Linkspolitiker Gustavo Petro als kolumbianischer Präsident vereidigt

Berlin/Bogotá - Der Ex-Guerillero Gustavo Petro hat sein Amt als kolumbianischer Präsident angetreten. „Dies ist eine Regierung des Lebens, des Friedens, und als solche wird sie in Erinnerung bleiben“, sagte der 62-jährige Petro bei seiner Vereidigung. Die Zeremonie zum Amtsantritt des ersten linksgerichteten Politikers an der Spitze des südamerikanischen Landes verfolgten am Sonntag (Ortszeit) Tausende Menschen, darunter acht Staatschefs aus Lateinamerika. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schickte eine Gratulation.

In seiner ersten Ansprache als Staatsoberhaupt versprach Petro, den Friedensprozess wiederzubeleben und das Land zu einen. „Ich will keine zwei Länder, genauso wenig wie ich zwei Gesellschaften will. Ich will ein starkes, gerechtes und geeintes Kolumbien“, sagte er. Petro stellte seine Regierungspläne vor, die eine Landreform, Armutsbekämpfung und einen Kurs weg vom extensiven Abbau von Bodenschätzen hin zum Ausbau von erneuerbaren Energien umfassen. Zum Schutz des Amazonas-Regenwaldes schlug er einen internationalen Fonds vor.

Im Juni hatte Petro die Präsidentschaftswahl gewonnen. Zuvor hatte er bereits zweimal um die Präsidentschaft gekämpft. 2018 verlor er gegen den konservativen Amtsinhaber Iván Duque, der laut Verfassung nicht noch einmal antreten durfte.

Einfluss des Staates stärken und Ausgaben für Bildung erhöhen

Der studierte Volkswirt Petro möchte höhere Unternehmenssteuern durchsetzen und den Einfluss des Staates in der Wirtschaft stärken. Außerdem verspricht er, dass keine neuen Erdölvorkommen erschlossen werden und der umweltzerstörende Abbau von Bodenschätzen beendet wird. Zudem will er die Ausgaben für Bildung und Gesundheit erhöhen.

Der deutsche Bundespräsident Steinmeier schrieb dem neuen kolumbianischen Staatsoberhaupt: „Auf Ihrer Präsidentschaft ruhen große Hoffnungen und Erwartungen, dass mit diesem Frieden eine inklusivere und gerechtere Gesellschaft verbunden ist.“ Der mühevolle Weg zum Frieden, den Kolumbien eingeschlagen hat, weise in die richtige Richtung.

Petro war in den 70er Jahren aktiv in der inzwischen aufgelösten Guerilla M-19. Er war anderthalb Jahre in Haft. Petro selbst sagt, dass es nie einen Prozess gegen ihn gegeben habe. Seine politischen Gegner halten ihm seine Vergangenheit heute noch vor.

Aufarbeitung des bewaffneten Konfliktes als Hauptaufgabe

Petros Vizepräsidentin ist die afrokolumbianische Umweltaktivistin Francia Márquez, die vor allem junge und marginalisierte Wähler angezogen hat. Sie kämpfte in der von der Gewalt besonders betroffenen Region Cauca gegen illegale Goldsuche. Mehrfach wurde sie mit dem Tod bedroht.

Eine der wichtigsten Aufgaben der neuen Regierung wird die Aufarbeitung des bewaffneten Konflikts sein und die Umsetzung des Friedensabkommens mit der ehemaligen Farc-Guerrilla. Petro will mit allen bewaffneten Gruppen Friedensgespräche führen. In dem seit den 1960er Jahren andauernden Bürgerkrieg wurden mehr als 300.000 Menschen getötet und sieben Millionen vertrieben.

Die im Friedensvertrag vereinbarte Aufarbeitung der Gräuel verläuft schleppend. Kriminelle Banden, paramilitärische Gruppierungen und Rebellen kämpfen in vielen Gebieten um die Vorherrschaft im Drogenhandel.

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