Finaler Rettungsschuss"?

Diese Formulierung, die Kritiker für beschönigend halten, beschreibt die gezielte Tötung von Straftätern durch Polizisten. Unbedingte Voraussetzung für den ultimativen Einsatz von Gewalt ist, dass Menschen auf keine andere Weise aus einer lebensgefährlichen Situation gerettet werden können. Das in den Siebzigerjahren entwickelte Konzept ist in den Polizeigesetzen der Länder niedergelegt, nur in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein gibt es diese spezielle Regelung nicht. Die gezielte Tötung eines Angreifers kann dort nur mit einer Notwehr- oder Nothilfesituation gerechtfertigt werden, weshalb beteiligte Beamte anschließend mit hohen zivilrechtlichen Forderungen konfrontiert sein können.

Finale Rettungsschüsse werden am häufigsten bei Geiselnahmen eingesetzt. Zum ersten Mal in Deutschland tötete das Mobile Einsatzkommando der Hamburger Polizei am 18. April 1978 den Bankräuber und Geiselnehmer Emilio Humberto Martin-Gonzales .

Wie wird ein "Finaler Rettungsschuss" aufgearbeitet?

Wie immer, wenn Menschen getötet wurden, leitet die Justiz ein Todesermittlungsverfahren ein - in dem Fall gegen den oder die beteiligten Beamten. Die Staatsanwaltschaft prüft dabei, ob die Handlung der Polizisten rechtswidrig war. Als Rechtfertigungsgrund für die Tötung des Straftäters kann dann der Passus zum "Finalen Rettungsschuss" herangezogen werden, der in den meisten deutschen Polizeigesetzen steht: "Ein Schuss, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tödlich wirken wird, ist nur zulässig, wenn er das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder der gegenwärtigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der körperlichen Unversehrtheit ist." Ansonsten dürfen Polizisten nur nach Vorwarnung abdrücken, um ihre Gegner kampf- oder fluchtunfähig zu machen.

Wer gibt "Finale Rettungsschüsse" ab?

Im Prinzip ist in den Bundesländern, die über entsprechende Regelungen verfügen (siehe oben), jeder Polizist dazu berechtigt. In der Praxis sind es jedoch oft Scharfschützen der Spezialeinsatzkommandos, denen entsprechende Weisungen erteilt werden. Anders als bei militärischen Einheiten nehmen hier zumeist mehrere Beamte das Ziel ins Visier und feuern zugleich. Der Grund: Der Täter muss unter Umständen derart getroffen werden, dass er nicht einmal mehr den Finger krümmen kann, den er womöglich am Abzug einer Waffe hält.

Gab es bereits Exzesse?

In Deutschland nicht. Jedoch erschossen Beamte der Londoner Polizei im Juli 2005 in einer U-Bahn-Station den Brasilianer Jean Charles de Menezes, weil sie ihn fälschlicherweise für einen mit Sprengstoff bewaffneten Selbstmordattentäter hielten. Trotz internationaler Verwicklungen und großer Empörung in Großbritannien hielt Scotland Yard an der umstrittenen "Shoot to kill"-Strategie gegen mutmaßliche Terroristen fest.

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