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Wirtschaft Leitzins erneut angehoben

Börsianer feiern harte Linie der Fed

Finanzredakteur
US-Notenbank Fed erhöht Leitzins erneut um 0,75 Prozentpunkte

Zur Bekämpfung der hohen Inflationsrate erhöht die US-Notenbank ihren Leitzins erneut stark um 0,75 Prozentpunkte. Damit liegt er nun in der Spanne von 2,25 bis 2,5 Prozent, wie die Federal Reserve mitteilte.

Quelle: WELT

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Die US-Notenbank hat den Leitzins ein weiteres Mal kräftig angehoben. Fed-Chef Powell nimmt sogar eine Rezession in Kauf, um die Inflation niederzuringen. Die Kurse an der Wall Street steigen trotzdem. Denn inzwischen gilt die Teuerung als größtes Risiko für die Wirtschaft überhaupt.

Normalerweise schätzen die Kapitalmärkte eine Politik des billigen Geldes. Doch setzt sich die Inflation auf hohem Niveau fest, droht sie die gesamte Wirtschaft zu destabilisieren. In einem solchen Umfeld setzen auch die Börsianer ihre Hoffnung auf eine Zentralbank, die entschieden gegen die Teuerung vorgeht und die Liquidität verknappt. So erklärt sich, dass die Märkte die ungewöhnliche große Leitzinserhöhung der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) am Mittwochabend positiv aufnahmen.

Die großen US-Indizes Dow Jones und S&P500 legten um 1,4 und 2,6 Prozent zu, der Wachstumswerteindex Nasdaq Composite Index ging sogar um mehr als vier Prozent nach oben.

Der Federal Reserve hat den Leitzins am Mittwoch um 0,75 Prozentpunkte auf 2,50 Prozent angehoben. Schon im Juni hatte es einen Zinsschritt um 0,75 Prozentpunkte gegeben. „Wir sind fest entschlossen, die Inflation herunterzubringen“, sagte Notenbank-Präsident Jerome Powell auf der Pressekonferenz am Mittwochabend. Der Preisauftrieb sei viel zu stark.

Powell erklärte darüber hinaus, die Fed werde ihre Bilanzsumme beträchtlich senken, eine weitere Maßnahme, um Liquidität aus dem System zu ziehen. Wie die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Fed ein Inflationsziel von zwei Prozent.

Für Juni hatten die amerikanischen Statistiker den Preisauftrieb in der weltgrößten Volkswirtschaft auf 9,1 Prozent zum Vorjahr beziffert. Sie liegt damit sogar höher als in der Euro-Zone, wo die Verbraucherpreise im gleichen Monat um 8,6 Prozent geklettert waren. Allerdings hat die Fed den Leitzins dieses Jahr den Schritt von Mittwoch eingerechnet bereits zum vierten Mal angehoben.

Die europäischen Währungshüter haben dagegen bis vor Kurzem gezögert, überhaupt an der Zinsschraube zu drehen. Am 21. Juli erhöhte die EZB den Schlüsselsatz für Refinanzierungsgeschäfte dann von null auf 0,5 Prozent. Für die Europäer war es die erste Verteuerung von Geld seit elf Jahren.

Mit dem jüngsten Fed-Zinsschritt ist die Zinsdifferenz zwischen den USA und Europa wieder auf zwei Prozentpunkte gestiegen. Höhere Kreditzinsen dämpfen normalerweise die wirtschaftliche Aktivität und können eine Schrumpfung der Wirtschaftsleistung nach sich ziehen.

Weitere Zinsanhebungen in den kommenden Monaten

Powell erklärte auf der Pressekonferenz, er sehe die US-Ökonomie aktuell nicht in einer Rezession, dafür sei unter anderem der Jobmarkt zu stark, mit einer Arbeitslosenquote in der Nähe eines 50-Jahres-Tiefs. Allerdings halte er eine Verlangsamung des wirtschaftlichen Wachstums für notwendig, um die Inflation unter Kontrolle zu bringen. „Preisstabilität ist das Fundament unserer Wirtschaft“, sagte der Notenbanker.

Bei den Zinsen zu wenig zu tun, berge größer Risiken als zu viel zu tun. In den kommenden Monaten sei mit weiteren Zinsanhebungen zu rechnen, sie müssten allerdings nicht alle 75 Basispunkte umfassen. Die nächste Sitzung der Fed steht im September an.

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„Die derzeitige, gut kommunizierte Haltung, sich nachdrücklich um die Inflation zu kümmern, scheint das richtige Mittel, um zu hohe Inflation und insbesondere Inflationserwartungen zu bekämpfen“, sagt Christian Scherrmann, US-Volkswirt bei der DWS. Damit bleibe die Tür auch für weitere Zinsschritte um 75 Basispunkte offen – falls die eingehenden Daten dies rechtfertigen.

„Fed-Chef Powell hat erneut klargemacht, dass die Inflationsbekämpfung Priorität hat, selbst um den Preis einer Rezession“, sagt Bernd Weidensteiner, Ökonom bei der Commerzbank.

Kräfteverhältnis zwischen Dollar und Euro verschiebt sich

Prognosen sehen den US-Leitzins zum Jahreswechsel bei 3,25 bis 3,5 Prozent. Bis Mitte 2023 könnte es auf vier Prozent nach oben gehen. Für die Euro-Zone gehen Beobachter 2023 von lediglich 1,5 Prozent Leitzins aus.

Vor dem Inflationsschock von 2022, der durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelöst wurde, befand sich Amerikas Wirtschaft in einer besseren Verfassung als die Euroland-Ökonomie. Die Währungshüter nehmen daher an, dass Amerika höhere Zinsen besser wegstecken kann als die alte Welt.

Das verschiebt auch das Kräfteverhältnis zwischen dem Dollar und dem Euro. Dieses Jahr hat die US-Währung zu ihrem europäischen Pendant bereits elf Prozent aufgewertet. Für einen kurzen Zeitpunkt war der Wechselkurs sogar unter die Parität gefallen, für einen Euro musste weniger als ein Dollar gezahlt werden. So billig war der Euro seit 2002 nicht mehr. Nach dem Fed-Entscheid vom Mittwoch notierte die europäische Währung etwas höher als bei 1,02 Dollar.

Den etwas stärkeren Euro und die steigenden Börsenkurse erklären manche Experten damit, dass die Fed darauf verzichtet habe, eine noch größere Keule rauszuholen. Nach der Bekanntgabe der unerwartet hohen Inflationszahlen von 9,1 Prozent hatten sogar Gerüchte die Runde gemacht, dass 100 Basispunkte auf dem Tisch seien.

„Mit der Erhöhung der Leitzinsen um 75 Basispunkte hat die Fed einen marktkonformen Schritt gemacht“, sagt Michael Heise, Chefökonom von HQ Trust. Er selbst hält die Chance einer sanften Landung der US-Wirtschaft, wie sie auch Fed-Chef Powell anvisiert, jetzt zwar für geringer.

Eine scharfe Rezession allerdings sei nicht sehr wahrscheinlich. Auch nach seiner Einschätzung ist die Zinserhöhung notwendig, um die Inflation, die in den USA an Breite gewonnen hat und weit mehr als Energie und Lebensmittel umfasst, nicht zu einem noch größeren Problem werden zu lassen.

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