Seit Wochen bestimmt das neue Coronavirus unseren Alltag und konfrontiert uns mit Fragen, die wir uns vorher nie gestellt hatten. Wie nah ist zu nah? Welcher Schutz ist angemessen? Wer oder was könnte mich infizieren? ZEIT ONLINE beantwortet die wichtigsten Fragen rund um den neuen Alltag in Zeiten der Corona-Pandemie.

Kann man im Vorbei-Joggen infiziert werden?

Ja, aber es bleibt sehr unwahrscheinlich. Nach neuesten Erkenntnissen kann das Virus Sars-CoV-2 zwar in Aerosolen, also auf schwebenden Minipartikeln, bis zu drei Stunden überleben (NEJM: van Doremalen et al., 2020). Theoretisch wäre also denkbar, dass jemand den Erreger ausatmet und jemand anderes ein. Auch auf der Kleidung könnte der Virenschauer eines Ausatmers niedergehen. Aber: Erforscht, ob das wirklich passiert, hat es niemand. In Laboren, wo Forschende schauen, wie weit Viren reisen, wie lange sie auf etwas haften und ob sie dann noch ansteckend sind, herrschen ganz andere Bedingungen als draußen. Im Freien senken diverse Einflüsse das Ansteckungsrisiko: Erstens sterben Viren nach und nach ab. Sprich: Der Faktor Zeit ist entscheidend. Zweitens fallen kontaminierte Partikel schnell zu Boden. Der Chefvirologe der Berliner Charité, Christian Drosten, weist im Podcast Coronavirus-Update des NDR außerdem darauf hin, dass sich die Virusmenge, die jemand mit Corona ausatmet, an der frischen Luft schnell verdünnt, etwa durch den Wind. Ob sich Viren auch über Partikel in der Luft verbreiten, sei also eher eine Frage in Innenräumen. Ein Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen ist immer angesagt – egal, ob draußen im Park oder in einem Supermarkt.

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Sind Pakete, Lichtschalter und Geländer voller Viren?

Theoretisch können Coronaviren eine ganze Zeit lang auf Kunststoff, Edelstahl und Karton überleben – einer Studie zufolge wohl bis zu 72* Stunden (NEJM: van Doremalen et al., 2020). Aber damit sich jemand wirklich ansteckt, müsste das Paket, der Tisch oder was auch immer schon sehr frisch kontaminiert, die Tröpfchen müssten recht groß und die Virenzahl sehr hoch sein. Eine Ansteckung auf diesem Weg sei "nur in einem kurzen Zeitraum nach der Kontamination möglich", heißt es auf der Website des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Und jemand müsste sich dann postwendend nach dem Berühren so einer Fläche ins Gesicht, an die Nase, den Mund oder die Augen fassen, um wirklich krank zu werden. Außerdem sagen Fachleute: Die Studie aus den USA simuliere die realen Alltagsbedingungen nicht richtig. Allein wenn ein Tropfen austrockne, sterbe der Großteil der Viren. Und auf kaum einer Fläche bleiben Tröpfchen stundenlang feucht.

Auch die Menge ist entscheidend: Hat jemand direkt aufs Paket gehustet? Oder sich in die Hand geniest und dann was angefasst? Schmierinfektionen wie diese spielen aus Sicht der Forscher weiterhin eine kleinere Rolle. Das Entscheidende bei Corona ist die Tröpfcheninfektion: Es reicht für eine Ansteckung, dass Leute in einem Raum sitzen und reden oder sich draußen im Gespräch direkt gegenüberstehen. Und das, ohne dass einer von beiden überhaupt Symptome hätte. Berichte über Infektionen durch Kontakt mit trockenen Oberflächen oder Gegenständen gibt es bisher nicht. Die allermeisten Infektionsketten gehen auf Mensch-zu-Mensch-Kontakte zurück. Wegen des Restrisikos raten Gesundheitsexpertinnen und Virologen, sich dennoch wenig ins Gesicht zu fassen und sich gründlich die Hände zu waschen, wann immer möglich.

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Wie lange ist jemand mit Coronavirus infektiös?

Es ist möglich, dass jemand infektiös ist, ohne Symptome zu verspüren. Diese Vermutung legt etwa eine Studie an Infizierten in China nahe: Einige der Untersuchten hatten jeweils eine weitere Person infiziert, die dann aber früher Symptome entwickelte als die Untersuchten selbst (Emerging Infectious Diseases: Du et al., 2020). Die Behörden einiger Länder versuchen deshalb, Kontaktpersonen von Covid-19-Erkrankten bis zu zwei Tage vor dem ersten Halskratzen, Fieber, Schüttelfrost oder Husten zu identifizieren, um wirklich alle potenziell Infizierten zu erwischen (The Lancet: Bedford et al., 2020). Wie lange Menschen ansteckend sind, nachdem die Symptome einsetzen, ist noch nicht ganz klar. Bei den ersten neun infizierten Personen in Deutschland wurden infektiöse Viren noch in der ersten Woche nach Symptombeginn nachweisen (medRxiv: Woelfel et al., 2020). Das bedeutet: Sie waren da noch ansteckend. Danach wahrscheinlich nicht mehr. 

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Welche Masken schützen vor Corona?

