Gastbeitrag

Michael Toedt: "Mit Strategie gegensteuern"

Unternehmen
Michael Toedt: Jeder ist gut beraten, jetzt zu handeln
Michael Toedt: Jeder ist gut beraten, jetzt zu handeln

Die Coronakrise ist eine gewaltige Herausforderung für das Gastgewerbe. Der Experte kennt Wege aus der verzweifelten Lage.

Corona hat die Welt fest im Griff, und die Hotellerie und Gastronomie ist von der Krise besonders hart betroffen. Die zuletzt erreichten Höchststände im RevPar rücken in weite Ferne und die übertriebenen Pachtabschlüsse der letzten Jahre werden nun wie ein Bumerang auf die betreffenden Betriebe zurückprallen. Eine besondere Bedeutung hat dies, weil viele Experten einig sind, dass es eine schnelle Erholung nicht geben wird. Im Gegenteil der nachfolgende Wettbewerbsdruck wird weitere Opfer kosten! Deshalb ist jeder gut beraten, jetzt zu handeln.

Die angeordnete Kurzarbeit ist notwendig und sinnvoll, doch auf gar keinen Fall für alle Abteilungen. Gerade das Marketing ist in Krisenzeiten besonders gefordert. Hier heißt es nun besonders aktiv zu sein, denn der kommende Kampf um die Kunden wird härter werden als je zuvor. Die Finanzkrise war ein Schock, aber das jetzige Geschehen ist noch um ein Vielfaches dramatischer. Doch wie bei jeder Krise: Es wird auch diesmal nicht nur Verlierer geben, sondern auch Gewinner.

Die Politik ist gefordert. Doch sich darauf zu verlassen, dass der eigene Betrieb durch staatliche Maßnahmen allein am Leben gehalten werden kann, ist äußerst gefährlich. Das Management ist gefordert und hier wird sich die Spreu vom Weizen trennen.

Die Bedürfnisse des Kunden kennen

Viele Hotels werden im Kampf um die Kunden die Preise stark reduzieren. Die Unsicherheit, ob die Pandemie zurückkehrt, wird Unternehmen wie Gäste allerdings vorsichtig agieren lassen. Was also tun? Beseitigen Sie Buchungshemmnisse! Machen Sie es dem Kunden leicht! Während der bereits erwähnten Finanzkrise brachen die Autoverkäufe dramatisch ein. In den USA verbuchte Chrysler damals ein Minus von 55 Prozent, Mercedes machte ein Minus von 36 Prozent, BMW ging um 16 Prozent zurück. Dies obwohl massive Preisreduzierungen und Sonderaktionen den Konsumenten zum Kauf bewegen sollten. Doch die Käufer hatten schlichtweg Angst, ihren Job zu verlieren – und da helfen auch keine horrenden Rabatte.

Der koreanische Anbieter Hyundai allerdings wuchs um 9 Prozent! Dort wurden keine Nachlässe gewährt, sondern man warb damit, die Ratenzahlungen zu übernehmen, wenn ein Käufer seinen Job verlieren würde. Hyundai hatte verstanden, was der Kunde wollte – nämlich Sicherheit. Revenue-Manager sollten dieses Beispiel beherzigen und die Stornierungsbedingungen anpassen. Man kann einiges von den asiatischen Märkten lernen, schließlich ist man dort anders als bei uns pandemie-erprobt. Im Folge der Sars-Epidemie reagierten die Hotels nicht mit Sonderpreisen, sondern setzten unter anderem auf Packages – und das mit Erfolg.

Sehr viele Hotelbetreiber haben fast alle Mitarbeiter nach Hause geschickt, so auch das Marketing. Doch gerade in einer Krise ist die Kommunikation besonders wichtig. Gerade in Krisenzeit spielt das Bestandskunden-Management (CRM) eine besondere Rolle. Krisen bieten die Chance näher zusammenzurücken, emotionale Bande zu knüpfen. Die digitalen Medien erlauben es heute mit jedem, weltweit in Kontakt zu bleiben. Teilen Sie Ihre Emotionen über Social Media und senden Sie regelmäßig Updates per Newsletter. Jetzt kommunikativ abzutauchen ist fatal!

Der Erfolg hängt aber von der Reichweite ab. Je mehr Personen angeschrieben werden, desto größer sind die Erfolgsaussichten. Doch vielerorts sind die Marketingverteiler seit der Einführung der DSGVO massiv eingebrochen. Aber: Das muss nicht sein. Gerade E-Mail-Marketing kann auch ohne Einwilligung betrieben werden. Hier haben Hotels gegenüber Online-Shops gravierende Vorteile. Nie war es günstiger und einfacher, mit seinen Gästen in Kontakt zu bleiben als heute. In Krisenzeiten heißt es, aktiv und mit hoher Frequenz zu kommunizieren. Informieren Sie darüber, was bei Ihnen passiert, bieten Sie Gutscheine an, informieren Sie über geänderte Buchungsbedingungen, besondere Hygienemaßnahmen oder fokussieren sie speziell die regionalen Märkte. Die Suchanfragen im Web nach Inlandsangeboten haben sich in den letzten Wochen verdoppelt! Seien Sie also aktiv.

Um die Reichweite zukünftig zu erhöhen, kann die Zeit nun auch genutzt werden, um das W-Lan umzustellen. Statt den Zugang anonym zu ermöglichen, sollte dort eine Registrierung Pflicht sein. Neben den Gastprofilen im PMS erhalten Sie hierdurch auch Marketingprofile von Begleitpersonen und Tagesgästen. Dies ist unter anderem auch eine gute Strategie, um Buchungsprofile von OTA-Kunden zu komplettieren. Hotels sollten heute von mindestens 85 Prozent ihrer Gäste gültige E-Mail-Adressen besitzen. Wenn dem nicht so ist, besteht akuter Handlungsbedarf.

Den Stellenwert im Internet steigern

Für die Neukundengewinnung spielen die Bewertungsportale eine zentrale Rolle. Die Position eines Hotels dort ist ein zentraler Bestandteil bei der Kaufentscheidung. Für die Position ist maßgeblich die Anzahl der aktuellen Bewertungen ausschlaggebend. Warum also nicht die Zeit nutzen und die eigene Position dort verbessern? Fragen Sie alle Ihre Gäste des letzten Jahres nach einer Bewertung, für deutschsprachige bietet sich Holidaycheck an, international Tripadvisor und für gmail-Nutzer Google. Glücklich ist natürlich derjenige, der ein professionelles Fragebogensystem im Einsatz hat.

Die jetzige Stille sollte das Management nutzen, um in die eigene Strategie zu investieren. Etwas was in der Hektik des Tagesgeschäfts häufig nach hinten geschoben wird. Gerade die IT-Landschaft muss vielerorts überdacht werden. Im Schnitt hat ein Konsument knapp 30 verschiedene Profile während der Customer Journey. Dieser Systemwucher muss einer Strategie weichen, bei der der Gast mit seinem zentralen Profil wieder im Mittelpunkt steht. Auch für den Start eines Loyalty Programms oder die Integration eines Direktbucherclubs in die eigene Webseite wäre nun der passende Zeitpunkt.

Meine Empfehlung: Corona ist gerade für unsere Branche eine extreme Herausforderung. Seien Sie aktiv und steuern Sie voll dagegen. Auch wenn derzeit die Nachfrage gegen Null tendiert: Jetzt ist die Zeit, sich entsprechend aufzustellen. Denn auch die schlimmste Krise geht irgendwann vorüber!

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