Jede Maske schützt zu einem gewissen Grad vor einer Infektion, sonst würden sie nicht in Krankenhäusern und Praxen eingesetzt. Wie effektiv die Masken sind und in welchem Kontext ihr Einsatz sinnvoll ist, hängt aber von der Art der Maske ab. Um sich vor kleinen Aerosolen zu schützen, also vor kleinsten Partikeln in der Luft, die das Virus theoretisch auch übertragen können, muss man eine sogenannte FFP-Maske tragen, und zwar mindestens der Schutzstufe zwei, am besten aber drei (Journal of Health Care Engineering: Lee et al., 2020). Ein chirurgischer Mund-Nasen-Schutz schirmt eigentlich nur vor größeren Tröpfchen ab und wird dort eingesetzt, wo der Träger direkt mit Körperflüssigkeiten einer Person in Kontakt kommen könnte, also etwa in Krankenhäusern. Ärztinnen und Pfleger tragen den Mund-Nasen-Schutz im Krankenhaus auch deswegen, weil sie ihre Patienten vor ihren eigenen Körperflüssigkeiten schützen wollen, also etwa davor, dass der Speichel eines Arztes auf den Patienten gelangt. Es handelt sich bei den chirurgischen Schutzmasken also oftmals um eine Maßnahme zum Fremdschutz und weniger für den Eigenschutz.

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Was bringen selbst gemachte Masken?

Wie auch ein chirurgischer Mund-Nasen-Schutz schützt ein Schal oder eine selbst gebastelte Maske nicht ausreichend vor dem neuen Coronavirus. Viele Bürgerinnen und Bürger greifen darauf zurück, weil es für sie keine Masken mehr zu kaufen gibt, damit diese für das Gesundheitspersonal so lange wie möglich verfügbar bleiben. Sich ein Stück Stoff über Mund und Nase zu ziehen, kann aber dennoch sinnvoll sein, denn es reduziert immerhin die Partikel, die der Träger selbst in seine Umwelt ausstößt. Die Überlegung hinter den DIY-Masken ist also eher solidarischer Natur: Da man schon Tage vor den ersten Symptomen infektiös sein kann, könne man schlicht nicht wissen, ob man krank ist oder nicht, so Drosten im NDR-Corona-Update. Es sei also mehr eine Geste der Höflichkeit und des Engagements, seinen Mund und seine Nase in der Öffentlichkeit zu bedecken, um zu zeigen, dass man an das Infektionsrisiko denkt. Der Träger sollte allerdings darauf achten, den Mundschutz nur mit gewaschenen Händen auf- und abzusetzen, weil auf den Händen das Virus kleben und so in Mund, Nase oder Augen gelangen könnte.

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Ist Schnupfen jetzt ein Krankheitszeichen oder nicht?

Ja, aber nicht so häufig wie andere. "Die Krankheitsverläufe sind unspezifisch, vielfältig und variieren stark", heißt es beim Robert Koch-Institut (RKI). Gleiches gilt für die Symptome. Dennoch lassen sich aus verschiedenen Studien inzwischen fundierte Aussagen über Anzeichen einer Covid-19-Erkrankung treffen: Von den 19.285 bestätigten Fällen, die dem RKI bis zum 24. März übermittelt wurden, hatte immerhin 24 Prozent Schnupfen, also knapp ein Viertel aller Betroffenen (Husten 54 Prozent, Fieber 40 Prozent). Schon Clemens Wendtner, dem Chefarzt der München Klinik Schwabing, der die ersten deutschen Infizierten behandelte, fiel auf, dass sechs seiner neun Patienten Schnupfen und Nasennebenhöhlenentzündungen hatten. Die Weltgesundheitsorganisation WHO zählt neben Fieber und trockenem Husten hingegen Müdigkeit zu den häufigsten Symptomen. Schnupfen könne zusätzlich zu weiteren Symptomen bei manchen Patienten auftreten.

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Warum erkranken auch junge Leute schwer?

Dazu gibt es nur Spekulationen. Weshalb immer wieder auch jüngere, nicht vorbelastete Patientinnen – darunter offenbar sogar Leistungssportler – stationär behandelt werden müssen, gehört zu den noch offenen Fragen in der Erforschung zu Sars-CoV-2. Das Coronavirus befällt prinzipiell unabhängig von Alter, Gesundheit und Fitness die Zellen der Lunge. Ob und wie schwer eine infizierte Person erkrankt, hängt jedoch von einigen Faktoren ab, etwa ob es das Immunsystem schafft, einen großflächigen Befall der Lungenzellen, der die Covid-19-Lungenentzündung auslöst, zu verhindern. Gerade im Alter nimmt die Leistungsfähigkeit des Immunsystems deutlich ab, was erklären könnte, dass die Gefahr eines schweren bis tödlichen Verlaufs für ältere Menschen besonders hoch ist. Vorerkrankungen beeinflussen die Fähigkeit der Lunge, Luft aufzunehmen. Bluthochdruck, Herz- und Lungenprobleme oder Diabetes erhöhen das Risiko, schwer zu erkranken. Doch auch bei gesunden, jungen Menschen könnten verschiedene Umstände zu schweren Verläufen führen. Etwa, wenn das Immunsystem überreagiert und eigene, gesunde Zellen schädigt, sodass viel Lungengewebe zerstört wird. "Wir kennen auch von anderen Atemwegserkrankungen, dass immer wieder auch Jüngere schwer erkranken", sagte der Charité-Virologe Christian Drosten im Interview mit ZEIT ONLINE. Evidenzbasierte Studien zu der Frage, warum Covid-19 auch bei jungen und fitten Menschen so schwer verlaufen kann, gibt es bislang aber nicht.


*Anmerkung der Redaktion: Diese Zahl wurde nachträglich korrigiert. 

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